2024-04-25T14:35:39.956Z

FuPa Portrait
Will sich bei der SpVgg Greuther Fürth in den Vordergrund spielen: Kilian Kustermann (unser Foto links zeigt ihn im Training mit der U 17) ist auf dem Weg zum Traumberuf Fußballprofi. Eine Rückzugsmöglichkeit bietet dem 16-Jährigen Kilians sein eigenes Reich im Jugendhaus des Vereins. In seiner Einraumwohnung (Foto rechts) hat Kilian Kustermann Bett, Schreibtisch, Schrank, Sofa und Fernsehgerät. D
Will sich bei der SpVgg Greuther Fürth in den Vordergrund spielen: Kilian Kustermann (unser Foto links zeigt ihn im Training mit der U 17) ist auf dem Weg zum Traumberuf Fußballprofi. Eine Rückzugsmöglichkeit bietet dem 16-Jährigen Kilians sein eigenes Reich im Jugendhaus des Vereins. In seiner Einraumwohnung (Foto rechts) hat Kilian Kustermann Bett, Schreibtisch, Schrank, Sofa und Fernsehgerät. D

»Ich will nach ganz oben«

Kilian Kustermann ist bei der SpVgg Greuther Fürth auf dem Weg in seinen Traumberuf Fußballprofi

„Die Kleeblatt-Einstellung: professionell“ steht über der Hausordnung des Fußball-Internats. Professionalität ist ein Faktor, den jeder Nachwuchsspieler der SpVgg Greuther Fürth innehaben muss, will er den Sprung in die schillernde Welt des Profifußballs packen. Professionalität im Schulalltag, Professionalität im Umgang mit Medien und erst recht Professionalität auf dem Rasen.

„Ich habe schon früh davon geträumt, Fußballprofi zu werden“, erzählt Kilian Kustermann, und: „Ich will nach ganz oben.“ Der 17-Jährige gibt sich leise und zurückhaltend im Gespräch, das im Nachwuchsleistungszentrum des ambitionierten (Noch?)-Zweitligisten stattfindet. Hinter dem zweiten Satz steckt jedoch eine Portion Entschlossenheit.

Geboren in Krumbach und aufgewachsen in Neuburg/Kammel, ist Kustermann 2012 bei den Franken angekommen. Vier Mal in der Woche besucht er das Mannschaftstraining, bereitet sich zudem individuell auf die Einheiten vor. Dazu der wöchentliche Ligabetrieb, das Ziel aller Übungen. Bei den U17-Junioren des Kleeblatts ist er Stammspieler und Spielführer zugleich, zählt zu den Leistungsträgern der Mannschaft von Fußballlehrer Achim Beierlorzer.

Sein Sohn sei in Fürth „voll akzeptiert und integriert“, bestätigt sein Vater Uwe Kustermann am Telefon. Er äußert sich im selben Atemzug sehr zufrieden über die Betreuung, die sein Sohn durch Internatsleitung und Trainerstab erfährt. In der Fußballschule bekommt der Jugendspieler Unterstützung in schulischen Angelegenheiten, findet aber auch stets Gehör bei Bedürfnissen privater Natur. „Das hat nichts mehr mit Freizeitkicken zu tun. Für mich ist das eine vollwertige Ausbildung“, stellt Vater Kustermann gleich klar.

Die Familie sind froh über jeden Feiertag, der ihrem Sohn einen kurzen Heimatbesuch ermöglicht. In diesem Jahr hat Kilian gerade mal drei Wochenenden in Neuburg verbracht. Die Spiele seines Vereins nehmen ihn auch an den schulfreien Tagen in Beschlag. Und ist er dann mal zu Hause, hat er einen strikten Trainingsplan einzuhalten. Nach den täglichen Laufrunden nutzt das Talent in der Heimat aber durchaus die Gelegenheit, einmal auszuspannen, die Freundschaft mit alten Schulkameraden zu pflegen. Der Kontakt sei nie abgerissen, erzählt er. Gerne sieht er auch seinem älteren Bruder zu, der für den SV Neuburg in der A-Klasse die Fußballschuhe schnürt.

Bei diesem Leben aus dem Koffer ist es oft die Familie, die sich auf den Weg macht. Frankfurt, München, Stuttgart – die Eltern verpassen kaum eine Partie der Fürther B-Junioren in der Bundesliga Süd/Südwest. Noch immer legt der Sohn großen Wert darauf, dass seine engsten Vertrauten die fußballerische Leistung beurteilen.

