2024-04-25T14:35:39.956Z

Allgemeines
Schiedsrichter Andreas Klopfer ahndet einen verzögerten Elfmeterschuss nun mit Gelb.   | Foto: Thoma
Schiedsrichter Andreas Klopfer ahndet einen verzögerten Elfmeterschuss nun mit Gelb. | Foto: Thoma

Neue Regeln: Ein Tor mit Socke ist jetzt erlaubt

Warum sich Fußballer diesen oder jenen Schuh nicht mehr anziehen müssen +++ Neues Regel-Potpourri auch bei den Amateuren.

Der Anstoß nach hinten - nichts verdeutlichte die Rückwärtsgewandtheit der vergangenen Europameisterschaft besser als die neue Regel, wonach das Spiel nicht mehr nach vorne in die gegnerische Hälfte eröffnet werden muss. Auch Andreas Klopfer, der Schiedsrichter-Lehrwart des Südbadischen Fußballverbandes (SBFV), war total überrascht, als er vor dem Fernseher dieses neue Regeldetail entdeckte. Insgesamt 95 Änderungen erwirkte das International Football Association Board über den DFB vom 1. Juli an auch für den Amateurfußball in Südbaden.
"So ein Regelbeben habe ich noch nicht erlebt", sagte Klopfer bei einem kleinen Ausflug in die Paragrafenwelt mit dem Spielausschussvorsitzenden Christian Dusch in der Freiburger Geschäftsstelle des SBFV. Um die Gesetze des Fußballs zu vereinfachen, wurden etwa 10 000 Wörter im neuen Regelwerk gestrichen; es wurden Begriffe geschlechtsneutral gefasst und bestimmte Auslegungen präzisiert. Jene Änderungen, die neben dem Anstoß nach hinten am ehesten sichtbar sein werden, fasste der Emmendinger Klopfer in einer Top Ten zusammen:

Keine Doppelbestrafung bei Fouls im Strafraum: Foult ein Verteidiger im Strafraum den Angreifer beim Versuch, den Ball zu spielen, zieht der Schiedsrichter nun Gelb und nicht mehr die Rote Karte. Wird die klassische Notbremse aber durch fußballuntypisches Verhalten wie Halten, Ziehen oder Stoßen ausgelöst oder beim Grätschen nicht versucht, den Ball zu spielen, gibt's neben dem üblichen Elfmeter weiter die Rote Karte.

Freistoß bei Fouls außerhalb des Spielfeldes:
Bislang musste der Schiedsrichter bei Fouls außerhalb der Spielfeldbegrenzung einen Schiedsrichterball verhängen. Jetzt wird auf Höhe der Seiten- oder Torauslinie ein direkter Freistoß verhängt - was auf der Strafraumbegrenzung einen Foulelfmeter nach sich zieht.

Torverhinderung durch Auswechselspieler oder Teamoffiziellen führt zum Elfmeter: Sollte ein sich neben dem Tor warmlaufender Reservespieler oder ein Teamoffizieller (in Südbaden nur der Trainer) ins Spiel eingreifen und einen Treffer verhindern, wird dies mit einem Elfmeter geahndet. Bislang gab es lediglich Schiedsrichterball. Der Übeltäter sieht die Rote Karte, wenn er das Vergehen mit der Hand ausübt, ansonsten Gelb.

Schutz des Mitspielers: Torhüter, die in Olli-Kahn-Manier zu Tobsuchtsanfällen gegen Mitspieler neigen, müssen nun aufpassen: Attacken gegen Teamkollegen werden nun mit direktem Freistoß oder Elfmeter für den Gegner geahndet. Bislang verhängten Schiedsrichter hier einen indirekten Freistoß.

Keine Gnade bei verzögertem Ausführen des Elfmeters: Beim Anlaufen zum Elfmeter darf der Schütze ruhig zwei, drei Pirouetten drehen oder zwischendurch abstoppen - sobald aber das Standbein neben dem Ball aufsetzt, ist kein Verzögern mehr erlaubt. Unzulässiges Täuschen wird hier mit indirektem Freistoß und einer Verwarnung des Schützen geahndet, eine Wiederholung des Elfmeters ist nunmehr ausgeschlossen.

Bei Abseits spielen Hände und Arme keine Rolle:
Um die genaue Position eines Spielers bei möglichem Abseits zu ermitteln, werden ausschließlich Rumpf, Fuß und Kopf berücksichtigt, nicht aber Arme und Hände. Dies ist nicht neu, wurde in den aktuellen Regeln aber präzisiert. Der indirekte Freistoß wird nun an jener Stelle ausgeführt, wo das Abseits auflebte, der betreffende Spieler also den Ball annahm, und nicht dort, wo er im Moment der Ballabgabe loslief.

Mehr Einflussnahme vor und nach dem Spiel: Der Schiedsrichter kann nun bereits beim Betreten des Spielfeldes zur Platzkontrolle Disziplinarmaßnahmen verhängen, darüber hinaus nach dem Abpfiff, bis die Spieler das Feld verlassen haben. Ein Strafstoß kann auch noch nach dem Abpfiff ausgeführt werden, wenn das Regelvergehen im Strafraum vor dem Abpfiff begangen wurde (und dabei nur durch den Assistenten bemerkt wurde).

Gefoulte Spieler können auf dem Feld bleiben: Falls ein Spieler nach einem mit Rot, Gelb oder Zeitstrafe (Jugend) geahndeten Foul in 20 bis 25 Sekunden wieder auf den Beinen ist, darf er auf dem Spielfeld bleiben. Damit sollen Fouls gegen mögliche Freistoßschützen unterbunden werden. Diese mussten bei medizinischer Behandlung bislang in jedem Fall das Feld verlassen und fielen so für den Freistoß aus.

Bei Schuhverlust wird das Spiel nicht automatisch unterbrochen: Verliert ein Spieler unabsichtlich seinen Schuh oder Schienbeinschoner, läuft das Spiel zunächst weiter. Erst bei der nächsten Unterbrechung muss er das fehlende Utensil wieder anlegen. Damit sind nun auch Tore in Socken möglich.

Farblich abgestimmte Unterwäsche: Ton in Ton ist den Regelhütern wichtig. Lange Ärmel von Unterziehhemden müssen die gleiche Farbe wie die Trikots aufweisen. Sind diese mehrfarbig, müssen sie zu einem Farbton passen, dann aber einheitlich für alle Spieler. Das Gleiche gilt für Radlerhosen oder Leggings, deren Couleur mit der Spielhose oder ihrem Saum abgestimmt sein muss.

Wird damit das Wesen des Spiels verändert? Das glaubt auch Andreas Klopfer nicht. Alle Traditionalisten dürfen also befreit aufatmen: Der Ball bleibt rund, eine Elf bleibt eine Elf, das Spiel dauert weiter 90 Minuten, und die Hand ist für Feldspieler ungerührt tabu - mögen dies auch Fans der EM-Unglücksraben Boateng und Schweinsteiger insgeheim beklagen.




Aufrufe: 028.7.2016, 09:20 Uhr
Matthias Kaufhold (BZ)Autor