2024-04-25T14:35:39.956Z

Querpass
Anleitung: TSV-Trainer Ali Cakici (Mitte) kommt ohne Flipcharts und Taktiktafel aus. Archivfoto: Sascha Kopp
Anleitung: TSV-Trainer Ali Cakici (Mitte) kommt ohne Flipcharts und Taktiktafel aus. Archivfoto: Sascha Kopp

Ribeiro sorgt bei Schott für den Sound

Fußball-Verbandsligist gewährt beim Derby einen Kabinenbesuch

MAINZ. „Das wird Spaßfaktor hoch drei. Hier nimmt uns keiner was weg.“ Ali Cakici verbreitet demonstrativ Zuversicht in der Trainer-Kabine bei Fußball-Verbandsligist TSV Schott Mainz. Es sind noch 90 Minuten bis zum Spielbeginn im Derby gegen die Spvgg. Ingelheim, und wie es Ritual beim Spitzenreiter ist, sitzt das Trainerteam beim Kaffee zusammen. Co-Trainer Benno Graci und Scout Bernd Bangel werfen einen Blick auf die gegnerische Aufstellung und beraten sich, während Betreuer Klaus Bauer die Kaffeebecher füllt.

Cakici stimmt eine kleine Motivationsrede an, gibt gezielte Hinweise, worauf zu achten ist. Lauf- und Passwege, die zuletzt beim 2:1-Sieg in Morlautern nicht gepasst haben, werden angesprochen. Dann ein kurzes Klopfen, die Tür geht auf. „Ich brauche eine weiße Hose“, sagt Patrick Huth, A-Junior, der zur neuen Saison hochrücken soll und erstmals im Kader steht.

Aus der Nachbarkabine dröhnt inzwischen Hip-Hop-Musik. Zu Weihnachten legte das Trainerteam zusammen, um ihren Kickern eine Soundanlage zu schenken. Kapitän Thorsten Kleber bekam das Präsent überreicht, Andrey Ribeiro durfte es auspacken. „Seitdem lässt er die Anlage nicht mehr aus den Augen, packt sie immer sorgsam ein und nimmt sie mit nach Hause“, freut sich Cakici, „das ist sein Baby.“

Die Stimmung im Team ist gelöst, von Anspannung keine Spur. Seit Rückrundenbeginn gibt der Trainer die Aufstellung immer nach dem Abschlusstraining am Freitag bekannt. Nur der Einsatz von Linksverteidiger Nicklas Schlosser steht auf der Kippe, das Knie schmerzt.

Rund eine Stunde vor Spielbeginn geht das Trainerteam in die Spielerkabine. Cakici überreicht Markus Kreuz ein TSV-Trikot in Kindergröße für dessen Stiefsohn, „Schotti“ steht drauf. Dann gibt es ein Geburtstagsständchen für Marco Senftleben. Cakici drückt auf die Stoppuhr. Kurze Ansage („Wir wollen Fußball spielen“), ein kleiner alltagsphilosophischer Abriss, sinngemäßes Fazit: Wenn wir unser Ding durchziehen, kommt uns niemand in die Quere. Cakici drückt erneut die Stoppuhr. „Drei Minuten, ein bisschen überzogen.“

Knackige Botschaft

Die Spieler gehen raus, laufen sich unter Gracis und Bangels Anleitung warm. Cakici bleibt mit Bauer in der Kabine. Schlossers Knieprobleme machen Sorgen. „Jens entscheidet“, sagt der Trainer mit Blick auf Jens Strußenberg (Cakici: „Mein Schweizer Taschenmesser“). Der Physio kommt rein. „Geht.“ Schlosser spielt. Die Spieler kommen zurück, Passkontrolle, wieder laute Musik.

Auch bei der Ansprache kurz vor Spielbeginn kommt Cakici ohne Flipchart und Taktiktafel aus. „Wir gewinnen, wenn ihr das wollt“, lautet die knackige, in kaum einer Minute formulierte Botschaft. Als es aus der Kabine rausgeht, klatscht jeder Spieler mit dem Trainer-Team ab, von Cakici gibt es einen kräftigen Hieb mit der flachen Hand auf die Brust. Vier Minuten Ansprache und ein Brustklopfer, mehr braucht es nicht.

Oder doch? Halbzeit. Der TSV spielt schlecht, führt aber 1:0. Cakici eilt zum Auto, holt einen großen Papierbogen. Es gibt Redebedarf. Kreuz sucht das Gespräch mit dem Trainer. Der gibt den Spielern taktische Hinweise, die Stimme wird immer lauter. Laufbereitschaft im Gegenpressing, Passspiel, Attackieren. „Wir spielen keinen Fußball“, kritisiert der Trainer. Mit guter Laune und Spaß haben ist es nichts mehr. Gegen den Angstgegner sind andere Disziplinen gefragt. Wieder Abklatschen, wieder die flache Hand auf die Brust der Spieler.

Nach dem Spiel schnauft Cakici durch. 2:1 gewonnen, glücklich, durch einen Elfmeter in der 89. Minute. „Ich habe es schon geahnt“, sagt der Trainer, „die liegen uns nicht.“ Anmerken lassen wollte er sich dies vor der Partie aber nicht. In der Kabine wummern wieder die Bässe. Spaßfaktor hoch drei war es nicht, aber die Spieler lassen sich die gute Laune nicht nehmen. Mit zwölf Punkten Vorsprung an der Spitze dürfte der Oberliga-Aufstieg nur noch Formsache sein. Um Ingelheim kommt man nächste Saison also herum.

Aufrufe: 018.4.2014, 14:31 Uhr
Torben SchröderAutor