2024-05-10T08:19:16.237Z

Spielvorbericht
„Wenn man sechs Jahre lang hinter die Kulissen dieses Vereins schauen darf, wird es schwierig, 1860-Fan zu bleiben.“ Claus Schromm war von 2003 bis 2009 für die U19 der Löwen verantwortlich. sampics
„Wenn man sechs Jahre lang hinter die Kulissen dieses Vereins schauen darf, wird es schwierig, 1860-Fan zu bleiben.“ Claus Schromm war von 2003 bis 2009 für die U19 der Löwen verantwortlich. sampics

Schromm über Löwen: „Bin als Fan gekommen und als Nicht-Fan gegangen“

Haching-Coach über 1860-Vergangenheit

Der Countdown läuft, die SpVgg Unterhaching und ihre Fans fiebern dem Spiel des Jahres entgegen: dem Derby gegen den TSV 180 München in der 3. Liga am Mittwoch um 19 Uhr. „Ich habe jetzt schon Gänsehaut“, sagt SpVgg-Trainer Claus Schromm.

Unterhaching – Plötzlich tauchen am Dienstagvormittag sogar einige Löwen-Fans im Unterhachinger Sportpark auf. „Ihr habt ja gar kein Geheimtraining hier?“, wundern sie sich, dass sie bei der Übungseinheit auf dem Stadionrasen zuschauen können. „Ach was“, ruft Haching-Präsident Manfred Schwabl ihnen zu, „was soll der Schmarrn? Wir haben nix zu verbergen.“ Anders als an der Grünwalder Straße, wo 1860-Trainer Daniel Bierofka sein Team zwei Tage lang unter Ausschluss der Öffentlichkeit aufs Derby einstimmt.

Wenn Claus Schromm über den Gegner spricht, benutzt er bewusst immer wieder diese eine, tierische Formulierung: „der Löwe“. Der Haching-Trainer sinniert über die Entwicklung beider Vereine. Seinen eigenen bezeichnet er, nach dem Intermezzo in der Regionalliga, „als stabilen Drittligisten“. Und 1860? „Der Löwe“, sagt Schromm, „war eigentlich ein stabiler Zweitligist. Bis zum Super-Gau mit der 4. Liga. Dass der Löwe jetzt mit uns in einer Liga spielt, hat absoluten Seltenheitswert.“ Dass 1860 München in der Tabelle sechs Plätze „unter Haching“ steht, wie die SpVgg-Fans süffisant spötteln, ist Schromm egal. „Der Löwe“, findet er, „hat eine richtig gute Mannschaft. Die Tabelle hat keinen Wert.“

Was sehr wohl Wert hat, ist Schromms akribische Vorbereitung. Gestern ließ er im Stadion die Spielweise der Löwen simulieren, eine taktische Übung. Es gebe „vier Phasen im Spiel“, erläuterte Schromm. Sechzig habe seine Stärken, neben Standardsituationen, „im defensiven Moment und im Umschaltmoment“. Haching ist darauf gut vorbereitet, auch ohne Geheimtraining.

Was die Stimmung heute Abend im Unterhachinger Sportpark angeht, so wird es spannend. Mit einer „blauen Wand“, der Löwen-Fans rechnet Schwabl, und Schromm glaubt: „Vielleicht wird es ein Auswärtsspiel zu Hause. Ich hoffe, dass wir auf Augenhöhe sind, auf dem Rasen und den Rängen.“ Nicht nur seine Spieler, sondern auch die Fans müssten „an die Leistungsgrenze gehen.“

Indes, vielleicht wird von Derby-Atmosphäre anfangs gar nichts zu spüren sein? Just diese Woche hat die bundesweite Interessenvertretung „Pro Fans“ zu einem Stimmungsboykott aller Dienstags- und Mittwochsspiele in 1., 2. und 3. Liga aufgerufen: Aus Protest gegen die Kommerz-Auswüchse bei DFB und DFL soll es in den ersten 20 Spielminuten in allen Stadien mucksmäuschenstill bleiben.

Selbst, wenn es so kommen sollte: Auf dem Platz erwartet Schromm anderes. „Brutale Leidenschaft von der ersten Minute an, viel Emotion, viel Härte.“ Denn es gehe „um mehr als drei Punkte“. Ums Prestige nämlich.

Schromm selbst hat ja übrigens eine Löwen-Vergangenheit, war von 2003 bis 2009 für die U 19 des TSV 1860 zuständig. „Ich bin als Fan dorthin gegangen und als Nicht-Löwen-Fan von dannen gezogen“, erinnert sich der SpVgg-Trainer. „Wenn man sechs Jahre lang hinter die Kulissen dieses Vereins schauen darf, wird es schwierig, 1860-Fan zu bleiben.“ Seine neue sportliche Liebe hat der 49-Jährige längst gefunden: mit der SpVgg Unterhaching.

Von Martin Becker

Aufrufe: 026.9.2018, 11:25 Uhr
Münchner Merkur (Süd) / Martin BeckerAutor