2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Thomas Bergmann ist Vizepräsident des SWFV.
Thomas Bergmann ist Vizepräsident des SWFV.

"Die Einheit ist ein wertvolles Gut"

Fußball-Multifunktionär Thomas Bergmann verteidigt die Profis gegen Kritik der Amateure

ALZEY. Immer wieder gibt es mal Dissonanzen zwischen dem Lager der Profifußballer und dem des Amateurfußballs. Das, sagt Thomas Bergmann, Vizepräsident beim Südwestdeutschen Fußballverband, liegt in der Natur der Sache. Er sagt aber auch, dass diese weltweit einzigartige Allianz für alle Akteure ausgesprochen wertvoll ist – und der Alzeyer hat gute Gründe dafür.

Herr Bergmann, immer wieder flammt der Vorwurf von den Amateur-Vereinen auf, der Profifußball sei ihnen gegenüber rücksichtslos. Wie stehen Sie dazu?

Es ärgert mich, weil wir keinen Keil zwischen Amateure und Profis treiben sollten. Als Funktionär im Regionalverband, im Südwestdeutschen Fußballverband und im Deutschen Fußball-Bund bin ich vielen Bereichen verpflichtet und sehe tagtäglich, wie viele Vorteile dieser Schulterschluss zwischen Amateuren und Profis hat. Ich bin der Überzeugung, dass eine Spaltung vor allem zu Lasten der Amateure ginge. Und das nicht nur, weil wir von vielen europäischen Verbänden ob dieser einzigartigen Einheit beneidet werden. In Spanien oder England, beispielsweise, gibt es sie nicht.

Sondern?

Die Diskussion wird oft zu eindimensional geführt. Etwa im Vorfeld des nun verabschiedeten Grundlagenvertrages, wo seitens der Amateurvereine die weitere Flexibilisierung des Spielplans, und damit eine mögliche Ausweitung der Fernsehübertragungen, mit dem Argument kritisiert wurde, das koste den Amateurfußball weitere Zuschauer. Mal abgesehen davon, dass diese Behauptung in Anbetracht der Erfahrungen etwa in den Länderspiel-Pausen infrage zu stellen ist, gibt es Vorteile, die die Amateurvereine haben, die in dieser Debatte aber völlig unter den Tisch fallen.

Die wären?

Die Elitenförderung, die von Profivereinen in den Nachwuchsleistungszentren geleistet wird. Nur ein Bruchteil dieser Talente wird Profi, die meisten hingegen kommen als hochqualifizierte Fußballer in den Amateurbereich. Dann gibt es im Fußball, anders als beispielsweise im Eishockey, wegen der Einheit auch ein durchlässiges Wettkampfsystem. Theoretisch kann ein „kleiner“ Verein bis in die Bundesliga aufsteigen. Diese Durchlässigkeit ist ein oft verkannter Wert. Dann haben wir eine enge Verzahnung zwischen Profis und Amateuren im Nachwuchs – die Jugend von namhaften Vereinen spielt im Liga-Betrieb auch gegen weniger namhafte Klubs, was deren Attraktivität wiederum steigert. Dann gibt es beispielsweise die Einrichtung der DFB-Stützpunkte, wo viele Nachwuchsfußballer die Chance haben, kostenlos bei hochqualifizierten Trainern zu lernen. Oder das DFB-Mobil, durch das enorme Basisarbeit geleistet wird. Das kann der Deutsche Fußball-Bund den Amateuren bieten, weil es die Solidarität der Profis gibt.

Das hilft den Klubs aber nicht, wenn sie mangels Zuschauern am Hungertuch nagen ...

Noch einmal: Es sind nicht per se die deutschen Profivereine und deren Fernsehpräsenz, weshalb das Zuschauerinteresse am Amateurfußball zurückgeht. Das liegt am veränderten Freizeitverhalten. Es gibt heute die Möglichkeit, fast rund um die Uhr Fußball im TV zu schauen. Es ist ein Trugschluss zu glauben, wenn wir einen bundesliga-freien „Amateurfußball-Tag“ hätten, dass viele das Fernsehen abschalteten, um das Amateurspiel vor der Haustür live zu sehen. Lediglich andere Ligen hätten einen Vorteil, weil sie die Nische besetzten, die Deutschlands Profis gelassen hätten. Darüber hinaus sollten wir Fußballer froh sein, dass wir eine derart hohe Fernsehpräsenz haben. Das ist auch nicht selbstverständlich.

Könnten Sie das näher erläutern?

Das Interesse speist sich auch aus dem Erfolg, den unsere Nationalmannschaft und unsere Profivereine haben. Dass Wettbewerbsfähigkeit und Erfolg in aller Regel ihren Preis haben, ist hinlänglich bekannt. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass wir den Profivereinen Möglichkeiten zugestehen müssen, um Einnahmen zu generieren. Und wenn es durch eine Flexibilisierung ihrer Spielpläne ist. Was im Übrigen auch wieder Amateurvereinen zu Gute kommt. Im Mai nächsten Jahres gibt es wieder einen Endspieltag, an dem alle Landesverbände ihre Pokalfinale austragen. Diese Amateurspiele werden im Fernsehen übertragen. Dass dies realisiert werden kann, liegt auch am guten Kontakt der Profivereine zu den Medien.

Soll das heißen, dass das Amateurlager in Zukunft besser schweigt?

Nein. Natürlich haben beide Lager unterschiedliche Interessen, die von Zeit zu Zeit neu austariert werden müssen. Da werden auch hinter den Kulissen teils heftige Diskussionen geführt. Aber ich meine, der nun ausgehandelte Grundlagenvertrag zwischen Deutscher Fußball-Liga und Deutschem Fußball-Bund, der für die nächsten sechs Jahre gilt, ist ein guter Kompromiss. Für die Profis, wie für die Amateure.

Das Interview führte Claus Rosenberg.



Aufrufe: 014.12.2016, 18:00 Uhr
Claus RosenbergAutor