2024-04-25T14:35:39.956Z

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Cagri-Coach Yasin Sümer (links) und sein Co-Trainer Erkin Angin sahen einen Auftakt mit Besserungspotenzial. F: Ralf Rödel
Cagri-Coach Yasin Sümer (links) und sein Co-Trainer Erkin Angin sahen einen Auftakt mit Besserungspotenzial. F: Ralf Rödel

"Favorit? Davon möchte ich gar nichts hören"

Für Cagrispor und Coach Yasin Sümer kommt der Saisonauftakt zu früh - zum Auftakt gegen Bayern Kickers wird klar, dass der ambitionierte Kader erst noch zusammenwachsen muss

Saisonauftakt in der Bezirksliga 1: Beim 1:1 im Nürnberger Stadtduell zwischen Cagrispor und dem FC Bayern Kickers ließen beide Teams am Sonntag noch reichlich Luft nach oben. Dennoch verspricht es eine interessante Spielzeit zu werden – besonders die Nürnberger Türken stehen bei der Konkurrenz im Fokus.

Cagrispor Nürnberg - FC Bayern Kickers Nürnberg 1:1

Zum Fußball? "Bitte hier außen parken und hinter laufen", sagt der freundliche Sicherheitsbeauftragte an der Zufahrt zum Zeppelinfeld. Der ganze Parkplatz sei reserviert, "für die Rams und die Zeugen Jehovas", wie er betont. Bezirksliga, das wird schnell klar, spielt an diesem Sommersonntag nur eine kleine Nebenrolle am Naherholungsgelände rund um das Frankenstadion – und das, obwohl es bei Cagrispor durchaus interessante Vorzeichen zu deuten gibt.

Sieben Spieler hat der Verein geholt, teils mit höherklassiger Erfahrung; sie bereichern einen Kader, der in der vergangenen Spielzeit lange im erweiterten Kreis der Aufstiegskandidaten mitmischte und am Ende auf Rang sechs ins Ziel ging. Dieses Mal wird Cagri von der Konkurrenz gemeinsam mit Vizemeister Zirndorf und Absteiger Stadeln zu den Top-Favoriten gezählt.

Sechs Neue stehen am Sonntag gegen BaKi gleich in der Startformation, das können auch die rund 150 Zuschauer sehen, die, von der Parkplatzsuche geplagt, nach und nach eintrudeln und allesamt ein wenig schimpfen, über die Rams, die Zeugen Jehovas, die Sicherheitsbeauftragten – und dann über den Schiedsrichter, der auch an diesem Nachmittag eine größere Rolle einnimmt als angedacht. Zunächst verweigert er BaKi einen Strafstoß – die Gäste schimpfen; dann stellt er kurz vor der Halbzeit Cagris Ayhan Bilici nach einer Grätsche im Mittelfeld mit glatt Rot vom Platz – die Heimfans schimpfen. Bilici schleicht mit hängendem Kopf vom Rasen, "die erste im Herrenbereich", sagt der immerhin schon 26-Jährige über die zu harte Entscheidung.

Dieser Platzverweis ist eine Art Schlüsselszene der Partie, die für Cagri sehr gut beginnt: Defensiv stabil, mit ordentlichem Spielaufbau. Zwar hat BaKi nach einem feinen Angriff über Kiendl und Sekita die erste Chance der Partie, die Kontrolle aber hat zunächst die Heimelf. Neuzugang Mehmet Bilici (kam von Dergahspor) markiert einen sicheren Innenverteidiger, Neuzugang Ahmet Aydin (ASV Vach) ist ballsicher und auf der Sechs für den Spielaufbau zuständig. Neuzugang Okcan Tekdemir, auf der Zehn, bereitet mit einem Diagonalball die Führung durch den quirligen Neuzugang Iki Schmidt (SpVgg Diepersdorf) vor; hinter Schmidt agiert Neuzugang Leonardo Lugbunari (SC Germania) als stabiler Linksverteidiger. Im Kasten und mit einer über 90-minütigen souveränen Strafraumpräsenz: Bechloul Memet (Dergahspor). Später wird dann auch noch der bayernligaerfahrene Volkan Örken eingewechselt, dem aber noch sichtbar die Spielpraxis fehlt.

Doch schon lange vor der roten Karte stellt die Elf von Coach Yasin Sümer das Spielen ein: Zu fahrig die Aktionen nach vorne, zu viele Verstrickungen in Zweikampfsituationen, zu wenig Augen für den Mitspieler. Es wird das Erwartbare deutlich: dass da eine Mannschaft noch nicht ineinander greift.

"Das Team hat in dieser Konstellation noch nie zusammengespielt; die Vorbereitung war kurz, man hat die Müdigkeit gemerkt, und dass wir noch nicht bei 100 % sind", wird Coach Yasin Sümer nach dem Spiel sagen. Kürzlich erst ging der Ramadan zu Ende, mit Necati Güler und Ismail Yüce sind zudem zwei seiner wichtigsten Pfeiler im Urlaub. "Bei uns Türken ist das so: Wir arbeiten das ganze Jahr, dann fasten wir – und dann fahren wir in den Urlaub", bringt es Okcan Tekdemir auf eine Formel. Meist fällt dieser Urlaub mit dem Saisonstart zusammen: "Wenn dir deine Achse fehlt, ist es schwer. Deswegen bin ich mit dem Punkt schon zufrieden", sagt Sümer.

Dass es am Ende nur ein Zähler wird, liegt an einem Elfmeter, den Enes Celik an Alexander Sekita verursacht. Cihan Kiymaz verwandelte sicher (72.). Zuvor schon dominiert der Gast die Partie in Überzahl, ohne dabei aber große Torchancen zu kreieren. Zehn Minuten vor Ende muss bei Cagri auch noch Tolga Dogan mit Gelb-Rot runter. Zu neun erkämpfen sie sich den 1:1-Endstand in einer Partie, nach der für beide Teams noch Luft nach oben sein wird.

Doch hat Cagri soviel Luftvorrat, dass es für ganz vorne reicht? "Favorit? Davon möchte ich gar nichts hören", sagt Coach Sümer. "Favorit sollte eine Mannschaft sein, die seit zwei Jahren zusammenspielt, in der jeder genau weiß, wer wann wohin läuft. Das ist bei uns noch lange nicht so, das geht nicht von heute auf morgen". Besser als in der vergangenen Saison will er abschneiden, auf diese Sprachregelung haben sie sich bei Cagrispor verständigt.

Mit der Kommunikation haperts nach Spielende am Parkplatz vor dem Zeppelinfeld: Ein BMW hat einen anderen zugeparkt, der Besitzer ist nirgends aufzutreiben. Der Geschädigte schimpft in der prallen Sonne, vom Soldier-Field dröhnen Hip-Hop-Bässe, aus dem Frankenstadion die Tonspur des Spielfilms, "Wie konnte König Hiskia fest zu Jehova halten, als Jerusalem belagert wurde". Fußball war eindeutig Nebensache an diesem Tag.

Schiedsrichter: Florian Leschka (Röttenbach) - Zuschauer: 150
Tore: 1:0 Amornwut Schmidt (7.), 1:1 Cihan Kiymaz (72. Foulelfmeter)
Platzverweise: Gelb-Rot gegen Tolga Dogan (80./Cagrispor Nürnberg), Rot gegen Ayhan Bilici (42./Cagrispor Nürnberg)

Aufrufe: 018.7.2016, 14:12 Uhr
Jan MauerAutor