Andreas Schwan: „Du musst dich als Trainer anpassen können“

Herr Schwan, weshalb war es für Sie an der Zeit, Bücher zu schreiben?
Andreas Schwan Ich bin nun 37 Jahre alt und 20 Jahre als Trainer aktiv. In der Zeit habe ich natürlich viel Wissen angesammelt. Diese Erfahrung habe ich nun strukturiert und in Buchform gegossen. Ein Start-up kam auf mich zu und fragte mich, ob ich nicht E-Books mit konkreten Übungen schreiben wolle. Ich habe das als eine spannende Chance gesehen, anderen Trainern im Amateurfußball Coaching-Ideen an die Hand zu geben, die ich für zielführend und gewinnbringend erachte. Es geht mir darum, den Trainingsalltag bei vielen Mannschaften zu erleichtern und nicht darum, zu belehren.

Schlussendlich sind zwei Teile entstanden, die im digitalen Verlag „goalnow“ erschienen sind. Worum geht es im ersten Teil?
Schwan Das erste Buch hat einen technischen Schwerpunkt. Jeder, der mal Fußball gespielt hat, weiß, dass Trainingseinheiten immer aus dem Passspiel bestehen. Ich sehe in jedem Pass eine Botschaft, man will dem Mitspieler etwas mit auf den Weg geben. Weil Passen auf dem Platz ein so zentrales Element darstellt, habe ich auf 140 Seiten die für mich effektivsten 20 Passübungen aufgeschrieben, die für den Amateurfußball oder den leistungsorientierten Nachwuchsfußball passend sind. Ich gebe aus der Praxis für die Praxis Tipps, und zwar klar verständlich. Außerdem haben wir schon einige Ideen aus dem Buch verfilmt, um das Angebot noch praxisnäher zu gestalten.

Taktik für jedermann

Und was ist der Schwerpunkt des zweiten Teils?
Schwan Das zweite Buch legt den Fokus auf taktische Aspekte. Ich gebe den Coaches Spielformen an die Hand, mit denen man seine taktische Philosophie näherbringen und Lösungsmöglichkeiten für alle Spielsituationen finden kann. Ich stehe seit jeher für einen aktiven Fußball. Diese Leitlinien kennt man etwa vom DFB oder Borussia Mönchengladbach. Mit dem Ball müssen die Spieler Lösungen finden, und gegen den Ball mit Pressing Bälle aktiv erobern. Das ist der Fußball, den ich sehen will. Und vorzugsweise arbeite ich mit jungen, entwicklungsfähigen Jungs zusammen, die lernen wollen und dabei von erfahrenen Spielern geführt werden.

Stößt man mit diesen Vorstellungen im Amateurfußball nicht auch einmal an Grenzen?
Schwan Aber sicher. Daher verfolgen die Bücher auch den Ansatz, dass man nicht unbedingt in der Lage sein muss, meine Ideen umzusetzen, sondern dass man befähigt wird, die Ideen an die Mannschaft und die äußeren Umstände anzupassen. Du musst dich als Trainer anpassen können. Denn mir ist klar, dass die Spielformen vielleicht bei meinem Oberliga-Team besser anschlagen als bei einer Mannschaft in der Kreisliga A. Dennoch glaube ich, dass die Übungsformen für Kollegen hilfreich sein können, neue Impulse zu erhalten und Trainingsvorbereitungszeit einzusparen. Ich bleibe auch offen für neue Ideen, denn ich will mit den Büchern keineswegs ausstrahlen, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben. Ich lerne auch noch.

Feedback aus der U19-Bundesliga

Wie ist die erste Resonanz von Kollegen?
Schwan Ich habe viele positive Rückmeldungen erhalten – und zwar von A-Liga-Trainern genauso wie von Coaches in der U19-Bundesliga. Sie melden zurück, dass sie teilweise auf Bekanntes gestoßen sind, was dann aber dennoch interessant sei, weil ich es etwas anders anpacke. Zudem sind die Kollegen auch auf komplett neuen Input gestoßen, der die Trainingseinheiten bereichern kann.

Wie zufrieden sind Sie mit der Saison des SC Union Nettetal?
Schwan Wir haben mit der jüngsten Oberliga-Mannschaft eine richtig gute Saison hingelegt. Die Mannschaft war im Durchschnitt 21 Jahre alt. Und durch das neue Format mit Aufstiegs- und Abstiegsrunde hatten wir Woche für Woche direkte Duelle gegen Konkurrenten und damit Stress. Dennoch haben wir uns klar weiterentwickelt und die meisten Punkte seit dem Oberliga-Aufstieg geholt. Daher blicke ich zufrieden und stolz auf die Spielzeit zurück. So darf es gerne weitergehen, aber dennoch tut die Pause jetzt auch mal gut.

Wie zuversichtlich blicken Sie auf die nächste Saison?
Schwan Wir wollen als Mannschaft weitere Schritte in der Entwicklung gehen, denn Stillstand bedeutet für mich Rückschritt. Dafür setzen wir in Nettetal auf einen intensiven und vertrauensvollen Austausch zwischen sportlicher Leitung, Trainerteam und Mannschaft, da wir nur gemeinsam erfolgreich sein können. Mit den neuen Teams wie dem KFC Uerdingen, dem VfB Homberg und den Sportfreunden Hamborn wird es eine tolle Liga.

Wertschätzung für den Verein

Sie ziehen in Ihre siebte Saison in Nettetal. Geht es für Sie irgendwann noch höher hinaus?
Schwan Ich besitze die A-Lizenz, weshalb ein Engagement in der Regionalliga durchaus möglich wäre. Allerdings muss ich als Ehemann und Familienvater von zwei Kindern sowie als Bildungsgangleiter an einem Beruflichen Gymnasium für Sport ehrlicherweise sagen, dass ich aktuell nicht noch mehr Zeitkapazitäten habe. Da stoße ich beim SC Union Nettetal schon an Grenzen, mehr könnte ich momentan nicht leisten. Außerdem muss man auch mal wertschätzen, was man hat. Ich wohne fünf Minuten vom Sportplatz entfernt und der Verein hat mir eine echte Chance gegeben, als die erste Mannschaft auf einem Landesliga-Abstiegsplatz stand. Diese Chance habe ich genutzt. Bei allem Ehrgeiz will ich natürlich nicht ausschließen, dass mich irgendwann mal etwas reizt, aber aktuell fühle ich mich unglaublich wohl in Nettetal. Der Verein hat mir mit einem unbefristeten Vertrag auch eine Menge Wertschätzung entgegengebracht.

Haben Sie ein Trainer-Vorbild?
Schwan Ehrlicherweise nicht. Ich bin aber schon seit vielen Jahren Fan von deutschen Trainern, weil man sich mit ihnen sehr gut identifizieren kann. Früher waren das für mich Jürgen Klopp oder Thomas Tuchel, heute finde ich Julian Nagelsmann sehr spannend. Außerdem habe ich vor zwölf Jahren den Trainerlehrgang zur A-Lizenz unter anderem mit Daniel Farke und Manuel Baum absolviert. Sie haben sich im Profi-Fußball durchgesetzt. Zu solchen Trainern schaut man natürlich hoch, sie machen es richtig gut.

>>> Das ist Andreas Schwan

Das Gespräch führte Maarten Oversteegen.