2024-04-25T14:35:39.956Z

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Philip Poser spielt  aktuell in der zweiten slowakischen Liga.  | Foto: Privat
Philip Poser spielt aktuell in der zweiten slowakischen Liga. | Foto: Privat

Philip Poser: Von Staufen in die zweite slowakische Liga

BZ-Interview mit Torhüter Philip Poser, den es von Staufen über die USA in die Slowakei verschlug

Der Fußball schreibt zuweilen verrückte Geschichten. Eine davon beginnt in Staufen, führt über Freiburg, Kalifornien und Texas in die slowakische Provinz. Ihr Protagonist: Philip Poser, ein Torhüter aus dem Breisgau, der derzeit beim slowakischen Zweitligisten FC STK 1914 Samorin beschäftigt ist. Ilja Behnisch vom Magazin 11Freunde befragte den Globetrotter zu seinem ungewöhnlichen Karriereweg – und was der brasilianische Erstligist Fluminense damit zu tun hat.
BZ: Wie landet man in Samorin?
Poser: Ich habe in den USA studiert und College-Fußball gespielt. Die Trainer dort haben mir nach meinem Abschluss den Kontakt in die Slowakei vermittelt, wo ein amerikanischer Trainer tätig war.

BZ:
Und wie landet man in den USA?
Poser: Ich habe mit acht Jahren ganz normal mit dem Fußball angefangen, in Staufen im Breisgau. Irgendwann kam der SC Freiburg auf mich zu, also habe ich dort in der U14 gespielt, später dann für den Freiburger FC und die SF Eintracht Freiburg. Nebenher habe ich mein Abitur gebaut.

BZ:
Also wollten Sie einfach nur zum Studium in die USA?
Poser: Nein, ich habe das schon aus sportlichen Gründen gemacht.

BZ:
Haben Sie sich einfach so bei den Colleges beworben oder wie läuft das ab?
Poser: In der A-Jugend bei Eintracht Freiburg schaute mal die Agentur Monaco Sports vorbei. Sie vermittelt Sport-Stipendien in den USA. Als ich während des Abiturs vor der Frage stand, was danach kommt, habe ich mich an sie erinnert.

BZ:
Wie sah das Auswahlverfahren aus?
Poser: Ich hatte mehrere Angebote, mich dann aber für Oakland entschieden. Kalifornien, die Nähe zu San Francisco, das schien mir perfekt. Finanziell gab es bessere Angebote, doch das Gesamtpaket war entscheidend.

BZ:
Lassen sich Studium und Fußball leicht unter einen Hut bringen?
Poser: Während der Saison, dem Herbstsemester, lag der Fokus auf dem Fußball. Da haben wir auch fast täglich trainiert. Im Frühlingssemester stand eher mein Management-Studium im Mittelpunkt.

BZ:
Kalifornien bedeutet Sonne, Strand und hübsche Mädchen...
Poser: Um ehrlich zu sein, habe ich zwischendurch schon ein wenig den Fokus auf den Fußball verloren. Das war auch ein Grund, weshalb ich nach zwei Jahren nach Houston gegangen bin. Zudem war das sportliche Niveau dort etwas höher.

BZ:
Wie würden Sie den amerikanischen College-Fußball einschätzen?
Poser: Die Spielweise ist eher körperbetont. Das schöne Spiel ist nicht unbedingt an der Tagesordnung, vieles wird über die Athletik geregelt.

BZ:
Und wie kamen Sie in die Slowakei?
Poser: Nach dem Studium wollte ich eigentlich zurück nach Deutschland, schauen, ob ich fußballerisch hier unterkomme. In der letzten Woche vor dem Rückflug ergab sich die Chance zum Probetraining in der Slowakei. Ich flog nach Hause und stieg sofort in den nächsten Zug.

BZ:
Wie waren Ihre ersten Eindrücke?
Poser: Anfangs habe ich mich schon gefragt, ob die zweite slowakische Liga der richtige Schritt ist. Aber vor Ort hat alles gepasst, finanziell und sportlich. Auch wegen der Kooperation mit Fluminense.

BZ:
Seit Sommer 2015 schickt Fluminense Rio de Janeiro Nachwuchsspieler in die Slowakei. Wie finden die sich dort ein?
Poser: Die Jungs (allein 14 Spieler verschiedener Altersklassen kamen im vergangenen Sommer, Anm. d. Red.) leben zusammen und bleiben die meiste Zeit unter sich, ist natürlich auch ein Kulturschock für sie. Aber insgesamt klappt das gut, auf dem Platz und in der Kabine. Irgendwie verständigen wir uns schon.

BZ:
Sehen die Brasilianer die Ausleihe nicht eher aIs Strafe?
Poser: Nein, sie nehmen sie absolut an. Für sie ist es eine große Chance, sich in Europa zu beweisen, Erfahrungen zu sammeln. Ihr großes Ziel ist es natürlich, irgendwann bei ihrem Heimatverein Fuß zu fassen. Einigen ihrer Vorgänger ist das auch schon gelungen.

BZ:
Und wie läuft es bei Ihnen?
Poser: Meine Vorbereitung war richtig gut. Ich war dann aber angeschlagen, so dass ich im Moment nur Ersatz bin.

BZ:
Wie stark ist die Liga?
Poser: Schwer zu sagen, weil ich nie in Deutschland bei den Profis gespielt habe. Aber ich schätze, wir liegen ungefähr auf dem Level der Ober- oder Regionalliga.

BZ:
Wie sieht Ihr Karriereplan aus?
Poser: Mein Vertrag läuft erst mal nur bis zum Saisonende. Mai sehen, was kommt. Irgendwann will ich wieder zurück in die USA, auch weil dort meine Freundin lebt. Aber ich kann mir auch vorstellen, weiter hier zu bleiben Bratislava ist nicht weit weg, Wien relativ nah. Ich kann vom Fußball leben und ein bisschen was zurücklegen, um in den Spielpausen etwas Schönes zu unternehmen.

BZ:
Hilft Ihnen ein Berater oder eine Agentur bei der Zukunftsplanung?
Poser: Momentan bin ich auf mich allein gestellt. Also: Wenn jemand einen großen (1,96 Meter, Anm. d. Red.), 23 Jahre alten Torhüter sucht, der ganz gut mit seinen Füßen ist und sich überall zurecht findet – ich höre mir alles an.

Das Interview ist die gekürzte Version eines Artikels aus dem Magazin 11Freunde.

Info: Monaco Sports
Die Münchner Agentur vermittelt Sportstipendien an Deutsche in den USA. Die Agentur schätzt die Stärken, Schwächen und Chancen des Abiturienten ein, sowohl schulisch als auch sportlich. Sie erstellt unter anderem ein Highlight-Video, kümmert sich um die Bewerbung und hilft bei der Auswahl des Colleges. Das ist nicht billig. Je nach Intensität der Betreuung liegen die Kosten zwischen 400 und 8000 Euro. Etwa die Hälfte der Gebühren werden auch fällig, falls die Bewerbung nicht erfolgreich war. Neben Fußball werden auch Stipendien im Tennis, Feldhockey, Schwimmen, Volleyball, Leichtathletik und Golf vermittelt, auch an Sportlerinnen. Norman Messina, einer der Agenturgründer, stammt aus Bad Krozingen und spielte in seiner aktiven Zeit unter anderem für den FC Bötzingen und FC Emmendingen. Monaco Sports kooperiert mit dem SC Freiburg und dem südbadischen Fußballverband.


Aufrufe: 023.3.2017, 20:03 Uhr
Ilja Behnisch (11Freunde)Autor