2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview der Woche
Schwere Zeiten mit dem FC Bierstadt - Trainer Torsten Schnabel. Archivfoto: Vigneron.
Schwere Zeiten mit dem FC Bierstadt - Trainer Torsten Schnabel. Archivfoto: Vigneron.

"Mein Vorbild ist der FC Naurod"

Bierstadts Trainer Torsten Schnabel im Interview der Woche +++Vier richtungsweisende Spiele vor der Brust +++ Formschwäche in der Offensive, Verletzungssorgen in der Defensive +++Keine Rücktrittsgedanken

BIERSTADT. Wer hätte das gedacht vor der Saison? Der FC Bierstadt steht nach zehn absolvierten Partien vor dem Spiel in Walluf bereits mit dem Rücken zur Wand und auf dem vorletzten Platz. FC-Coach Torsten Schnabel spricht im FuPa-Interview der Woche über die Gründe der Talfahrt, die Probleme in der Offensive und einen möglichen Rücktritt.

FuPa: Herr Schnabel, der FC Bierstadt steht nach zehn absolvierten Partien mit sieben Punkten auf dem vorletzten Tabellenplatz. Wenn Ihnen das vor der Saison jemand prognostiziert hätte, hätten Sie ihm das abgekauft?

Schnabel: Ganz klar, das hätte keiner von uns im Verein erwartet. Weder Verein, noch die Mannschaft, noch der Trainer.

FuPa: Aus den letzten sieben Spielen gab es sechs Niederlagen und ein Remis: Wie deprimiert ist man nach solch einer Negativserie? Müssen Sie die Mannschaft aufrichten?

Schnabel: Die Mannschaft zeigt absolut Charakter. Wir trainieren momentan dreimal zwei Stunden in der Woche, betreiben einen hohen Aufwand und jeder zieht mit. Wir verfallen jetzt noch nicht in Panik, vor zwei Jahren sind wir mit fünf Niederlagen ähnlich schlecht gestartet und haben noch die Wende geschafft.

FuPa: Was sind die Gründe für den Absturz?

Schnabel: Da ist zunächst ein großes Verletzungspech. Mit Kapitän Jörg Lubojanski und Christopher Küster sowie Stammkeeper Collin Besier fallen gleich drei zentrale Säulen in der Defensive aus, dazu kommt noch Egemen Bagdatli. Auch ein Shawn Schmidt spielt seit drei Wochen, obwohl er es beruflich gar nicht mehr ins Training schafft. Das zieht sich schon durch die ganze Saison und in der Gruppenliga hast du keine Zeit für Experimente. Es ist ja nicht so, dass die Gegner uns reihenweise an die Wand spielen, aber wir machen momentan Fehler, die du dir in dieser Liga einfach nicht erlauben kannst. Das müssen wir zwingend abstellen.

FuPa: Wenn Spieler wie Schmidt nicht ins Training kommen und trotzdem spielen, sind da nicht interne Reibereien vorprogrammiert?

Schnabel: Bislang noch nicht. Jeder Spieler hat bereits oder wird im Laufe der Saison seine Chance bekommen. Aber momentan zählt ganz klar die Leistung auf dem Platz und nicht die Trainingsbeteiligung. Das habe ich gerade den jungen Spielern klar gemacht und sie nehmen das auch an.

FuPa: Wie sieht die Trainingsarbeit in der Krise aus? Gibt es besondere Maßnahmen, mit denen ein Trainer entgegensteuern kann?

Schnabel: Am Dienstag habe ich ein ganz lockeres Training gemacht, die Mannschaft muss wieder den Spaß am Fußball finden und das, was wir trainieren, auch mal auf den Platz bringen. Auch für das Pokalspiel beim SV Sauerland sind nur zwei Spieler von der Ersten dabei, der Rest besteht aus AH-Spielern oder Spielern, die lange nicht mehr gespielt haben. Der Fokus liegt absolut auf der Liga, wir können uns keine weiteren Verletzungen mehr erlauben.

