2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines

Erstes Tor ist schon die Vorentscheidung

FUSSBALL-REGIONALLIGA: SV Rödinghausen nutzt beim 3:0-Sieg die Verunsicherung bei RW Essen

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Essen. „Wer 1:0 führt, der stets verliert“, lautet eine Fußballerweisheit, deren Wahrheitsgehalt allerdings beim 3:0-Sieg des SV Rödinghausen in der Fußball-Regionalliga West bei RW Essen eindrucksvoll widerlegt wurde. Die 1:0-Führung der Gäste durch Kapitän Sören Siek in der 57. Minute war nämlich zweifelsfrei mehr als nur eine Vorentscheidung.

Die nach der bislang schwachen Rückrundenbilanz der Gastgeber und den Querelen um den entlassenen Sportvorstand Uwe Harttgen ohnehin angespannte Stimmung unter meisten der 6.100 Zuschauern im schmucken Stadion an der Hafenstraße erlitt nochmals einen herben Dämpfer. Das schien auch die Mannschaft auf dem Rasen nach dem Gegentor zu lähmen. Anders ist es kaum zu erklären, dass die Rödinghauser Abwehr auch in der Folge kaum einmal brenzlige Situationen zu überstehen hatte. Statt energischer Essener Angriffe unterlief RWE-Innenverteidiger Leon Binder in der 70. Minute ein schwerer Schnitzer, so dass SVR-Angreifer Marius Bülter sich frei vor dem Tor in aller Seelenruhe die Ecke aussuchen konnte und zum 2:0 traf.
Das 3:0 durch Florian Rüter nach einem sehenswerten Konter in der Nachspielzeit wurde von Teilen des Essener Anhangs dann sogar mit „Zugabe, Zugabe“-Rufen quittiert, während die übrigen Zuschauer „Fascher raus“ und „Wir haben die Schnauze voll“ skandierten.
„Das 1:0 hat uns natürlich sehr geholfen, die Stimmung ist da eigentlich schon gekippt“, meinte Sören Siek nach dem Spiel. „Wir sind in der zweiten Halbzeit aber auch deutlich mutiger aus der Kabine gekommen. Wir haben aus dem Spiel in Aachen gelernt, als wir guten Fußball gespielt haben, aber ohne Punkte nach Hause gefahren sind.“
Allerdings mussten die Gäste im ersten Durchgang auch die eine odere brenzlige Situation vor dem eigenen Tor überstehen. So zielte Tim Hermes in der 23. Minute nur ganz knapp vorbei. In der 38. Minute düpierte Sven Kreyer SVR-Innenverteidiger Ihsan Kalkan, sein Schuss strich jedoch um Zentimeter am Tor vorbei. „Da haben wir etwas Glück gehabt“, räumte auch Siek ein. Der Rödinghauser Kapitän spielte dabei auch auf eine Szene in der 9. Minute an, als er Essens Leon Binder auf Höhe der Mittellinie rüde von hinten umgrätschte. Schiedsrichterin Marija Kurtes zeigte zum allgemeinen Erstaunen jedoch nicht einmal die gelbe Karte. „Da gibt es auch Schiedsrichter, die dafür sogar Rot ziehen“, gestand auch Siek ein.
Der defensive Mittelfeldspieler des SVR durfte jedoch weitermachen und zeigte fortan im Verbund mit dem ungemein laufstarken David Müller im zentralen Bereich eine ganz starke Leistung. Nachdem die Gäste im ersten Durchgang vorrangig die Sicherung des eigenen Tores im Blick hatten, kamen sie nach dem Wechsel jdeutlich zielstrebiger aus der Kabine und sorgten bereits kurz nach Wiederanpfiff durch einen Schuss von Marius Bülter, den RWE-Torhüter Niclas Heimann noch soeben über die Latte lenkte, für das erste offensive Ausrufezeichen.
Aus dem folgenden Eckstoß resultierte dann das 0:1, als der Ball zunächst abgewehrt wurde, von der linken Seite jedoch diagonal zu Siek gelangte, der per Volleyabnahme im Fallen Heimann keine Chance ließ. „Das Tor hat uns natürlich in die Karten gespielt“, stellte Rödinghausens Trainer Mario Ermisch fest. Sein Essener Kollege Marc Fascher sorgte zehn Minuten später für weiteren Zündstoff im Lager der Rot-Weißen, als er Tim Hermes, bis dahin agilster Essener Akteur, durch Kevin Freiberger ersetzte. Auch diese Umstellung half dem Essener Spiel nicht. Der SVR hatte nun alles im Griff und schaukelte nach dem 2:0 das Spiel locker nach Hause.
„Eigentlich ist es schade, dass Essen nicht Tabellenführer war. Solche Spiele in so einem Stadion machen einfach richtig Spaß, dafür spielt man Fußball“, schwärmte Siek und blickte bereits auf die Partie am kommenden Mittwoch gegen Spitzenreiter Borussia Mönchengladbach II voraus. „Da haben wir nichts zu verlieren. Es läuft zur Zeit ganz gut bei uns, das Selbstvertrauen ist da und wir arbeiten einfach gut gegen den Ball.“


