2024-04-25T14:35:39.956Z

Ligabericht
Nicht auszuhalten: Der SSV Jahn verspielte im Abstiegsduell in Unterhaching eine 2:0-Führung. F: Staudinger
Nicht auszuhalten: Der SSV Jahn verspielte im Abstiegsduell in Unterhaching eine 2:0-Führung. F: Staudinger

Jahn in Haching vom Dampfhammer erwischt

Nach einer 2:0-Führung sieht der SSV Jahn Regensburg schon wie der Sieger aus, verliert aber gegen Unterhaching noch 2:3

Fußball kann manchmal so grausam sein. Diese Erfahrung mussten am Samstagnachmittag Fans, Spieler und Funktionäre des SSV Jahn Regensburg machen. Trotz einer 2:0-Führung im Auswärtsspiel bei der SpVgg Unterhaching blieb dem Schlusslicht der 3. Liga einmal mehr ein Sieg verwehrt. Vor 2000 Zuschauern im Hachinger Sportpark unterlagen die Rot-Weißen noch mit 2:3 (1:0) und gehen mit einem weiteren Rückschlag im Kampf um den Klassenerhalt in die Winterpause.

Gino Windmüller (17.) und Daniel Steininger (60.) hatten die Oberpfälzer mit ihren Toren in Führung gebracht. Innerhalb von nur sieben Minuten drehten die Gastgeber dann aber noch die Partie durch die Treffer von Thomas Hagn (65.), Dominik Widemann (72.) und Andreas Voglsammer (73.). Danach kannte der Frust auf Regensburger Seite keine Grenzen mehr. Die Fans versuchten das Spielfeld zu stürmen, Windmüller sah Rot wegen einer Tätlichkeit (83.).

Personell waren Jahn-Coach Christian Brand die Hände gebunden. Zwar kehrte Andreas Güntner nach verbüßter Gelbsperre wieder zurück, doch fehlte Oliver Hein, der gegen die Stuttgarter Kickers seine fünfte Gelbe Karte erhalten hat. Und auch die weitere Verletztenliste ist lang. Zu den Langzeitverletzten Sebastian Nachreiner, Azur Velagic, Romas Dressler und Noah Michel gesellten sich in den vergangenen Wochen auch noch Gregory Lorenzi und Patrick Lienhard. Nun meldeten sich wegen muskulärer Probleme hintereinander auch noch Christoph Rech, Thomas Kurz und Benedikt Schmid ab. Angreifer Daniel Franziskus wurde am Freitag am verletzten Knie (Außenband- und Meniskusriss) operiert. Und zu allem Überfluss verhinderten Kniebeschwerden den Einsatz von Abwehrmann Markus Palionis.

Mit insgesamt zwölf Ausfällen, hielten sich die personellen Möglichkeiten der Regensburger in Grenzen. Im Tor schenkte Brand Stephan Loboue das Vertrauen. Der Keeper, der in der vergangenen Woche nach der Niederlage gegen die Stuttgarter Kickers mit harschen Worten gegen die Regensburger Fans gewettert hatte, erhielt die Retourkutsche der Anhänger in Unterhaching gleich schriftlich. Auf einem Banner entgegneten sie ihm mit deutlichen Worten: „Nur blödes Geschwätz, kein Spiel zu Null, der Abstieg steht bevor – verpiss dich aus unserem Tor!“, stand darauf geschrieben.

Vor Loboue bildeten Stanislaus Herzel, Windmüller, Matthias Dürmeyer und Fabian Trettenbach die Viererkette, vor der Lukas Sinkiewicz als Sechser agierte. Im Mittelfeld setzte Brand erwartungsgemäß auf Jonas Erwig-Drüppel, Güntner, Aias Aosman, Uwe Hesse, während ganz vorne Daniel Steininger seine Chance erhielt. Die personelle Notlage spiegelte sich auch auf der Ersatzbank wider, auf der mit Zlatko Muhovic, Sven Kopp, Markus Smarzoch und Andreas Geipl neben Ersatztorhüter Dominik Bergdorf nur vier Feldspieler zu finden waren.

Mit dem Mute der Verzweiflung startete der Jahn daher in die Partie. Ein 25 Meter-Freistoß von Aosman, der in der Mauer endete, konnte die Hachinger in der 1. Minute noch kaum beeindrucken. Im Gegenteil: Die ersten echten Chancen verbuchten die von Ex-Nationalspieler Christian Ziege trainierten Gastgeber für sich. Doch Alon Abelskis Schuss aus der Drehung (11.) ging ebenso über das Regensburger Tor wie nur drei Minuten später Fabian Götzes Volleyabnahme (14.).

So wurde Haching in der 17. Minute ein bisschen kalt erwischt, als nach vier Spielen ohne Torerfolg beim SSV Jahn Regensburg dank einer Standardsituation endlich der Bann gebrochen wurde. Bei Aias Aosmans Ecke sprang Windmüller am höchsten und köpfte das 1:0 für den Jahn.

