2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligabericht
Hab dich! Der Ball ist meist Christoph Eberles sichere Beute. Davon zeugen erst 21 Ligagegentore in 19 Spielen mit Beilngries.  Foto: uni
Hab dich! Der Ball ist meist Christoph Eberles sichere Beute. Davon zeugen erst 21 Ligagegentore in 19 Spielen mit Beilngries. Foto: uni

Christoph Eberle: Torwart mit Torriecher

Der 36-Jährige ist Keeper beim FC Beilngries, tritt dort erfolgreich die Elfmeter und steht jetzt als Ostbayerns Fußballer 2016 zur Wahl.

Als Bub stand Christoph Eberle am Spielfeldrand und beobachtete mit großen Augen diese unerschrockenen Handschuhträger zwischen den Torpfosten. Mal schmissen sie sich wagemutig ihren Gegenspielern entgegen, mal hechteten sie spektakulär nach Bällen. Immer verließen sie nach dem Abpfiff das Spielfeld mit schmutzigem Gesicht und verdrecktem Dress. Das hinterließ Eindruck.

„Mir hat es schon immer imponiert, dass jemand da hinten drin steht und sich für die Mannschaft in den Dreck haut. Als Torwart durfte, ja musste man dreckig werden“, was dem achtjährigen Dreckbären Christoph freilich ganz besonders gefiel. Hatte er doch als Torwart die seltene Erlaubnis, seine Bekleidung ganz offiziell versauen zu dürfen – toll für den E-Jugendlichen Nachwuchskeeper des VfB Kipfenberg, nicht ganz so super für seine Wäschewaschende Mama. Heute reinigt Christoph Eberle seine Wäsche längst selbst, steht mit seinen 36 Jahren aber immer noch mit derselben Begeisterung im Tor wie vor knapp drei Jahrzehnten. Weil er im Trikot des Bezirksligisten FC Beilngries, das er seit 16 Jahren stolz überstreift, konstant guten Leistungen zeigt, ist Eberle als Ostbayerns Fußballer des Jahres 2016 von der FuPa-Redaktion und der MZ nominiert.


Eine Überraschung und große Ehre

Für den bodenständigen Versicherungskaufmann, dem jegliches Aufhebens um seine Person schwerlich behagt, eine Überraschung. „Damit habe ich niemals gerechnet. Es freut mich wahnsinnig und ist eine Ehre für mich“, sagt Eberle. Weil er ein Teamplayer vom Fußball- bis zum Handschuh ist, sagt er dann auch diesen Satz: „Dass ich zur Wahl stehe, daran haben auch meine Mitspieler großen Anteil.“ Und lässt noch einen selbstironischen Kommentar folgen: „Vielleicht ist das in meinem Fall ein Rentenpreis und ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass es Zeit wird für mich, aufzuhören?!“

„Christoph ist ein Fußballer alter Schule.“ Trainer Christoph Karch über seinen Keeper

Mit seinen 36 Jahren ist Eberle tatsächlich der älteste Spieler, der in der aktuellen Bezirksligasaison das Trikot des FC Beilngries übergestreift hat. Seiner konstant guten Leistung tut das keinen Abbruch. Eberle hat keine Ligasekunde verpasst, ist immer da, wenn ihn die Mannschaft braucht, mit der er aktuell auf dem zehnten Platz steht und in 19 Spielen erst 21 Gegentreffer kassiert hat. Seine Leidenschaft für den Fußball, sein Teamdenken und seine Zuverlässigkeit machen ihn für Spielertrainer Christoph Karch, der drei Jahre jünger ist als Eberle, zu einem tragenden Eckpfeiler der Mannschaft. „Christoph ist sehr ehrgeizig, ein Fußballer der alten Schule. Er lebt den Fußball hundertprozentig, ordnet ihm vieles unter“, weiß Karch, der mit seinem Torhüter ein freundschaftliches Verhältnis pflegt. Der Coach kann sich stets auf seinen Torwart verlassen. Seine Urlaube legt Eberle prinzipiell in die spiel- und trainingsfreie Zeit, das ist selbstverständlich für ihn, den Keeper der alten Schule. Längst nicht jeder Hobbykicker hält es genauso strikt mit der Freizeitplanung wie Eberle. Der routinierte Haudegen hat sich zwangsläufig damit arrangiert, dass sich die Prioritäten bei den Kollegen im Amateurfußball im Lauf der Jahre verschoben haben. Verstehen kann er das aber nicht.

Ein impulsives Auftreten

Wenn Eberle auf dem Platz steht, dann sorgt er eindrucksvoll dafür, wahrgenommen zu werden. Sein Trainer beschreibt dessen Auftreten auf dem Feld als impulsiv, extrovertiert, lautstark – abseits das Rasenvierecks sei Eberle hingegen ein umgänglicher, freundlicher Typ. Während des Spiels allerdings „ein im besten Sinne positiv Verrückter“, der sich lautstark Gehör bei den Kollegen verschafft. Der Spieler Karch hat das früher am eigenen Leib erlebt („Ich habe auch ab und zu mein Fett wegbekommen“). Zum Glück sei er aber meist weiter entfernt vom schreienden Torwart gestanden, „ein Vorteil, wenn man Stürmer ist“, amüsiert sich Karch. Eberle will seine mitunter knackigen Anweisungen indes „als Hilfestellung an die Kollegen“ verstanden wissen. Sie seien die einzige Möglichkeit für einen Torhüter, im Spiel zu bleiben, es aktiv mitgestalten zu können. „Klar kann der Ton da schon mal rauer werden“, weiß der Keeper, aber nach dem Spiel ist sowieso alles immer wieder „vergeben und vergessen“. Im Torwartspiel verfügt Eberle neben einem imposanten Sprachorgan auch noch mit seinen 36 Jahren über herausragende fußballerische Fähigkeiten. „Im Eins-gegen-Eins und auf der Linie ist er ganz stark“, lobt sein Coach. Zudem könnten ihm die Mitspieler auch kniffelige Pässe zuspielen. Kein Problem für den spielenden Torhüter, „der fußballerisch sehr gut ausgebildet ist und links wie rechts kann“.

