2024-05-14T11:23:26.213Z

Vereinsnachrichten
Ungeklärte Zukunft: Alexander Bieler (links) und Aziz Bouhaddouz (rechts) von der Leverkusener U23., Foto: Uli Herhaus
Ungeklärte Zukunft: Alexander Bieler (links) und Aziz Bouhaddouz (rechts) von der Leverkusener U23., Foto: Uli Herhaus

"Die U23 ist ein wertvoller Baustein"

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VDV-Geschäftsführer Ulf Baranowsky spricht im Interview über die Bedeutung der Reservemannschaften und kritisiert den Entschluss der DFL: Es sei kein positives Signal für die Nachwuchsförderung und die U23 ein wertvoller Baustein.

Herr Baranowsky, am Montag haben die Geschäftsführer der Erst- und Zweitligavereine auf der Tagung der Deutschen Fußball-Liga (DFL) in Frankfurt mit großer Mehrheit beschlossen, dass U-23-Mannschaften künftig auf freiwilliger Basis existieren. Wie haben Sie diesen Entschluss bei der Spielergewerkschaft VDV aufgefasst?

Ulf Baranowsky: Es gilt zunächst, die weitere Entwicklung abzuwarten. Stand jetzt rechne ich nicht damit, dass viele Lizenzklubs kurzfristig auf ihre Reservemannschaft verzichten werden.

Was macht Sie da so sicher? Bayer 04 Leverkusen hat den Antrag ja nicht grundlos gestellt. Dem Anschein nach plant der Verein, seine zweite Mannschaft vom Spielbetrieb abzumelden.

Baranowsky: Die Klubs sind für die Zukunft gut beraten, wenn sie weiter mit ihren Reserveteams planen. Denn sie stellen eine kostengünstige Lösung dar, Jugendspieler an den Profibereich heranzuführen. Die Karriereverläufe vieler deutscher Nationalspieler belegen, dass die Reservemannschaften wertvolle und notwendige Brücken zu einer erfolgreichen Profikarriere sind.

DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig hat betont, die Entscheidung sei keine gegen die Nachwuchsförderung. Sehen Sie das anders?

Baranowsky: Es ist zumindest kein positives Signal für die Nachwuchsförderung. Darum müssen kritische Anmerkungen erlaubt sein. Neben der Abwägung in Sachen Talentförderung müssen die Klubs zudem bedenken, dass die Reservemannschaft notwendig ist, um Profis nach langen Verletzungen wieder Spielpraxis zu geben und sie so auf das erhoffte Leistungsniveau zurück zu bringen.

Darüber hinaus berauben sich die Klubs einer Chance. Ein Reserveteam fungiert auch als wertvolles Reservoir für Ergänzungsspieler, auf die in Zeiten von verletzungs- oder erkrankungsbedingten Ausfällen beim Profiteam zurückgegriffen werden kann. Alternativ müssten die Klubs sonst nämlich unerfahrene U-19-Jugendspieler einsetzen oder den Kader des Profiteams mächtig aufpumpen. Gerade letzteres ist aber eine sehr kostenintensive Lösung, die auch im Hinblick auf die dann sicherlich verstärkt auftretende Unzufriedenheit der Ergänzungsspieler nicht unproblematisch ist.

Nun hat die U23 von Bayer 04 länger keinen Leverkusener Bundesligaprofi mehr hervorgebracht, und die Lizenzspieler holen sich die Spielpraxis in der Regionalliga eher widerwillig. Sollte der Verein trotzdem an der Mannschaft festhalten?

Baranowsky: Um das Reserveteam als Talentschmiede für die eigenen Profis nutzen zu können, muss es auch als solche interpretiert werden. Bayern München ist sicherlich ein hervorragendes Beispiel. Und auch Borussia Dortmund hat zuletzt erfolgreich Talente aus dem Reserveteam in die Bundesligamannschaft integriert, anstatt gestandene Profis einzukaufen. Auch die Leverkusener Reserve hat Talente wie beispielsweise Marian Sarr oder Fabian Giefer hervorgebracht, die nun bei anderen Klubs erfolgreich sind. Für Klubs, die ihre Reservemannschaft ernst nehmen, ist sie ein wertvoller Baustein.”

Sie sehen den möglichen Wegfall der Reserveteams als Gewerkschaftler nicht nur aus Sicht der Vereine, sondern auch der Spieler. Salopp gesagt: Es fallen Arbeitsplätze weg.

Baranowsky: Die Zahl der Mannschaften bleibt gleich. Die Frage lautet vielmehr, ob die nachrückenden Traditionsklubs Arbeitsplätze auf gleichem finanziellen Niveau anbieten können. Noch mal: Die Erfahrung zeigt, dass die Klubs, die ihre Reserveteams sinnvoll beackern, am Ende auch die Früchte ernten.

Das Gespräch führte Sebastian Fischer

Zur Person

Ulf Baranowsky (geboren 1974) ist Geschäftsführer der Vereinigung der Vertragsfußballspieler (VDV). Er ist Magister der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, Soziologie und Sportwissenschaft sowie vom DFB lizenzierter Trainer und Vereinsmanager.

Düsseldorf zu Gast

Die U23 von Bayer 04 Leverkusen empfängt am Freitagabend (19.30 Uhr) im Haberland-Stadion die Reserve von Fortuna Düsseldorf. „Wir haben endlich mal einen richtig ordentlichen Lauf. Den möchten wir natürlich gern fortsetzen”, sagt Teammanager Dirk Dreher, dessen Zukunft wie die der gesamten Leverkusener U23 weiter ungewiss ist.

Nach dem Entschluss der DFL, den Klubs die Entscheidung über die Zukunft ihrer U23 selbst zu überlassen, soll es in Leverkusen in der nächsten Woche Gespräche „mit allen Entscheidungsträgern” geben, kündigte Bayer 04-Kadermanager Michael Reschke an. „Wir lassen uns nicht treiben, es gibt Gründe dafür oder dagegen, und es ist sicher keine Schwarz-Weiß-Entscheidung”, sagte er. Er räumte ein, dass es intern Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Zukunft der Nachwuchsabteilung gebe. (sef)

Aufrufe: 027.3.2014, 18:36 Uhr
Kölner Stadt-Anzeiger/Sebastian FischerAutor