2024-05-28T14:20:16.138Z

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Hellas Schierstein: Eine geschlossene Einheit (Foto: Klein, Logo: Zink)
Hellas Schierstein: Eine geschlossene Einheit (Foto: Klein, Logo: Zink)

Bei Hellas sind sie alle Griechen

Serie: Ethnische Vereine +++ Dritter Teil +++ FSV Hellas Schierstein

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Schierstein. Nicht ein einziges Mitglied hatte Hellas Schierstein im Frühjahr 2010 zu verzeichnen. Fünf Jahre lang wurde der Verein ohne finanzielle Mittel geführt. Und weil die Hellenen seit 2005 keine Bilanz mehr beim Finanzamt eingereicht hatten, verloren sie den Status der Gemeinnützigkeit (Die Förderung des Sports berechtigt zur Gemeinnützigkeit und der Verein hat die Möglichkeit, von Steuerpflichten befreit zu werden). Wer jetzt auf die Idee kommt, die Situation dieses Fußballvereins mit der des Herkunftslandes seiner Gründungsmitglieder zu vergleichen, dem sei gesagt: In dieser Geschichte gibt es sowas wie ein Happy End.

Neuanfang nach der Krise

Denn inzwischen hat der Verein beinahe wieder zu alter Stärke zurückgefunden – nach zweimaligem Aufstieg wurde Hellas in der vergangenen Wiesbadener Kreisoberliga-Saison Vierter – in den 1980er Jahren spielten die Hellenen sogar in der Bezirksliga (heute Gruppenliga). Für den heutigen Erfolg ist vor allem Vassily Anagnostakis verantwortlich, der erste Vorsitzende des Vereins. Anagnostakis und sein Team haben den Verein in den letzten fünf Jahren stabil gemacht: „Wir haben deutsche Tugenden eingebracht“, verrät der 43-jährige Vorsitzende. So kam es, dass der Verein inzwischen wieder 260 Mitglieder zählt – davon sind die meisten Aktive, doch der FSV hat auch zahlreiche passive Mitglieder. Und die tragen auch dazu bei, dass der Verein finanziell wieder besser dasteht. Zudem hat sich der Klub in Sachen Sponsoring breit aufgestellt: „Viele griechische Restaurants fördern uns“, sagt Hellas-Urgestein Michael Peskelidis. Der 61-Jährige ist die treue Seele des Vereins, bei der Gründung 1968 war er 14 Jahre alt – sein Vater war im Vorstand.

Griechische Gastarbeiter ab 1960

Peskelidis gehört zu den ersten Griechen, die im Rahmen des 1960 abgeschlossenen Anwerbeabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Griechenland ins Land kamen. Doch von den damals Emigrierten ist er einer von nicht allzu vielen, die geblieben sind: Die erste Generation der ehemaligen Gastarbeiter befindet sich im Rentenalter und verbringt oft nur einige Monate in Deutschland. Von deren Nachkommen lebt ein Teil in Deutschland und ein Teil in Griechenland, jeder zehnte Grieche in Griechenland hat einen Teil seines Lebens in Deutschland verbracht: „Damals waren wir genug Griechen in Schierstein und Biebrich“, erinnert sich Peskelidis. Doch heute seien nicht mehr so viele seiner Landsleute in Wiesbaden: „Damals, in den 80er Jahren, war hier die Hölle los. Zu den Derbys gegen SV Italia oder den Türkischen SV kamen 600 Zuschauer“, schwelgt der Ehrenamtliche in Erinnerungen. Früher wurden auch Ausflüge zu anderen griechischen Mannschaften nach Darmstadt oder Offenbach gemacht. Außer dem Torhüter waren alle Griechen.

Souvlaki, Tzatziki und Ouzo

Heute sind in der ersten Mannschaft der Schiersteiner ungefähr die Hälfte aller Spieler griechischer Herkunft, die andere Hälfte sei international, bestätigt Trainer Michel Badal, der durch seine Bekanntheit schon viele höherklassige Spieler zu dem griechischen Verein locken konnte. Der Syrer ist froh, starke Charaktere in seinem Team zu haben: „Wir repräsentieren den Verein nach außen, wir sind alle Griechen.“ Und dass in dem Verein an der Saarbrücker Allee immer noch viel Griechenland steckt, beweist auch das Speisen- und Getränkeangebot an Heimspieltagen, Turnieren oder Festen: „Viele Zuschauer kommen gerne wegen dem Essen – ein Metzger aus Amöneburg macht uns die Souvlaki“, freut sich Peskelidis. Selbstverständlich werden auch Tzatziki und Ouzo regelmäßig aufgetischt.

Hartplatz vertreibt Kinder

Doch eine große Sorge ist nach dem Neuanfang 2010 geblieben: der Hartplatz. Wie viele ethnische Vereine spielt auch der FSV immer noch auf einem Ascheplatz. In der Kreisoberliga Wiesbaden sind die Schiersteiner sogar die einzigen ohne Kunstrasen. Das kann durchaus von Vorteil sein, wenn der Gegner normalerweise ein besseres Platzniveau gewohnt ist. Doch gerade im Jugendbereich schadet es den ambitionierten Hellenen, die sich den Platz mit Schierstein 13 teilen: „Mit dem Hartplatz geht die Jugend kaputt, weil die Eltern nicht wollen, dass sich ihre Kinder verletzen“, sagt der 29-jährige Trainer. Der Verein will eine Jugend aufbauen, hat inzwischen vier Mannschaften. Doch durch die Platzsituation würden die Griechen immer wieder zurückgeworfen: „Wegen dem Platz haben uns schon viele Kinder verlassen“, weiß Badal. Und Anagnostakis ergänzt: „Wir können sechs Monate im Jahr nicht richtig trainieren.“ Doch die Griechen kämpfen weiter und wollen in den kommenden Jahren sowohl mit der Seniorenmannschaft als auch mit der Jugend mehr erreichen.

Steckbrief – FSV Hellas Schierstein

Gründung: 1968

Gründernationalität: Griechisch

Mitglieder: 260

Größter sportlicher Erfolg: Bezirksliga 1980-86; 4. Platz Kreisoberliga Wiesbaden 2014/15

Sportplatz: Saarbrücker Allee, Schierstein

Aktuelle Ligazugehörigkeit: KOL Wiesbaden

Aufrufe: 030.9.2015, 12:00 Uhr
Natascha GrossAutor