2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligabericht
Viktoria-Coach Claus-Dieter Wollitz., Foto: Rainer Dahmen
Viktoria-Coach Claus-Dieter Wollitz., Foto: Rainer Dahmen

Probleme eines Perfektionisten

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Wer beim Aufstiegskandidaten Viktoria Köln bislang glaubte, seinen Coach Claus-Dieter Wollitz mit guten Ergebnissen allein zufriedenstellen zu können, lag falsch. Der 48-Jährige hat hohe Ambitionen mit den Höhenbergern.

Köln. Wenn ein Gewinner so spricht wie Claus-Dieter Wollitz nach dem 2:1 (0:0) am Freitagabend gegen den VfL Bochum II, möchte man nicht wissen, wie ein Verlierer klingt. „Einigen ist es offenbar zu gut gegangen”, meinte der Trainer des FC Viktoria, „wir haben viel zu langsam, vielleicht sogar gefällig agiert. Wir hatten überhaupt kein Tempo im Spiel, keine Ruhe, keine Organisation.”

Wer beim Aufstiegskandidaten aus Höhenberg bislang geglaubt hatte, seinen Coach mit guten Ergebnissen allein zufriedenstellen zu können, sah diese Einschätzung schonungslos als naive Illusion entlarvt. Wollitz (48) hat nach der Partie einen recht detaillierten Einblick in seine Anforderungen gewährt, es waren die Ansichten eines Hochambitionierten zu hören, der auch auf dem Viertliga-Niveau der Regionalliga West die Maßstäbe des Profifußballs zugrunde legt. Und das, was er gegen den Tabellenletzten aus dem Ruhrgebiet gesehen hatte, gefiel ihm gar nicht. „Unser Anspruch muss ein anderer sein”, betonte Wollitz, „wenn wir der große Favorit sein wollen, für den uns alle halten, müssen wir viel besser spielen.”

Angesichts des mit zehn Punkten aus vier Partien durchaus geglückten Saisonstarts werden manche die harten Kritiken des Trainers als kleinliche Probleme eines Perfektionisten erachten, zumal die Rechtsrheinischen für ihren diesmal uninspirierten Auftritt durchaus mildernde Umstände geltend machen durften. „Man hat doch gemerkt, dass es das dritte Spiel innerhalb einer Woche war”, meinte Mittelfeldspieler Silvio Pagano. „Am Ende kräht kein Hahn mehr danach, wie wir gewonnen haben. Wichtig ist nur, dass wir uns die Punkte gesichert haben.”

Doch mit dieser Einschätzung ist er bei seinem Chef auf massiven Widerstand gestoßen, denn trotz der makellosen Bilanz von drei Siegen aus den Begegnungen mit Borussia Mönchengladbach II, Rot-Weiß Essen und Bochum II blieb Wollitz in seinem Resümee unnachgiebig: „Wenn es eine perfekte Woche sein soll, muss auch jeder Einzelne den Ehrgeiz haben, noch dominanter aufzutreten.”

Der hohen physischen Belastung des dichten Terminkalenders hatte Wollitz in der Hoffnung auf frische Impulse von der Bank mit einigen Veränderungen in der Startelf Rechnung getragen: Statt Albert Streit und Claus Costa standen Marcus Steegmann und David Müller in der Anfangsformation, doch erst eine weitere personelle Veränderung zur Pause erzielte die erwünschte Wirkung: Der für Müller eingewechselte Fatih Candan bereitete den Führungstreffer von Steegmann vor (48.), holte einen Elfmeter heraus, den Kapitän Mike Wunderlich allerdings vergab (72.) , und erzielte das vorentscheidende 2:0 selbst (78.). Candan wird der Abend zwar als „schönes Erlebnis” in Erinnerung bleiben, auf ein öffentliches Sonderlob seines Trainers aber hoffte er vergeblich. „Bei mir gewinnt oder verliert immer die ganze Mannschaft und nie ein Einzelner”, befand Wollitz streng.

Gemeinsam werden sich die Höhenberger also in den nächsten Tagen Gedanken darüber machen, wie sie dem taktisch wiederkehrenden Muster ihrer stets defensiv orientierten Gegner effektiver begegnen. „Die Mannschaften stehen gegen uns immer mit elf Leuten drin, da haben wir kaum Platz zum Kombinieren”, klagte Candan. „Das ist nicht unbedingt von Nachteil, weil wir dann viel Ballbesitz haben”, erläuterte Wollitz. „Wir müssen schneller spielen und Gegenspieler binden. Wir haben genug gestandene Leute im Team, die das organisieren können.”

Noch befinden sich die Kölner in einer Phase, in der sie nach ihrer idealen Formation suchen, eine grundsätzliche Überlegung hat Wollitz inzwischen revidiert. „Eigentlich wollte ich über einen längeren Zeitraum mit der gleichen Elf spielen”, sagte er, „aber wir sind doch dazu übergegangen, mehr zu probieren. Wer reinkommt, muss direkt Vollgas geben. Und wenn er das nicht tut, mache ich auch keinen Halt vor Namen.” Einem Sieger, der so gnadenlos analysiert wie Wollitz, sollte man das ohne Vorbehalte glauben.

Aufrufe: 018.8.2013, 20:45 Uhr
Kölner Stadt-Anzeiger / Lars RichterAutor