2024-05-08T14:46:11.570Z

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Erinnert sich gerne an seine Zeit in Aserbaidschan zurück: Der Schott-Verteidiger Murat Doymus (links).	Archivfoto: hbz/Kristina Schäfer
Erinnert sich gerne an seine Zeit in Aserbaidschan zurück: Der Schott-Verteidiger Murat Doymus (links). Archivfoto: hbz/Kristina Schäfer

In einer anderen Liga

Schott-Verteidiger Murat Doymus spricht über sein Jahr in der höchsten Spielklasse Aserbaidschans

Mainz/Baku. Fußball in Deutschland. Das steht für palastartige Großarenen. Immergrünen Rasen. Frenetische Fans. Schnelle Spielzüge, taktische Winkelzüge. Moderner Stierkampf. Es ist die große Fußballbühne, die mit des Deutschen liebsten Sports verbunden wird.

Der Mainzer Murat Doymus (30) hat in der Saison 2012/13 ein Jahr lang in der ersten Liga gekickt. Allerdings nicht hierzulande, sondern in Aserbaidschan bei Sumqay?t PFK, eine halbe Stunde von der Hauptstadt Baku entfernt. ,,Es war eine durchweg positive Erfahrung", resümiert der Abwehrspieler von Schott Mainz über sein Gastspiel in der Premyer Liqas?, der höchsten Spielklasse Aserbaidschans.

,,Es ist ein spannendes Land"

Südlich von Russland, östlich der Türkei, eingeengt zwischen dem Iran und Georgien hat sich 1991 der vorderasiatische Staat gegründet. 9,5 Millionen Menschen, Großteils muslimischen Glaubens, leben dort. ,,Es ist ein spannendes Land. Es ist eine Mischung aus der russischen Vorgeschichte und türkischen Einflüssen, die dort zusammenkommt", beschreibt Doymus als kulturelle Besonderheit.

Aserbaidschan blickt auf eine bewegte Vergangenheit zurück. Einst Teil der Sowjetunion, gilt es als Bindeglied zwischen der russischen und der orientalischen Welt. ,,Es waren im Sommer 40 Grad, die Frauen sind dem Wetter entsprechend gekleidet herumgelaufen", erinnert sich der 30-Jährige an eine Kuriosität zurück. ,,Doch, wenn man als Mann mit kurzen Hosen und T-Shirt auf die Straße ging, kamen die Menschen auf einen zu und meinten: So kannst du doch nicht herumlaufen, das geht doch nicht." Verkehrte Welt.

Im Jahr zuvor spielte Doymus noch beim Berliner AK, hatte ein Freundschaftsspiel in der Türkei, bei dem sie auf Sumqay?t trafen. ,,Seitdem haben sie sich sehr um mich und zwei Kollegen bemüht." Doch weder der Mainzer noch seine zwei Kameraden, Paris Azad und Can Akgün, wagten zunächst den Schritt. Bis Azads Vertrag auslief und ,,er einfach sagte: Komm, ich mach's. Can und ich sind dann nachgekommen", berichtet Doymus über den ungewöhnlichen Wechsel. Trainiert wurde er dort vom früheren Wiesbadener Fußball-Coach Bernhard Raab.

Fußballspielen ist überall auf der Welt gleich, nur die Größenordnungen variieren. In Aserbaidschan ist alles etwas kleiner. Dort gibt es keine frenetischen Fans, keine Fußballtempel. ,,Und auch spielerisch gibt es auf dem Feld Unterschiede zu Deutschland. Es wird viel körperlicher, intensiver zur Sache gegangen", sagt der 30-Jährige, zögert und überlegt erst, wie er weiterformulieren soll. ,,Man bekommt in Deutschland ein taktisches Grundverständnis gelehrt. Deshalb hat man sich manchmal in Aserbaidschan bei seinem Mitspieler auf dem Feld gefragt: Was macht der da eigentlich?"

Doch Doymus weiß, wie man sich in einer fremden Liga zurechtfindet. Schon in der Spielzeit 2005/06 lief er in der zweiten türkischen Liga bei Samsunspor auf. Das Fußballspielen lernte er in den Jahren davor bei Mainz 05, der Sprung in den Profikader blieb ihm jedoch verwehrt.

eSports-Verein gegründet

Die Saison schloss der Defensivspezialist mit Sumqay?t im Mittelfeld der Tabelle als Achter ab. Eine ordentliche Platzierung, wie er findet. ,,Auch mit unserer Bezahlung lief alles glatt", widerspricht der Abwehrspieler einem gängigen Klischee, ergänzt jedoch. ,,Zugegeben, das Geld kam manchmal etwas später, aber es kam." Über Berlin ging es in dieser Saison als Innenverteidiger zurück in seine Heimatstadt nach Mainz, wo er inzwischen in der Oberliga beim TSV Schott das Trikot überstreift. Danebst hat er den eSports-Verein Wiesbaden gegründet, den ersten professionellen Klub der Region, der organisiert und strukturiert den neuen Markt der elektronischen Spiele auf sportlichem Wettkampfniveau im Fokus hat. ,,Wir haben in kürzester Zeit 50 Mitglieder gewonnen. Tendenz steigend."

Zudem sind seine Ziele mit dem TSV, den fünften Platz in der Oberliga zu behauptet und den Verbandspokal zu gewinnen. ,,Wenn man bis ins Halbfinale gekommen ist, will man den Titel auch gewinnen." Um im nächsten Jahr dann im DFB-Pokal auf der großen deutschen Fußballbühne mitzuwirken.



Aufrufe: 028.1.2016, 20:00 Uhr
Stephen WeberAutor