Freude nach dem Abpfiff: Marius Bülter (v. l.), René Wederz und Betreuer Ismail Ismailoglu bejubeln den Auswärtssieg.


Bei aller Freude über den Überraschungscoup hatte man beim SVR jedoch auch die Tabelle im Blick, in der die Rödinghauser nun wieder elf Zähler auf den ersten Abstiegsplatz aufweisen. „Nach dem Schalker 4:1-Sieg beim 1.FC Köln II waren das echte Big Points“, betonte Torschütze Marius Bülter. „So sieben bis acht Punkte sollten wir noch holen, dann haben wir einen ruhigen Mai“, ergänzte Siek.

Marc Fascher (RW Essen): „Glückwunsch an den SV Rödinghausen. Das war ein insgesamt verdienter Sieg. Die erste Halbzeit von uns war noch akzeptabel, da hatten wir ein, zwei halbe Chancen. Allerdings hat uns die letzte Überzeugung in der Offensive auch da schon gefehlt, das Team strotzt derzeit nicht gerade vor Selbstvertrauen. Das 0:1 hat uns den Zahn gezogen, so dass wir keine Antwort gefunden haben. Nach dem 0:2 war die Messe dann endgültig gelesen.“
Mario Ermisch (SV Rödinghausen): „Wie man sich vorstellen kann, bin ich nicht unzufrieden. Wir hatten uns vor dem Spiel vorgenommen, möglichst lange ein 0:0 zu halten, um Verunsicherung bei RW Essen zu schaffen. Wir lesen auch Zeitung und wussten um die Situation hier. Dass die Heimmannschaft die eine oder andere Torchance hat, ist völlig normal. Wir haben auch in der ersten Hälfte schon versucht, nach vorne zu spielen, da fehlte allerdings der letzte Zug zum Tor. So war das 0:0 zur Pause in Ordnung. Das 1:0 war dann sehr wichtig für uns. Ein 3:0 bei RW Essen ist für einen Dorfverein, als der wir von der Tribüne betitelt wurden, nicht so schlecht.“


Frust bei den Gastgebern: Nach dem 0:2 machten die Essener Fans ihrem Unmut lautstark Luft.


Marius Bülter (SV Rödinghausen): „Wir haben über 90 Minuten gut gekämpft. Zur Halbzeit haben wir noch einmal angesprochen, uns nach vorne deutlich mehr zuzutrauen. Das 1:0 war dann schon fast entscheidend, da ist die Stimmung im Stadion gekippt. In der zweiten Halbzeit waren wir die bessere Mannschaft und haben verdient gewonnen.“

Aufrufe: 030.3.2015, 09:36 Uhr
Björn Kenter (Text und Fotos)Autor