2024-04-25T14:35:39.956Z

Ligabericht
Ein Mann der Tat: Hans-Peter Bienia Foto: Bock
Ein Mann der Tat: Hans-Peter Bienia Foto: Bock

Pfeifen oder Leben retten?

Schiedsrichter Hans-Peter Bienia muss auf dem Weg zum Spiel in Petershagen eine Frau wiederbeleben. Danach leitet er die Partie gegen den Eisenhüttenstädter FC Stahl II.

Wenn sich Hans-Peter Bienia zwischen Fußball und Leben retten entscheiden muss, zögert er nicht lange: Am Wochenende verspätete sich der Referee, weil er auf dem Weg zum Fußballplatz einer Frau zu Hilfe eilte, die von einem Auto angefahren und schwer verletzt worden war. Eine beinahe unglaubliche Geschichte, die ihm ausgerechnet unterwegs nach Petershagen passierte – wo er vor kurzem schon einmal für Schlagzeilen sorgte.

Hans-Peter Bienia will kein Held sein. „Das ist mein Job“, sagt der Schiri. „Meine Pflicht.“ Das – damit meint er jenen Vorfall, der am vergangenen Sonnabend in Petershagen zu einer 20-minütigen Verspätung führte. Die Blau-Weiß -Reserve sollte in der Kreisoberliga gegen den Eisenhüttenstädter FC Stahl II antreten. 12.30 Uhr. Die Teams waren da. Nur Schiri Hans-Peter Bienia fehlte.

Wie beinahe jedes Wochenende machte sich der Referee aus Berlin-Hohenschönhausen bereits am Vormittag auf in Richtung Brandenburg. Er ist als Unparteiischer beim SV Woltersdorf gemeldet und pfeift unter anderem in den Kreisligen und der Kreisoberliga Ostbrandenburg.

Schon kurz, nachdem er in sein Auto gestiegen war, passierte es: ein Stau. Nichts Ungewöhnliches bis hier. Alltag im Leben eines Schiris. Nur: Hans-Peter Bienia konnte den Grund für den stockenden Verkehr schnell erspähen. Eine ältere Frau war auf einem Zebrastreifen angefahren worden. Sie stürzte, erlitt eine schwere Kopfverletzung, der Rettungsdienst war noch nicht am Unfallort. „Es dauerte ungewöhnlich lange, bis der Notarztwagen kam“, sagt der Referee.

Für Hans-Peter Bienia keine Frage: Erste Hilfe leisten. Und zwar schnell. „Es sah nicht gut aus“, sagt der 51-Jährige, der Rettungssanitäter bei der Berliner Feuerwehr ist. Am Wochenende hatte er eigentlich frei. Fußball stand auf seinem Tagesplan. „Aber wenn keiner weiß, was zu tun ist, ist das egal“. Bienia braucht nicht lange, um sich zwischen Sport und Leben retten, zu entscheiden. Als er sieht, wie ernst es ist, beginnt er sofort mit der Reanimation der schwer verletzten Fußgängerin. Wenig später trifft der Rettungswagen ein, dann die Polizei. Bienia muss noch eine Aussage zu Protokoll geben. Dann steigt er in sein Auto und fährt zum Spiel. Zumindest denkt er das.

Denn als er am Sportplatz ankommt, stellt der 51-Jährige fest, dass niemand auf dem Rasen steht. Keine Teams, die sich warm machen. Von den Linienrichtern fehlt jede Spur. Erst nach einem Telefonat stellt sich für ihn heraus: Er ist falsch gefahren. Vermutlich unter Schock stehend, hat er den Sportplatz in Neuenhagen angesteuert. Nicht den in Petershagen. Knapp acht Kilometer vom eigentlichen Ziel entfernt.

Als Hans-Peter Bienia dann gegen 12.50 Uhr schließlich in die Pfeife bläst, ist der Schock noch längst nicht verdaut. Irgendwann kommen auch die Bilder von seinem letzten Einsatz in Petershagen wieder hoch. Mitte März – im Spiel von Blau-Weiß II gegen die Seelower Reserve – stand er auch unfreiwillig im Mittelpunkt. Nach einem Muskelfaserriss musste der Schiedsrichter seinen eigenen Wechsel anzeigen. Sein Assistent leitete die Partie bis zum Ende.

„Irgendwie liegt ein Schleier über mir und Petershagen“, findet der Referee, der sich nach dem Spiel über einige „unfaire Sprüche“ ärgerte. „Die kamen aus Eisenhüttenstädter Richtung, wo nicht alle Verständnis für meinen Einsatz vor der Partie zeigten.“ Das Spiel endete 2:1 für Petershagen.

>>>Alle Daten und Fakten zur Partie gibt es hier noch einmal auf einen Blick!

Aufrufe: 011.5.2016, 08:49 Uhr
Marc SchützAutor