2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligabericht
Da geht?s lang: Danny Kaliampos wusste vorher schon um die Schwere der Aufgabe. Und geht weiter voran.	Foto: Schepp
Da geht?s lang: Danny Kaliampos wusste vorher schon um die Schwere der Aufgabe. Und geht weiter voran. Foto: Schepp

Kaliampos nach Abfuhr als Psychologe gefragt

VL MITTE: +++ Trainer muss junge Mannschaft nach 0:5-Pleite wieder aufbauen +++

Giessen. Jung ist sie, blutjung geradezu, die Mannschaft von Danny Kaliampos. Ältester Spieler beim Verbandsligisten TSG Wieseck ist Daniel Pitz - mit 24 Jahren. Daher passt der mit einem Augenzwinkern verkündete Vergleich des Trainers, denn mit der Negativspirale, die ein Team im Abstiegskampf ereilen kann, hat im Grunde genommen keiner seiner Schützlinge bis dato Erfahrungen gesammelt: ,,In der Disco kriegt der eine fünf Abfuhren von den Mädels, ist niedergeschlagen und denkt sich, dass er die falschen Sprüche einsetzt oder Ähnliches. Ein anderes Mal dagegen fliegen alle auf dich."

Was Kaliampos damit sagen möchte: Mal läuft es, mal eben nicht. ,,Die Jungs können weiterhin kicken, wir sind ja auch nicht mit Glück aufgestiegen", erklärt der 33-Jährige. Abfuhren, um im Bild zu bleiben, haben die Wiesecker in den jüngsten Wochen in Form von Niederlagen genug bekommen. Fünf setzte es in sechs Partien, dazu gesellte sich ein torloses Remis in Braunfels. Nach dem guten Auftakt mit zwei Siegen in Breidenbach (4:1) und gegen Dorndorf (1:0) am zweiten und dritten Spieltag ist der Faden gerissen, sodass die TSG mittlerweile auf den 16. und damit vorletzten Rang zurückgefallen ist. Panik ist bei den Gießener Vorstädtern trotzdem noch lange nicht in Sicht. Zumal angesichts der Bedingungen vor der Runde klar war, dass es um nichts anderes als den Klassenerhalt gehen würde. Der Abgang von Führungs- und Kreativspieler Kevin Buycks nach Fernwald sorgte wie der erneute Wechsel von Offensiv-Juwel Brian Mukasa zum Stadtrivalen VfB 1900 für ein Vakuum, das kaum adäquat zu füllen ist. Die A-Jugend-Talente Julian Scheffler und Mirco Freese zogen die Herausforderung beim Hessenligisten SC Teutonia Watzenborn-Steinberg vor, statt sich für mehr Spielanteile eine Klasse tiefer zu entscheiden. Aber Kaliampos ist kein Mensch, der sich beklagt. Er glaubt an das Potenzial, das zweifellos in seiner Elf steckt, und versucht, ihr den Glauben an sich selbst wieder zu vermitteln.

Der Coach ist zur Zeit als Psychologe gefragt, um auch nach einer herben Schlappe wie dem 0:5 am Samstag gegen Waldgirmes die positiven Ansätze hervorzuheben. Sicher eine anspruchsvolle Aufgabe. ,,Wir haben selbst beim 1:8 in Ederbergland gut begonnen, ebenso in Schwanheim oder auch gegen Waldgirmes. Wir starten nicht schlecht, haben Chancen durch Felix Erben, Jean-Claude Günther und Nico Strack, nutzen die aber nicht. Dann gehen die Köpfe runter", erläutert Kaliampos, der bemüht ist, seinen Mannen den Druck zu nehmen und ihnen Mut zuzusprechen: ,,Der Tabellenstand spiegelt nicht die Qualität wieder. Das darf uns nicht belasten. Im Vorjahr haben wir nach sechs Siegen sehr mutige Pässe gespielt. Jetzt denkt jeder, es könnte ihm ein Fehlpass unterlaufen und wir ein Gegentor kassieren. Wir dürfen uns nicht lähmen lassen. Ich bin schon abgestiegen und kann sagen: Das Leben geht weiter."

Nüchtern betrachtet fehlen den Wieseckern momentan womöglich drei, vier Zähler, vor allem aus dem Spiel in Schwanheim (0:2), aber auch in Kelsterbach (1:2) und Braunfels, um im Soll zu liegen. Der Ligaverbleib ist demnach keine Utopie, wird jedoch Schwerstarbeit bleiben: ,,Von nichts kommt nichts. Wir müssen viel investieren, um erfolgreich zu sein." 15 Punkte sind das Ziel bis zur Winterpause, um für die Restrunde eine ordentliche Ausgangsposition zu besitzen. Für diese Ausbeute würde Kaliampos mit Bauchschmerzen sogar in Kauf nehmen, den bevorzugten, technisch hochwertigen Spielstil über Ballstafetten zugunsten positiver Ergebnisse hintenanzustellen: ,,Spielerisch ist es uns letztes Jahr leichter gefallen. Vielleicht ist es mal an der Zeit, die Schotten dicht zu machen, die Bälle lang rauszubolzen, und vorne hilft der liebe Gott beziehungsweise Felix Erben und Jean-Claude Günther." Ein Thema für den Winter sind Neuzugänge, wobei sich das Anforderungsprofil aus der Unerfahrenheit des Teams insbesondere für die zentralen Positionen in der Abwehr und im Mittelfeld ergibt: ,,Es fehlt oft die Kommunikation. Jemand, der als Sechser oder Innenverteidiger den Mund aufmacht und als organisierende Hand fungiert."

Zunächst allerdings steht am Sonntag für die TSG in Dietkirchen das nächste Match auf dem Programm, für das ähnliche Voraussetzungen gelten wie gegen Waldgirmes, denn der TuS rangiert wie die Lahnauer wider Erwarten in der Abstiegszone - punktgleich mit Wieseck. Eine weitere ,,Abfuhr" würden Kaliampos und seine Mannschaft nicht nur deshalb liebend gerne vermeiden.



Aufrufe: 08.10.2015, 14:50 Uhr
Thomas Suer (Gießener Anzeiger)Autor