2024-04-29T14:34:45.518Z

Ligabericht
Eiszeit bei Fortuna: Als das Team im Dezember die neuen Trikots bekam, schien es wieder  ein wenig bergauf zu gehen. Nach dem 0:12-Spielabbruch gegen Glienicke herrscht nun wieder das kalte Grausen in Bredereiche.  Foto: Verein
Eiszeit bei Fortuna: Als das Team im Dezember die neuen Trikots bekam, schien es wieder ein wenig bergauf zu gehen. Nach dem 0:12-Spielabbruch gegen Glienicke herrscht nun wieder das kalte Grausen in Bredereiche. Foto: Verein

Bredereiche bangt um seine Existenz

Am vergangenen Sonnabend stand es im Duell mit Fortuna Glienicke schon nach 30 Minuten 0:12, dann gaben die Grün-Weißen auf

Nach 30 Minuten war schon alles vorbei: In der 1. Fußball-Kreisklasse West gab sich Fortuna Bredereiche im Spiel bei Fortuna Glienicke frühzeitig geschlagen. Aus Sicht der Gäste, die nur mit sieben Akteuren angereist waren, stand es bereits 0:12. Schiedsrichter Steffen Misdziol brach die Partie vorzeitig ab. Für Bredereiche war es der vorläufige negative Höhepunkt eines sportlich kriselnden Vereins.

Eine Rekordkulisse von 1 300 Zuschauern, volksnahe Ex-Bundesliga- und Nationalspieler und aufgeregte Autogrammjäger, die sich auf dem Rasen um die begehrten Unterschriften rangelten. Keine Frage, Fortuna Bredereiche hat schon bessere Zeiten in seiner 92-jährigen Vereinsgeschichte erlebt. Das Gastspiel der Uwe Seeler-Traditionself vor zwei Jahren zum runden Jubiläum gehörte zweifellos dazu.

Christian Lepschies war Teil jener Bredereicher Mannschaft, die gegen die Alt-Stars kickte - für ihn ein unvergessliches Erlebnis. Ebenfalls unvergesslich dürfte auch sein Einsatz am vergangenen Sonnabend gewesen sein. Der Trainer der Fortunen musste wegen Spielermangels als Torwart einspringen, kassierte in Glienicke in einer halben Stunde zwölf Treffer und war nach dem vorzeitigen Spielabbruch bedient. "Für mich war unser Auftritt einfach nur peinlich. Mit sieben Spielern anzureisen geht gar nicht. Ich habe mich richtig mies gefühlt", gab Lepschies nach dem Kurzauftritt seines Rumpfkaders unumwunden zu.

Aber was sollte er auch machen? Ein Nichtantritt wäre dem kleinen Verein teuer zu stehen gekommen. Jede Geldstrafe reißt ein großes Loch in die klammen Kassen. Für den personellen Aderlass, zumindest in diesem Spiel bei Fortuna Glienicke, hat Lepschies aber auch eine Entschuldigung parat. Einige Spieler, die beim Oranienburger Unternehmen Orafol arbeiten, hatten Schichtdienst, andere wiederum sind bei der Bundeswehr tätig. So kam es, wie es kommen musste. Der Bredereicher Coach reiste mit sieben Spielern an.

Die Fusion der Fußballkreise Oberhavel und Barnim im vergangenen Sommer brachte es mit sich, dass Fortuna Bredereiche in die 1. Kreisklasse aufstieg. Für die Vereinsverantwortlichen eine im Nachhinein fatale Entscheidung. "Wir haben uns das Abenteuer 1. Kreisklasse anders vorgestellt", sagt Christian Lepschies. Die sportlichen Erfolge blieben schnell aus, die Auswärtsfahrten sind für die Kicker gefühlte Weltreisen und die berufsbedingten Ausfälle tun ihr Übriges dazu. Die Motivation, weiter für den Traditionsverein aus dem Norden Oberhavels zu spielen, sinkt rapide. Die Konsequenz: Die Trainingsbeteiligung liegt bei null.

Daher will man bei Fortuna Bredereiche auch wieder zurück in die 2. Kreisklasse. "Wir wollen runter, auch wenn wir sportlich die Klasse halten sollten", sagt Lepschies. Denn vier der Spieler wollen nur bleiben, wenn ihr Verein in der niedrigsten Liga kickt. "Wenn die Jungs uns auch noch verlassen, können wir die Tür zuschließen." Sportlich läuft es derzeit ja nach Plan: Bredereiche hält mit fünf Zählern die Rote Laterne fest, ist allerdings nur zwei Zähler vom rettenden Ufer entfernt.

Bei der SG Fortuna geht ohnehin die Sorge um, dass man sich in die Liste der vom Spielbetrieb abgemeldeten Vereine einreihen könnte. Barsdorf, Schmachtenhagen und Lehnitz lassen grüßen. "Nächste Saison sind wir auf jeden Fall noch dabei. Aber wir denken nur von Jahr zu Jahr. Und wer weiß schon, was in Zukunft passiert", sagt Bredereiches Coach. Wenn es um die Existenz seines Vereins geht, will Lepschies auch neue Wege beschreiten. "Wir sollten uns mal Gedanken über eine Fusion mit einem anderen Klub machen", schlägt er vor. Das sei die einzige Möglichkeit, ein abruptes Sterben der Fortuna zu verhindern.Denn einen solchen Moment wie in Glienicke will er auch nicht mehr erleben.

Derweil stellt Steffen Misdziol, Vorsitzender des Spielausschusses, klar, dass das Spiel abgebrochen wurde und somit erst einmal nicht in die Wertung kommt. "Es gibt Festlegungen, die besagen, dass alle Spiele, die nicht über 90 Minuten gehen, dem zuständigen Sportgericht übergeben werden." Er gehe aber davon aus, dass das Gremium die Partie mit 12:0 gegen Bredereiche wertet. Ob der Klub auch noch eine Geldstrafe wegen Spielabbruchs zu fürchten hat, entscheidet ebenfalls das Gericht. Misdziol, der das Spiel als Schiedsrichter leitete, sprach von einer Farce. "Mit einem regulären Spielbetrieb hatte das nichts zu tun."

Bei Fortuna Bredereiche hofft man auf ein glückliches Ende einer verkorksten Saison. Das wäre auch im Sinne von Christian Lepschies. Schließlich will der Trainer noch ein weiteres Jubiläum feiern. "Wenn der Verein die 100 Jahre vollmachen könnte, wäre das super." Dann dürfen sie auch wieder von einem Spiel gegen Deutschlands Alt-Stars träumen - vor einer grandiosen Zuschauerkulisse und mit volksnahen Ex-Bundesliga-Spielern

Aufrufe: 015.4.2015, 12:43 Uhr
MOZ.de / Arne FärberAutor