Jahn hält Laden dicht

Die SpVgg zeigte erwartungsgemäß Reaktion auf den Rückstand und übernahm die Kontrolle. Besonders beindrucken konnten die Münchner Vorstädter die Regensburger Rumpftruppe allerdings nicht. Der Rot-Weißen überzeugten durch Kampf und Zusammenhalt und hielten den Laden hinten dicht. Einzig nennenswerte Szene aus Sicht der Gastgeber war ein angebliches Handspiel im Regensburger Strafraum, das SpVgg-Stürmer Andreas Voglsammer in der 19. Minute wohl zu Unrecht reklammierte.

Nach gut einer halben Stunde versandeten die wütenden Bemühungen der Hachinger und das Schlusslicht führte nun wieder das Regiment. Zunächst wurde Steininger nach einem schönen Aosman-Zuspiel in aussichtsreicher Situation abgedrängt (32.), dann setzte erwig-Drüppel ein dickes Ausrufezeichen. Die Regensburger Fans hatten schon den Torschrei auf den Lippen, als der Außenbahnspiel nach Vorarbeit von Steininger aus 20 Metern abzog, sein Schuss aber leider nur an den Pfosten krachte (33.).

Mario Götze als Zuschauer

So blieb es unter den Augen von Weltmeisterschafts-Held Mario Götze, der mit ansehen muss wie sein Bruder Fabian auf Hachinger Seite verletzungsbedingt schon früh ausgewechselt werden musste, bei der verdienten Halbzeitführung des Jahn.

Wie groß der Siegeswille der Regensburger war, zeigte sich an der Tatsache, dass die Mannschaft von Christian Brand weit vor den Gastgebern wieder auf dem Platz stand. Mit Wiederanpfiff blies ihr jedoch erst einmal ein kräftiger Gegenwind der Hachinger ins Gesicht. Die SpVgg machte nun Druck und drängte auf den Ausgleich. Ein Schuss von Thomas Hagn strich jedoch um Zentimeter am Tor von loboue vorbei (48.). Gefährlich wurde es auch bei einem Querpaß von Abelski, der jedoch keinen Abnehmer fand. Aosman hatte nach sehenswerter Kombination zwischenzeitlich aber auch für eine Regensburger Lebenszeichen gesorgt.

Während die Gastgeber bei zwei Schüssen von Dominik Widemann Jahn-Keeper Loboue auf die Probe stellten, wurden sie hinten abermals eiskalt erwischt. Wieder war es eine Standardsituation, die bei den Rot-Weißen zum Torerfolg führte. Erwig-Drüppels Ecke verlängerte Hesse mit dem Kopf, so dass Steininger am zweiten Pfosten den ball nur noch zum 2:0 (60.) über die Linie schieben musste.

Innerhalb sieben Minuten kippt das Spiel

Die Freude der rot-weißen Anhängerschaft sollte jedoch nur kurz währen. Innerhalb kürzester Zeit überschlugen sich die Ereignisse im Hachinger Sportpark. Als sich die rechte Regensburger Abwehrseite einen Dämmerschlaf gönnte, schlugen die Gastgeber eiskalt zu. Der 1:2-Anschlusstreffer (65.) durch den für Götze eingewechselten Hagn, der viel zu frei zum Schuss kam, wäre vielleicht noch zu verkraften gewesen, hätten die Regensburger nicht dann die Standfestigkeit eines angeknockten Boxers gezeigt.

Der Ausgleichstreffer entstand wieder über die rechte Regensburger Defensivseite. Dieses Mal war es jedoch nicht Hagn, sondern Widemann, der Loboue aus halblinker Position überwinden konnte (72.). Doch es sollte längst noch nicht dabei bleiben. Denn schon eine Minute später bekam das Tabellenschlusslicht die ganze Grausamkeit des Fußballs zu spüren, als Andreas Voglsammer nur eine Minute später nach einem Schuss an den Pfosten den Abpraller zum 3:2-Siegtreffer über die Linie drückte.

Jahn-Fans wollen Feld stürmen

Von da an brachen alle Dämme bei Fans und Spielern der Regensburger. Die erboste Anhängerschaft skandierte einmal mehr in Richtung von Jahn-Sportchef Christian Keller „Keller raus!“ und versuchte nach Voglsammers Treffer auf das Spielfeld zu gelangen und konnte dabei nur von der Polizei und den Ordnungskräften im Stadion abgehalten werden. Ein Hachinger Ordner soll dabei sogar verletzt worden sein, das Spiel musste für rund fünf Minuten unterbrochen werden.

Doch nicht nur an den Fans auch an den Spielern ging der Frust über die nächste Niederlage nicht spurlos vorbei, wie sich an der roten Karte für Gino Windmüller zeigte. In der 83. Minute ließ sich der Innenverteidiger an der Eckfahne zu einer Tätlichkeit hinreißen und wurde des Feldes verwiesen – der unschöne Schlusspunkt in einem unschöneren Spiel für den SSV Jahn.

Aufrufe: 020.12.2014, 16:45 Uhr
H. Reichenwallner/C. GehrAutor