Zwei der inzwischen sechs Abgänge schmerzten Bayer Leverkusens Fußballerinnen ganz besonders. Mit Nationalspielerin Elisa Senß verloren sie ihre Kapitänin an Eintracht Frankfurt und in Sylwia Matysik kam ihnen kurzfristig eine weitere Leistungsträgerin abhanden. Die polnische Auswahlspielerin zog überraschend die Ausstiegsklausel in ihrem Vertrag, um sich beim Nachbarn 1. FC Köln auf die Suche „nach einer neuen Herausforderung“ zu begeben, wie sie es branchenüblich formulierte.
Auf das Testspiel gegen Frankfurt (1:1) hatten beide Personalien Auswirkungen – insbesondere in der ersten Halbzeit.
Beim Remis gegen den Qualifikanten für die Champions League gab es ein rasches Wiedersehen mit Senß. Bayers „Spielerin der Saison 2023/2024“ brachte die vor der Pause überlegene SGE mit einem traumhaften Schuss ins rechte Winkeleck nach elf Spielminuten in Führung.
Auf dem Rasen standen dabei auch zwei Gastspielerinnen. Vor der Pause setzte Leverkusens Trainer Roberto Pätzold die 20-jährige Serbin Nina Čavić von ŽFK Crvena Zvezda und die 25-jährige Französin Juliette Vidal ein. Beide spielen auf Positionen, für die Bayer 04 Verstärkungen sucht. Čavić ist wie Matysik Rechtsverteidigerin, Vidal wie Senß defensive Mittelfeldspielerin, die auch Positionen in der Abwehr übernehmen kann.
Letztere hat die Verantwortlichen offenbar bereits von ihren Qualitäten überzeugt, denn an diesem Donnerstag gab der Werksklub Vidals Verpflichtung bekannt. Sie kommt vom belgischen Meister RSC Anderlecht und erhält einen Vertrag bis 2026. „Juliette ist im Defensivbereich sowohl zentral als auch außen sehr variabel einsetzbar und überzeugt vor allem im Spielaufbau mit dem linken Fuß. Das passt perfekt in unser Anforderungsprofil“, sagt der Sportliche Leiter Achim Feifel. „Sie bringt viel Erfahrung mit und war in der Meistersaison bei Anderlecht herausragend.“
Dank einer klaren Steigerung im zweiten Durchgang gelang Bayers Frauen noch der Ausgleich zum 1:1-Endstand – ohne Vidal und Čavić auf dem Rasen. „Es war ein sehr intensives Spiel mit hohem Laufpensum. Der Gegner hat uns viel abverlangt und hatte in der ersten Halbzeitein klares Chancenplus“, sagte Pätzold und nannte seine größten Kritikpunkte: „Unsere Entscheidungsfindung war an der ein oder anderen Stelle ausbaufähig und wir hatten zu viele Ballverluste.“ In den zweiten 45 Minuten habe sich sein Team dann deutlich mehr Chancen erarbeitet, den Gegner unter Druck gesetzt und im defensiven Umschalten gute Teamarbeit auf den Platz gebracht. Darum gehe das Unentschieden, für das Synne Skinnes Hansens Ausgleich in der 79. Minte sorgte, in Ordnung.
Im Vergleich zur 0:1-Niederlage in der Vorwoche gegen den Zweitligisten Gütersloh bescheinigte Pätzold seinen Spielerinnen im zweiten Vorbereitungsspiel eine „deutliche Leistungssteigerung, auf die wir aufbauen können“. Dass es nun besser lief, als noch im ersten Test, war zu einem guten Teil dem zur Verfügung stehenden Kader geschuldet. Die offensiven Zugänge Caroline Kehrer und Cornelia Kramer kamen zu ihrem Debüt im Leverkusener Trikot, die fünf U19-Nationalspielerinnen Anne Moll, Paulina Bartz, Delice Boboy, Estrella Merino Gonzalez und Julia Mickenhagen, die unlängst ihren Vertrag in Leverkusen bis 2026 verlängert hat, waren kurz in Leverkusen, ehe sie sich wieder zum DFB-Team verabschiedeten, mit dem sie ab Sonntag die U19-EM in Litauen bestreiten. Auf Reisen gingen nach der Partie zudem die Isländerin Karólína Lea Vilhjálmsdóttir und die Ungarin Lilla Turányi, die mit ihren Auswahlteams in der EM-Qualifikation gefordert sind.
Mit dem Testspiel beim Zweitligisten Borussia Mönchengladbach endet an diesem Freitag (18.30 Uhr) der erste Teil der Vorbereitung unter dem Bayer-Kreuz. Nach einer zweiwöchigen Pause steigen die Leverkusenerinnen am 26. Juli wieder in den Trainingsbetrieb ein. Ein zentraler Termin im zweiten Vorbereitungsblock des Bundesligisten ist das Trainingslager im polnischen Kattowitz vom 29. Juli bis 5. August.