Der 17-Jährige sei seit seinem Auszug gereift, meint der Vater – nicht nur fußballerisch: „Der Junge hat eine Entwicklung durchgemacht.“ Wäsche waschen, Zimmer putzen, für den Realschüler eine Selbstverständlichkeit. Denn in Fürth muss der Kicker seinen Alltag auch alleine bewältigen. Und der sieht folgendermaßen aus: „Frühstück, Schule bis 13 Uhr, Essen, Hausaufgaben erledigen, Training.“ Kilian Kustermann zählt die Abfolge ohne zu überlegen auf. Während andere Jugendliche nach Belieben ihre Freizeit gestalten, kann es schon passieren, dass er in der Fußballschule Extraschichten im Kraftraum schiebt. Es ist die Einstellung, die professionelle Herangehensweise, die neben Talent den Unterschied macht zwischen Kreisliga und Bundesliga.

Markus Deibler, Kilians Jugendtrainer bei der TSG Thannhausen, hat den Werdegang seines früheren Schützlings aufmerksam verfolgt. Freilich könne er sich noch gut an den Burschen erinnern, meint Deibler. „Ein sturer Hund, der nicht verlieren kann. Nach Niederlagen hatte es keinen Wert, ihn anzusprechen“, erzählt er. Und weiter: „Kustermann ist ein ehrlicher Arbeiter, der in seinem Leben nichts geschenkt bekommen, sondern sich alles hart erarbeitet hat.“ Deibler gerät regelrecht ins Schwärmen, als er von Kilians Dynamik und fußballerischer Fertigkeit berichtet. „Typ Kevin Volland“, sagt er mit einem Lachen. Den heutigen Hoffenheimer hatte er früher auch schon bei der TSG unter seine Fittiche genommen.

Wie auch im Fall Volland weckte Kustermanns Können rasch Begehrlichkeiten anderer Vereine. Deibler nennt aus dem Stegreif fünf, sechs Vereine, die den Youngster von der TSG wegholen wollten. „Natürlich war es bedauerlich für Thannhausen, aber für Kilian war es absolut der richtige Moment, den Verein zu verlassen. Jedes weitere Jahr bei der TSG wäre schadhaft gewesen“, versichert Deibler.

So hatte der Jugendliche vor zwei Jahren die Qual der Wahl und sah sich die jeweiligen Talentschmieden gewissenhaft im Beisein seiner Eltern an. Zwei Mal nahm er am U 16-Training der SpVgg Greuther Fürth teil, übernachtete im Internat zur Probe, ehe sein Entschluss gefasst war. Gleich auf den ersten Blick habe es ihm in Fürth am besten gefallen, blickt Kustermann junior zurück. „Das Angebot der Spielvereinigung hatte einfach Hand und Fuß“, bringt es sein Vater auf den Punkt. „Rückblickend war es auch eine Entscheidung von meiner Frau und mir“.

Fast wie im Märchen verlief die Entwicklung des Fußballers. Der Neuburger hat es zum Junioren-Nationalspieler geschafft, drei Mal lief er bereits im Trikot mit dem Adler auf der Brust auf. „Der erste Moment, wo ich wirklich wusste, dass ich etwas erreicht habe“, gibt Kilian bescheiden zu. Vergangene Saison wurde er für ein Vier-Länder-Turnier nach Dublin berufen. Gegen Belgien und Rumänien gelang ihm jeweils ein Treffer. Bescheiden bleibt der Sportler auch hier: Hätte man ihn nicht darauf angesprochen, er hätte die Geschichte gar nicht erzählt.

Seine Schulausbildung will der Realschüler in diesem Jahr vollenden. Das ist das primäre Ziel. Und danach? „Man weiß, man kann vielleicht einmal in der Bundesliga spielen“, kommt Kustermann auf die rosige Tabellensituation der Lizenzmannschaft in der zweiten Liga zu sprechen. In der U19 wird sich wohl erst entscheiden, wohin seine Reise geht – und ob sich mit Fußball letztlich vernünftig Geld verdienen lässt. Mit diesem Ziel vor Augen gilt es in seinen Worten, „immer bereit zu sein, den entscheidenden Schritt mehr zu machen als der Gegner“. So ist es in einem weiteren Leitsatz des Jugendhauses verankert.

Aufrufe: 09.5.2014, 08:17 Uhr
Günzburger Zeitung / Mathias EndresAutor