2024-05-08T14:46:11.570Z

Interview
– Foto: Björn Roddeck

"Verlierst du gegen Teichel, ist es Schnee von gestern"

Euphorie am Steg. Nach der Auftaktniederlage gegen Weida hat die BSG Wismut Gera schnell in die Erfolgsspur gefunden.

Zwei klare Siege in der Liga wurden letztes Wochenende mit der Pokalüberraschung gegen Erfurt noch gekrönt. Die Mannschaft ist auf Kurs. Auf positive Effekte auf das Umfeld hofft nun Trainer Frank Müller, der im Interview mit FuPa Thüringen Rede und Antwort steht...

Wie oft kommt so ein Spiel wie ihr es gegen RWE abgeliefert habt, in einer Spieler/Trainer-Historie wohl vor?
Frank Müller: Im besten Fall passiert sowas ein bis zweimal im Jahr. Und auch nur, wenn man gegen einen höherklassigen Verein im Pokal spielt. Solche Spiele sind nur in dem Wettbewerb möglich. Das wäre der Optimalfall, um auch irgendwann mal den Pokal zu gewinnen.

Euer Matchplan ging zu 110 Prozent auf. Die Spieler haben es optimal umgesetzt, dazu kam das Quäntchen Glück. Gibt es zwei, drei Werte, die an diesem Tag entscheidend waren? Welche waren es?
Frank Müller: Im Grunde genommen haben wir den Spielern seit geraumer Zeit eine Spielidee vermittelt, an der wir festhalten. Die Jungs - so war es auch gegen Erfurt - machen das derzeit in Perfektion. Es geht darum über seine Grenzen hinaus zu wachsen. Ganz wichtig ist, dass man Leiden will. Das ist ganz entscheidend. Und das haben die Jungs getan. Sie wollten gegen die spielstarken Erfurter Leiden und über ihre Grenzen hinauswachsen. Über 90 Minuten haben wir taktisch diszipliniert gespielt auch wenn man körperlich an die absolute Grenze kommt. Dafür meinen größten Respekt an die Mannschaft. Unfassbar!

Ein wichtiger Faktor beim Pokalcoup gegen RWE: Maximilian Paul.
Ein wichtiger Faktor beim Pokalcoup gegen RWE: Maximilian Paul. – Foto: Marcel Junghanns

Habt ihr im Testspiel gegen Meuselwitz in der letzten Woche schon euren Matchplan gegen RWE an einem Regionalligisten getestet? War das Ziel dahinter? Und waren da "Späher" aus Erfurt da?
Frank Müller: Gegen Meuselwitz haben wir es tatsächlich alles so gemacht, wie wir es gegen Erfurt gemacht haben - zumindest die ersten 45 Minuten. Das war auch Sinn und Zweck des Testes. Dass der Test offiziell bekannt wurde, war mir gar nicht so recht. Weil ich dann damit gerechnet habe, dass Erfurt jemanden schickt und sie wissen wie wir spielen. Aber so wie Erfurt dann gegen uns agiert hat, kann ich mir nicht vorstellen, dass jemand vor Ort war und sich das Spiel angeguckt hat. Ich hätte das aber als Regionalligist auch nicht gemacht. Man sollte auch so in der Lage sein immer einen Sechstligisten zu schlagen.

Was erhoffst du dir vom Sieg für einen Schub für euch - Vielleicht für den gesamten Verein aber auch euer Team?
Frank Müller: Natürlich erhoffen wir uns eine gewisse Euphorie in der Stadt, im Verein, im Umfeld und in der Mannschaft. Aber wir wissen, dass Fußball ein Tagesgeschäft ist. Jetzt werden wir gegen Rot-Weiß Erfurt gefeiert. Sollten wir dann gegen Traktor Teichel rausfliegen, ist das Schnee von gestern. Wir müssen Woche für Woche uns den Arsch für den Verein, Stadt und Fans aufreißen. So hoffen wir Kredit zurückzugewinnen, um den ein oder anderen Zuschauer mehr ins Stadion zu locken. Mehr können wir nicht machen. Es liegt an uns und unserer Leistung. Aber die Mannschaft ist natürlich nicht für alles verantwortlich, was so passiert im Verein.