FuPa: Auffällig ist vor allem das Manko in der Offensive, es wurden bisher erst 13 Treffer erzielt. Hapert es da schlichtweg an der Qualität, wenn Stürmer wie Luca Pilling oder Jerome Ernst noch keinen einzigen Treffer in zusammengerechnet mehr als 1000 Einsatzminuten markieren konnten?

Schnabel: Wenn du wie Luca acht Mal von Beginn an spielst und noch immer nicht getroffen hast, sieht man woran es klemmt. Da fehlen in den entscheidenden Momenten die Nerven, die beispielsweise ein erfahrener Torjäger wie Christian Maus hat. Maus ist der einzige, der bei uns konstant trifft, aber er muss auch erstmal seine Chancen kriegen. Von Jerome halte ich sehr viel, er bringt momentan aber seine guten Trainingsleistungen einfach noch nicht auf den Platz.

FuPa: Der FCB hat bisher in zehn Spielen schon vier Keeper eingesetzt, das spricht nicht gerade für Kontinuität...

Schnabel: Die eigentliche Nummer eins Collin Besier hat sich nach wenigen Spielen einen Bänderriss geholt, dann musste ich den unerfahrenen Mourad Koubaa ins Tor stellen, der in der vergangenen Saison noch bei den Freien Turnern in der zweiten Mannschaft gespielt hat. Doch auch er hat sich verletzt und dann kam Angelo Ihly ins Tor, der sich im Winter den kleinen Finger so kompliziert gebrochen hatte, dass er zweimal operiert werden musste und erst vor vier Wochen wieder ins Training eingestiegen ist. Und daher musste für ihn noch einmal Lars Kellner einspringen. So läuft es wohl, wenn man unten drin steht.

FuPa: Lähmt es manchmal, dass Bierstadt von vielen Teams traditionell als Favorit eingestuft wird?

Schnabel: Das kann ich - zumindest in dieser Saison - überhaupt nicht nachvollziehen. Ich sehe uns als Anwärter auf Rang sechs bis sieben. Klar haben wir individuell sehr starke Spieler, aber es wurde beispielsweise extrem hochgejubelt, dass wir vier Spieler von Niedernhausen geholt haben. Christopher Küster und Sebastian Hoch sind für mich gestandene Verbandsliga-Spieler, Luca Pilling und Steven Schmalstieg waren meistens auf der Bank. Auch André Nkongolo ist ein super Spieler, aber es muss sich erstmal an das Tempo in der Gruppenliga gewöhnen.

FuPa: Die nächsten vier Partien gegen Walluf, Türk Hattersheim, Weilbach und Wildsachsen bestreitet Bierstadt allesamt gegen Gegner aus der unteren Tabellenhälfte. Das dürften wohl richtungsweisende Aufgaben sein...

Schnabel: Das habe ich der Mannschaft im Training auch schon so weitergegeben. Walluf hat fünf Punkte mehr als wir, dieses Spiel müssen wir einfach gewinnen. Dann kommt Türk Hattersheim und wir könnten mit einem Sieg wieder den Anschluss ans Mittelfeld herstellen. Wir müssen von Spiel zu Spiel denken, vorne endlich mal die Treffer machen und hinten gut stehen und vielleicht mal zu Null spielen. Unentschieden bringen uns momentan nicht weiter.

FuPa: Vor der 2:4-Pleite in Weyer verglichen sie ihr Team mit dem VfB Stuttgart, weil es trotz guter Leistungen viel zu wenig Punkte holt. Wird aus dem "Modell Stuttgart" irgendwann ein "Modell Gladbach", in dem der Trainer aufgrund der sportlichen Talfahrt freiwillig die Konsequenzen zieht und sein Amt niederlegt?

Schnabel: Auf keinen Fall. Dafür ist es zu früh, wir arbeiten gut im Training und der Verein steht komplett hinter mir. Mein Vorbild ist momentan der FC Naurod, der nach schwachem Saisonstart inklusive Pokalaus sich mit fünf Siegen am Stück wieder in die obere Tabellenhällfte gespielt hat. Eine Siegesserie ist das, was wir momentan brauchen, auch wenn die Gruppenliga mit fünf Absteigern und der Ausgeglichenheit extrem brutal ist.

Aufrufe: 07.10.2015, 18:00 Uhr
Philipp DurilloAutor