2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines
Bei Vitesse arnheim geht eine Ära zuende.
Bei Vitesse arnheim geht eine Ära zuende. – Foto: Heiko van der Velden

Vitesse Arnheim liegt am Boden

Der niederländische Klub steigt ab, eine Zäsur. Zumal die Probleme abseits des Fußballplatzes noch deutlich dramatischer sind.

Verlinkte Inhalte

Vor zwei Jahren sorgte Vitesse Arnheim, seit 1989/90 in der niederländischen Eredivisie aktiv, noch europaweit für Furore. Im März 2022 musste sich das Team des damaligen Trainers Thomas Letsch, bis Anfang April beim VfL Bochum aktiv, dem AS Rom im Achtelfinale der Conference League geschlagen geben.

Aber: Zuvor hatte man sich gegen den RSC Anderlecht, Tottenham Hotspur und Rapid Wien durchgesetzt – und zwar mit attraktivem Offensivfußball. Davon ist heute keine Spur mehr: Vitesse Arnheim steigt ab. Nachdem der Fußballverband eine Strafe von 18 Punkten verhängt hatte (nun hat man minus einen Zähler auf dem Konto), ist der Abschied aus der Erstklassigkeit perfekt. Sportlich wäre das rettende Ufer ohnehin kaum mehr erreichbar gewesen.

Wie es zum Abstieg kam

Was ist geschehen? Die Lizenzkommission der Eredivisie ermittelt seit Monaten gegen Vitesse, weil sie Hinweise darauf sieht, dass Roman Abramowitsch, ehemaliger Eigentümer des englischen Klubs FC Chelsea, de facto Kontrolle über Vitesse, das ob seines unruhigen Umfelds im Königreich auch „FC Hollywood am Rhein“ genannt wird, hat oder hatte. Das Gremium sieht „Risiken für Verstöße gegen Auflagen und Geldwäsche“ und wartet auf die Ergebnisse einer derzeit laufenden Untersuchung des Wirtschaftsministeriums. Der frühere Eigentümer Valeria Ojf soll sich Millionensummen bei Abramowitsch geliehen haben. Ohnehin stand über Jahre hinweg der Vorwurf im Raum, dass Vitesse Arnheim eine Art Satelliten-Klub des FC Chelsea sei – Leistungsträger des Teams waren zwischenzeitlich fast ausschließlich Leihspieler von der Insel, Fans sprachen abschätzig von einer Fremdenlegion. Einer dieser Leihspieler war Mason Mount, der die Spielzeit 2017/18 auf Leihbasis in der Grenzregion verbrachte. Heute ist der Mittelfeldspieler bei Manchester United aktiv und 40 Millionen Euro wert.

Hintergrund der hohen Strafe seien nach Angaben der Lizenzkommission die „außergewöhnliche Schwere und das Ausmaß der Verstöße gegen das Lizenzsystem“. So sollen falsche Informationen zur Untersuchung möglicher Verstöße gegen Ligastatuten gemacht worden sein, zudem sollen Schreiben zurückgehalten worden sein. Und es drohen weitere Strafen, wegen anderer Sachverhalte wird noch ermittelt. Die Vereinsführung hat angekündigt, nicht in Berufung gehen zu wollen.

Dunkler Tag ist leider Realität für die Fans

Der kommissarische Geschäftsführer Erwin Reijntjes sagte: „Obwohl dies ein dunkler Tag für alle ist, denen Vitesse am Herzen liegt, ist dies die harte Realität. Schließlich war eine solche Strafe unvermeidlich. Andererseits – und das möchte ich wirklich allen klar machen – sind wir äußerst froh über die Möglichkeit, die uns geboten wird, unsere Lizenz zu behalten.“ Und: „Vitesse soll und darf nicht verschwinden.“ Doch der Verein steckt seit geraumer Zeit in existenzbedrohenden Schwierigkeiten. Im Februar wurde die geplante Übernahme von Coley Parry und seiner Common Group, die den Verein von Ojf übernehmen sollte, blockiert, weil unklar geblieben war, wie viel Geld der US-Amerikaner wirklich mitbringt und woher die Mittel stammen.

Der strukturell defizitäre Fußballklub steht so nun ohne Geldgeber da. Vereinbarungen in den Verträgen mit Parry hindern Vitesse aber daran, sich nach einem anderen Investor umzusehen. Sollte Parry wie erwartet kein grünes Licht für die Übernahme bekommen, würden die Schwarz-Gelben Anfang Juni von den restriktiven Auflagen befreit werden. „Aber das ist zu spät. Deshalb versuchen wir jetzt mit Anwälten so schnell wie möglich aus Parrys Ansprüchen herauszukommen“, sagte Reijntjes.

Vitesse Arnheim sitzt auf einem Schuldenberg von mehr als 155 Millionen Euro, zudem müssen jährlich knapp zehn Millionen Euro hinzugeschossen werden. Der Verein wird sich in den kommenden Monaten von mindestens der Hälfte des Personals trennen müssen, denn der Etat sinkt von 26 Millionen Euro auf rund 13 Millionen Euro. Die Klubführung hofft darauf, in der zweiten Liga, der Eerste Divisie, einen Neustart hinlegen zu können. Doch die Fragezeichen sind groß.

Aufrufe: 028.4.2024, 09:00 Uhr
Maarten OversteegenAutor