Kann dieser Sieg die Fans, Mannschaft und Verein wieder näher zusammenbringen?
Frank Müller: Ich glaube diese Frage habe ich jetzt schon ein stückweit beantwortet. Die Themen, die da sind, haben wenig mit der Mannschaft zu tun. Zumindest was die Fangruppen betrifft. Der "normale" Fan braucht Ergebnisse und Leistungen. Dafür sind wir verantwortlich. Dass die Fangruppen an sich wegbleiben, hat nichts mit der Mannschaft zu tun. Das ist eine Gesamtsituation die im Verein da ist, die man versuchen muss zu bearbeiten. Ich hoffe, dass dies gelingt, das Wismut Gera rein fantechnisch wieder das sein kann, was es mal war.

Nach dem Weida-Spiel habt ihr bisher alles Spiele gewonnen - allesamt ohne Gegentor. Ihr spielt mit Dreierkette. Warum funktioniert das schon so gut? Wie schnell kam es in den Köpfen der Spieler an, dass ihr auf den richtigen Weg seid? Gab es hier ein "Initialerlebnis"?
Frank Müller: Ein Spiel schreibt immer Geschichten in den 90 Minuten. An dem Tag gegen Weida ist die komplette Geschichte gegen uns gelaufen. Aber wir haben immer an die Mannschaft geglaubt und haben dies auch kommuniziert. Wir sind cool geblieben und haben die Freude und den Spaß wieder den Jungs vermittelt. Dass was wir machen ist ein Hobby und da ist es wichtig Spaß daran zu haben, was man macht. Das haben sie. Eine Initialzündung an sich gab es nicht. Wir haben weiter an uns geglaubt und es umgesetzt. Die Mannschaft ist auf einen sehr, sehr guten Weg.

Euch fehlen mit Benny Förster und Chris Lehmann noch zwei überdurchschnittlich starke Stürmer für die Thüringenliga. Wie ist der Stand bei den Jungs? Wann ist mit ihnen zu rechnen? Und kann es sein, dass mit ihrer Rückkehr vielleicht das neugewonnene Gebilde ein stückweit erstmal wieder ins Wanken gerät.
Frank Müller: Das ist eine gute Frage. Bei Benny Förster wird es November, dass er wieder ins Training einsteigen kann. Insofern wird es bei ihm leider noch etwas dauern. Christopher Lehmann ist auf einem guten Weg und wird hier und da auch Pflichtspiele bestreiten. Dass Beide gute Jungs sind, ist klar. Ich glaube nicht, dass ihre Rückkehr das Gebilde ins Wanken bringen lässt. Beide sind vom Charakter einwandfreie Männer. Sie können das wertschätzen und es ist cool, wenn sie zurückkommen. Das gibt uns mehr Qualität und Flexibilität. Als Charaktere sind sie wichtig für unsere Mannschaft. Alles andere wird sich im Laufe der Saison zeigen. Es wird auch Verletzungen und Sperren geben. Wir haben einen kleinen Kader mit 18 bzw. 19 Spielern. In der Qualität ist er aber so bestückt, dass jeder von ihnen jede Minute spielen kann. Da freue ich mich, dass wir so aufgestellt sind. Und natürlich freue ich mich wenn Benny und Christopher wieder da sind.

Wie schwer ist es jetzt in den Liga-Alltag zurückzukehren nach dem Sensationssieg gegen Erfurt? Was erwartet euch gegen SCHOTT Jena?
Frank Müller: Ich glaube es ist tatsächlich gar nicht so schwer in den Alltag zurückzukehren. Wir haben Sonntag ein sensationelles Spiel gemacht. Dann hatten die Jungs zwei Tage frei. Wir haben im Training wieder die Schwerpunkte gelegt und viel Fußball gespielt. Die Mannschaft ist so intelligent, dass sie das einordnen kann. Jetzt ist nicht mehr Erfurt vor der Brust, sondern SCHOTT Jena. Jetzt haben wir wieder 70 bis 80 Prozent den Ball und da gilt es genauso wie in den anderen Spielen hochkonzentriert zu sein. Niemand wird uns in der Liga etwas schenken. Wir haben noch aus dem letzten Rückrundenspiel, als wir 0:3 dort verloren haben, eine große Rechnung offen. SCHOTT Jena spielt sehr diszipliniert, stehen sehr tief und haben einen sehr guten Trainer, der sie taktisch gut einstellt. Insofern wird es ein brutal schweres Spiel und kein Selbstläufer. Das wissen wir, dass wir alles in die Waagschale werfen müssen. Aber das gilt für jedes Spiel.

Aufrufe: 09.9.2022, 08:17 Uhr
André HofmannAutor