2024-06-14T14:12:32.331Z

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Zurzeit nur noch Punktelieferant: Der ATV 1873 Frankonia (weiße Trikots). F: Weigert
Zurzeit nur noch Punktelieferant: Der ATV 1873 Frankonia (weiße Trikots). F: Weigert

Das Süder Herz ist voller Melancholie

Nach der Fusion mit dem ATV Frankonia macht sich in der Werderau Unzufriedenheit breit

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0:1, 1:2, 1:8. Der Fusionsverein ATV 1873 Frankonia ist denkbar schlecht in diese Kreisliga-Spielzeit gestartet. Das 0:5 (0:3) gegen den STV Deuten­bach offenbart neben spielerischen Mängeln vor allem auch Unzufrieden­heit über den Zusammenschluss von SV 73 Süd und ATV Frankonia.
90 Minuten lang ist Manfred Wild weitgehend still. Mitte der zweiten Halbzeit erträgt er das Gekicke seiner Mannschaft nur noch mit sarkasti­schen Kommentaren, von Wut aber keine Spur. Selbst als einer seiner Spieler in der Schlussphase – fragwür­dig – mit Rot vom Platz fliegt und mit nicht zitierfähigen Aussagen um sich wirft, bleibt der Trainer des ATV 1873 erstaunlich ruhig. Und doch muss der Schlusspfiff in dieser einseitigen Par­tie für Manfred Wild einer Erlösung gleichgekommen sein.

Als sich der 55-Jährige wenig spä­ter auf dem Rasen einigen Fragen stellt, ist es mit der Stille allerdings vorbei. Wie fühlt man sich nach so einem Saisonstart? „Mein Nachname ist Wild, noch Fragen?“ Hat man mit einer Leistung wie an diesem Nachmit­tag überhaupt etwas in der Kreisliga verloren? „Hmm... Das Schweigen der Lämmer.“ Nur langsam kommt der langjährige Süder Jugendtrainer in dieses Gespräch, das am Ende mehr als 20 Minuten dauern wird.

Aus jedem Satz, den Manfred Wild spricht, ist Enttäuschung herauszu­hören. Enttäuschung über die dargebotene Leistung gegen keineswegs übermächtige Deutenbacher, Enttäu­schung vor allem über den Schritt, „seinen“ SV 73 Süd mit dem ATV Frankonia zusammenzuschließen. Denn damit hätten viele Probleme ja begonnen. Lange galten die Süder als Aushängeschild im Amateurfußball, „wir waren im Jugendbereich nach dem FCN der erste Ansprechpartner“.

Manfred Wild hat dazu viel beigetra­gen, er hat Juniorenmannschaften in die Landesliga geführt und gegen Ende der Saison das Amt als Cheftrai­ner an der Maiacher Straße übernom­men. Früh stand fest, dass er auch beim Fusionsverein die Geschicke lei­ten soll. Doch nach dem Ende der abgelaufenen Saison war nichts mehr, wie es war: „Wir hatten einen riesigen Aderlass an Spielern“, sagt Wild.

Aus Frankonia-Reihen ist ein Spie­ler übrig geblieben, auch viele Süder haben dem Verein den Rücken gekehrt. Manfred Wild kann nicht ver­hehlen, dass vielen „die Marke Süd, ich sage bewusst die Marke, denn das waren wir“ gefehlt hat im neuen Namen. „Und dann holen höherklassi­ge Vereine unzählige Spieler aus unse­rer Jugend und wir bekommen nichts, keine Aufwandsentschädigung.“ Falsche Versprechungen würden die jungen Leuten bei höherklassigen Vereinen gemacht. Dabei, klagt Wild, „würde es jedem guttun, erst in der Kreisliga in den Erwachsenenbereich reinzuschnuppern.“

Rücktrittsgedanken

Wer vor Anpfiff die Aufstellung der Gastgeber aufmerksam liest, findet nur drei Spieler, die älter als Baujahr 1990 sind. Viele schnuppern also wirk­lich mal in die Kreisliga, doch weder ist davon der Großteil aus der Süder Jugend, noch ist es die erste Elf, die Wild gerne aufbieten würde. Und so macht sich Unerfahrenheit breit in diesem Spiel, in dem die Gäste nach fünf Minuten führen, nach zehn Minu­ten mit 2:0. Torchancen erarbeitet sich der ATV 1873 Frankonia (Wild: „Bis man diesen langen Namen erst einmal ausgesprochen hat.“) nicht. Stattdessen kombinieren die Gäste nach Lust und Laune, insgesamt fünf Gegentreffer sind das Resultat.

„Wie soll ich auch etwas trainieren, wenn im Training nur sechs Leute sind“, moniert Wild. Denn auch die Urlaubszeit schlägt beim Fusionsver­ein voll durch, dazu eine lange Liste an Verletzten. Abschreiben will der 55-Jährige die Spielzeit, die er als „Sabbatjahr“ bezeichnet, aber noch nicht: „Wenn alle Spieler da sind, kön­nen wir es schaffen.“ Das wird dau­ern. Ob Wild dann noch da ist, wird sich zeigen. „Nach dem ersten Heim­spiel gegen Roßtal hat es einen Disput gegeben. Ich habe mit dem Gedanken gespielt, mein Amt zur Verfügung zu stellen“, erzählt der Trainer. Warum tut er sich all das überhaupt an? „Wir haben viele Leute verloren durch die Fusion“, sagt er. „Aber bei mir schlägt das Süder Herz noch.“ Und egal, was andere sagen: In der nächsten Woche wird Manfred Wild wieder demonstrativ mit dem Logo sei­nes SV 1873 Süd auf der Brust auftre­ten und die Erinnerung hochhalten.

Aufrufe: 025.8.2015, 09:06 Uhr
Michael FischerAutor