Die technischen Grundlagen wurden in jungen Jahren vor allem beim 1. FC Nürnberg und der SpVgg Fürth gelegt, wo der junge Eberle in der C- und B-Jugend (Club) sowie in der A-Jugend (Kleeblatt) spielte. Über den Umweg MTV Ingolstadt kam er 2000/2001 schließlich nach Beilngries. Dass es für den ehrgeizigen Torwart letztlich nicht zu einer höherklassigen Karriere gereicht hat, mag an seiner mit 1,83 Metern für einen Keeper vergleichsweise geringen Körpergröße gelegen haben. Vielleicht hätte er damals auch noch ein Jahr in der A-Jugend der Fürther dranhängen sollen, mutmaßt Eberle. Freilich habe er in seinem Torwartspiel auch Defizite, aber: „Darüber redet man nicht. Man arbeitet daran, sich zu verbessern.“ Mit dem Verlauf seiner Karriere sei er aber „absolut zufrieden. Ich freue mich immer, wenn ich zurückblicke“.

Besondere Momente in seiner Laufbahn waren und sind immer wieder Elfmetersituationen. In den drei Jahrzehnten als Vereinskeeper sah sich der Torwart bis heute immer wieder Spielern gegenüber, die den ruhenden Ball vom Kreidepunkt auf seinen Kasten schossen – meist mit Erfolg. „Als Elfmeterkiller würde ich mich nicht unbedingt bezeichnen“, befindet Eberle. Besser sieht seine Quote schon als Strafstoßschütze aus. Denn Eberle verwandelt lieber vom weiß eingekreideten Punkt, als dass er abgefeuerte Strafstöße pariert. Seit Jahren ist er beim FC Beilngries der Experte, wenn es darum geht, den Ball aus elf Metern vorbei am Keeper ins Netz zu schießen. Niemand kennt die Psyche eines Torwarts eben besser als ein Torhüter selbst. Zwei Tore hat er in dieser Bezirksligasaison bei zwei Versuchen bereits erzielt. In den vergangenen acht Jahren kommt er auf insgesamt zehn Tore bei zwölf Strafstößen. Wohin er schießt, das entscheidet Eberle spontan, eine Lieblingsecke habe er nicht.

Auch wenn das Treten der Elfmeter nicht seine Kernkompetenz sei, weiß Eberle um die Grundvoraussetzung für einen Torerfolg: „Nervös darfst nicht sein!“ Das sei er auch nie, weshalb er wohl so häufig trifft. Wie lange er noch aktiv für seinen Verein zum Elfmeterpunkt schreiten und seine Karriere fortsetzen wird, ist noch nicht sicher. So lange er gesund bleibe, Spaß am Fußball habe und vom Team gebraucht werde, sieht Eberle vorerst keinen Grund, aufzuhören.

Eine Institution im Verein

Einfach so die Schuhe an den Nagel hängen und dem Verein den Rücken kehren, das geht sowieso nicht. Christoph Eberle ist eine Institution beim FC Beilngries, seit Jahren ein prägendes Gesicht, das Identifikation stiftet. Die Meinung des Torwarts hat im Verein Gewicht. Der Trainer fragt ihn immer mal wieder um Rat, bei der Sponsorensuche ist er stets behilflich und wenn es um die sportliche Ausrüstung des Teams geht, ist Eberle der Chefeinkäufer. Am liebsten wäre es seinem Coach, wenn der Keeper nach seiner Karriere den Torwarttrainerschein erwirbt und seinem Nachfolger als Keeper-Coach weiterhilft.

„Einen besseren Sohn kann ich mir als Vater nicht wünschen.“ Michael Eberle über den Sohnemann

Das wünscht sich auch Christoph Eberles Vater Michael, der ebenfalls seit vielen Jahren beim FC Beilngries in verschiedener Funktion tätig ist – aktuell fungiert er als zweiter Vorsitzender des Hauptvereins, als Spielleiter der Fußballabteilung und als Betreuer der Bezirksligamannschaft. Für Papa Michael ist die Nominierung seines Sohnes zum Fußballer Ostbayerns des Jahres 2016 „die Anerkennung für dessen konstante Leistungen in den vergangenen mehr als zehn Jahren beim FC Beilngries“. Reibungsfrei ist das Verhältnis der beiden, wenn es um die Analyse der fußballerischen Leistung des Filius geht, nicht immer. Michael Eberle gibt unumwunden zu: „Den eigenen Sohn zu beurteilen, ist immer schwer. Da ist man besonders kritisch.“ Dann sagt er: „Einen besseren Sohn kann ich mir als Vater nicht wünschen.“ Gönnen würde er seinem Sohn die Wahl zum Fußballer Ostbayerns 2016 allemal, auch wenn Christoph Eberle bereits launig angekündigt hat, in diesem Fall seine Karriere wohl auf dem Höhepunkt beenden zu müssen. Bis mit dem aktiven Fußball aber endgültig Schluss ist, wird sich der Routinier weiter unerschrocken in den Dreck werfen, Bälle aus den Torecken hechten und den ein oder anderen Elfmeter verwandeln – alles für das Team.

Hier geht es zur Abstimmung für Ostbayerns Sportler des Jahres auf FuPa.

Aufrufe: 026.12.2016, 13:00 Uhr
Thorsten DrenkardAutor