2024-06-14T14:12:32.331Z

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Stark am Ball, selbstbewusst in der Spieleröffnung: Michael Glück überzeugte als Abwehrpartner von Kapitän Verlaat.
Stark am Ball, selbstbewusst in der Spieleröffnung: Michael Glück überzeugte als Abwehrpartner von Kapitän Verlaat. – Foto: Stefan Matzke

TSV 1860 München: In der Personalnot entdeckt Jacobacci neue Kaderalternativen

Qual der Wahl am Samstag?

Bei der späten 0:1-Niederlage des TSV 1860 München gegen Tabellenführer Jahn Regensburg überzeugen die Ersatzspieler und führen Jacobacci Kaderbreite vor Augen.

München – Not macht erfinderisch, sagt der Volksmund – und speziell im Fußball birgt jeder Personalnotstand auch Chancen. Siehe den ohne sechs Stammkräfte angetretenen TSV 1860 München im unglücklich verlorenen Topspiel gegen Regensburg (0:1). Hinten fügte sich Startelf-Debütant Michael Glück (20) nahtlos ein. Auf dem linken Flügel wirbelte Kilian Ludewig, der eigentlich Rechtsverteidiger ist.

Und vorne: Da fehlte Fynn Lakenmacher nur ein Tor, um die Absenz des vom Jahn losgeeisten Sturmtanks Joel Zwarts (gezerrte Bauchmuskeln) vergessen zu machen.

TSV 1860 München trotz Personalnot ebenbürtig

Auch der Cheftrainer durfte nicht wie sonst den Einpeitscher an der Seitenlinie geben, doch ehe sich „Rotsünder“ Maurizio Jacobacci in sein Kammerl unter dem Haupttribünendach zurückzog, hatte er eine Aufstellung geschmiedet, die dem Tabellenführer (vor dem Spiel) bis zur ominösen Minute 90.+2 ebenbürtig war. Verletzungen und Sperren hatten den 1860-Coach zum Kreativsein gezwungen, ihm eine Kaderbreite vor Augen geführt, die sich im weiteren Saisonverlauf als hilfreich erweisen könnte.

Schon mit Blick auf Saarbrücken am Samstag hat Jacobacci die Qual der Wahl. Tim Rieder, der Allrounder, drückte es am Samstag so aus: „Ein paar Jungs rutschen rein, die jetzt nicht so viele Spiele auf dem Buckel haben – und alle haben eigentlich ein super Spiel gemacht.“

Michael Glück

Als Talent im Sommer 2018 aus Burghausen gekommen, in der Folge von Ex-Sportchef Günther Gorenzel gefördert, hat der gebürtige Salzburger endlich auch bei den Profis eine Chance über 90 Minuten erhalten. „Überragendes Spiel von ihm“, schwärmte Rieder: „Jedes Kopfballduell gewonnen, immer wieder ins Mittelfeld gedribbelt, dazu seine Ruhe am Ball. Wenn er so weitermacht, hat er eine gute Karriere vor sich.“ Sieht Kapitän Jesper Verlaat genauso: „Mitch hat ein super Spiel gemacht. Er wurde ins kalte Wasser geschmissen, aber das hat er sich nicht anmerken lassen.“

Ehe Gorenzel in seine Heimat wechselte, verglich er Glück mit einem gewissen Leandro Morgalla, dem letzten großen Abwehrtalent der Löwen. Ob er wirklich so gut ist, muss er noch beweisen. In jedem Fall hat Glück gezeigt, dass auf ihn Verlass ist, wenn bei 1860 hinten mal Not am Mann ist.

Kilian Ludewig

Noch voller Adrenalin nach dem Spiel lobte Rieder den falschen Kilian („Kili Jakob – wenn man einen herausheben darf“), seinen Kumpel aus Augsburger Tagen, meinte aber den richtigen Kili – nämlich jenen Blondschopf, der neben ihm die Außenbahnen beackerte, kämpfte, dribbelte – und nach Albion Vrenezi die meisten Torschüsse in diesem Bayern-Derby verzeichnete. Bis Samstag galt Ludewig (23) als Transferflop. Nur einmal durfte er über 90 Minuten ran – selbst Tarsis Bonga kam auf mehr Jokereinsätze. Jetzt könnten die Karten neu gemischt werden.

Stehaufmännchen: Obwohl er so selten spielen darf,
 lässt sich Kilian Ludewig nicht hängen.
Stehaufmännchen: Obwohl er so selten spielen darf, lässt sich Kilian Ludewig nicht hängen. – Foto: Stefan Matzke

Rechtsverteidiger Kaan Kurt sammelte Minuspunkte, weil er sich vor Regensburgs Siegtreffer beim Kopfball verschätzte (Jacobacci: „Es war genug Zeit, diesen Ball zu kalkulieren“), Ludwig bewarb sich als Alternative. Bei seiner fünften Leihstation möchte das Nordlicht sesshaft werden – und daran arbeiten, dass sein Nachname künftig auch bei den eigenen Mitspielern einwandfrei sitzt.

Fynn Lakenmacher

Ein Doppelpass, ein Haken – doch dann kam Bulic angeflogen und klärte den Ball zur Ecke. Lakenmacher hätte der Held des Tages werden können, hätte er seine beste Szene in der 90. Minute mit einem Tor veredelt. Doch auch ohne diese kitschige Pointe war es ein guter Auftritt des bulligen Sorgenkindes. Nach dem Sommertheater um seine geplatzte Vertragsverlängerung war das Sturmtalent ins Abseits geraten, hatte spürbar damit zu kämpfen, dass der Trainer ihm das Vertrauen entzog.

Dann kam Bulic angeflogen: Ohne diese Rettungstat hätte Lakenmacher zum Löwen-Helden werden können.
Dann kam Bulic angeflogen: Ohne diese Rettungstat hätte Lakenmacher zum Löwen-Helden werden können. – Foto: IMAGO/Mladen Lackovic

Lakenmachers Auftritt am Samstag war ein Statement, dass er bereit ist zu kämpfen. Um seine Zukunft, um seinen Ruf – und vielleicht sogar um einen Platz als zweite Sturmspitze, sollte Chefneuner Zwarts in Kürze wieder schmerzfrei zur Verfügung stehen. (Uli Kellner)

Aufrufe: 07.11.2023, 08:51 Uhr
Uli KellnerAutor