Befindet sich die eigene Mannschaft im Angriff über einen Flügel oder einen Halbraum, positioniert sich ein Spieler auf dem ballfernen Flügel. Dieser Spieler dient als Zielspieler für eine Spielverlagerung. Zum einen, um eine enge Situation um den Ball aufzulösen und zum anderen um einen Angriff über diesen ballfernen Flügel zu initiieren. Dieser Spieler sollte die Situation realistisch einschätzen. Die Kernfrage, nach der sich seine Position bestimmen lässt, ist: „Ist eine Spielverlagerung realistisch?“. Immer, wenn dies möglich ist (direkt oder über den Dritten), kann er sich höher im Feld positionieren (Abbildung oben – roter Pfeil). Anhaltspunkte hierfür sind die Spielstellung und die Drucksituation des Ballführerenden. Ist die Spielverlagerung unrealistisch, muss er sicherstellen, dass er den ballfernen Halbraum defensiv kontrollieren kann (blauer Pfeil).
Eine gute Angriffsstrategie ist nur dann vollständig zu Ende gedacht, wenn man sich in jeder Situation auch Gedanken darüber macht, was im Falle eines Ballverlustes zu tun ist.
Alle Spieler, die sich nicht in Ballbesitz befinden, müssen ihre Position auf dem Spielfeld immer danach ausrichten, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, in Ballbesitz zu bleiben, bzw. den Ball zu verlieren. Gerade ballferne Positionen, sowie Positionen hinter dem Ballbesitzer orientieren sich zusätzlich an der Stellung der Gegenspieler. Sie müssen antizipieren, welche Räume für einen Konter angelaufen werden könnten. In unmittelbarer Ballnähe sollte der Spieler in Ballbesitz stets abgesichert werden. Eine diagonal abgesetzte Position hinter dem Ballbesitzer sorgt für eine zusätzliche Anspielstation. Dieser Spieler hat darüber hinaus im Fall des Ballverlustes einen kurzen Abstand zum Ball und kann schnell eingreifen.
Diese ballnahe Absicherung ist auch besonders dann sinnvoll, wenn der Rest des Feldes schlecht gesichert ist. Denn dann gibt es die Möglichkeit, eine schlechte Restfeldverteidigung und somit einen möglichen Konter des Gegners durch trichterförmiges Zurückziehen und dadurch Verengen des Raume zu erschweren.
Fehlerbild:
11 ist in Ballbesitz. Blau ist zum Ball verschoben und kann die Passwege von 11 einschränken und ihn direkt unter Druck setzen. Ein Ballverlust ist wahrscheinlich. Trotzdem schieben 3, 2, 7, und 9 in die Tiefe. Im Moment des Ballgewinns für Blau wären 11 und 9 anspielbar, ohne direkt von Rot unter Druck gesetzt werden zu können (trotz Überzahl).
Besser:
Die rote Mannschaft ist mit dem Angriff vorgerückt. Da eine Verlagerung unwahrscheinlich geworden ist, hat 2 seine Position bereits nach innen korrigiert und kann den ballfernen Halbraum kontrollieren. Die beiden Innenverteidiger 4 und 5 sind zum Ball verschoben und können so 9 und 11 kontrollieren. Je nachdem welchen Laufweg 11 und 9 machen, können beide noch rechtzeitig fallen, um einen Bewegungsvorsprung zu erlangen. 6, 10 und 3 haben sich in unmittelbare Ballnähe positioniert und können im Ballverlustmoment Druck auf den Ballführer ausüben (10 ist darüber hinaus zusätzlich anspielbar).
Die rote Mannschaft fächert im Spielaufbau im 4:3:3 auf. Die beiden Innenverteidiger (4 und 5) spielen in den beiden Halbräumen. Die Außenverteidiger (2 und 3) stehen hoch im Feld. Der zentral defensive Mittelfeldspieler (6) positioniert sich zwischen den beiden zentralen Spitzen von Blau. 10 und 8 spielen in je einem Halbraum in einer Breite mit den Innenverteidigern. Die ballferne Spitze rückt ein, die ballnahe Spitze hält die Breite.
Die blaue Mannschaft verteidigt im 4:4:2 flach – Mittelfeldpressing.
5 dribbelt gegen die leicht gestaffelten Stürmer von Blau an. Sein Dribbling setzt er diagonal auf 11 zu. 4 schiebt leicht vor, wenn klar wird, dass ein Pass nicht abgefangen werden kann und wird angespielt. 4 leitet den Ball so schnell wie möglich (mit zwei Kontakten) auf die sich in die Tiefe bewegende, 2 weiter. Mit dem tiefen Pass auf 2, rückt 3 bereits ein und sichert die Situation zusätzlich ab.
In der Grundsituation steht 3 auf Höhe der Mittellinie und ist direkt anspielbar. Mit dem Dribbling von 5 auf 11 zu, löst sich 10 seitlich aus dem Zentrum heraus in eine offene Stellung. 4 verschiebt leicht zur Mitte, um bei einem möglichen Ballverlust eine günstige Position für die Verteidigung zu haben. Wenn absehbar ist, dass 10 sich mit dem Pass aufdrehen kann, bewegt sich 3 in die Tiefe und bindet somit 8. 11 sticht ins Zentrum und schafft dadurch eine vertikale
Anspielstation.
Aktuelle Taktik-Trends - ERFOLGREICH PASSWEGE ÖFFNEN UND NUTZEN
Autoren: Steven Turek & Ralf Peter - Redaktion: Peter Schreiner
Herausgeber: Institut für Jugendfußball, Essen (www.ifj96.de)
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