2024-04-30T13:48:59.170Z

Spielbericht
– Foto: Jörn Kutschmann

Nostalgie & Tragenetze zum Rückrundenauftakt

WFC Corso 99/Vineta – Hertha BSC Amateure Zwee 0:5
Testspiel Winterpause Saison 2023/ 2024
Sonntag 14.01.2024 11:00 Uhr
Sportplatz Ofener Straße
46 Zuschauer

Ich stehe in einer kleinen Küche in Berlin-Charlottenburg. Obwohl zwei Dutzend Leute und zwei Hunde durch die 2 ½ Zimmer Wohnung wuseln, bin ich von einem Augenschlag auf den anderen ganz allein hier. Tausende Erinnerungen schießen durch meinen Kopf: so viele glückliche Momente, so viele großartige Anekdoten einer schönen Kindheit. So viel Liebe, wie Großeltern überhaupt aufbringen können. Und unendlich viel Dankbarkeit. Und natürlich Nostalgie. Mein Cousin Seppi hat vor wenigen Minuten die alte Modelleisenbahn meines Opas, sehr zur Freude meines Sohnes, wieder zum Laufen gebracht. So fährt die Eisenbahn brav in ihrer Vitrine und verschwindet dann, wie sie es schon tausendmal getan hat, im angrenzenden Schrank. Mein Sohn ist begeistert, und mein Opi guckt bestimmt stolz wie Bolle auf uns herab. Der Grund für den Familienauflauf in der Wohnung meiner Großeltern ist der Geburtstag meiner Omi (Happy Birthday). Es geht ihr seit einiger Zeit nicht so gut, aber wenn die Sippe einreitet, mobilisiert sie alle Kräfte.

Warum ich schon wieder mit privatem Kram in der Einleitung zu einem Spielbericht nerve? Nun, es muss im Dezember 2000 gewesen sein: Ich war noch nicht im Besitz einer Dauerkarte und wollte gerne das letzte Spiel der Hinrunde gegen den FC Bayern sehen.

Ein Klassenkamerad von mir konnte noch an Karten kommen, und daher rief ich ihn aus der Küche meiner Großeltern an. Mein Bruder und ich wohnten ein paar Tage hier, da unsere eigentliche Wohnung saniert wurde und einige Teile der Außenwände fehlten. Während wir also die Modalität der Kartenpreise klärten (20€ wurden damals für ein Ticket fällig - so viel hatte ich noch nie bezahlt), plauderten wir nebenbei ein bisschen, und ich erzählte ihm, dass ich aktuell nicht so zu Hause sei. Wo ich denn wäre, wollte er wissen. Ich klärte ihn über meinen aktuellen Standort auf, und er lachte. Was so lustig sei, wollte ich wissen.

Er meinte, ich solle doch mal aus dem Küchenfenster gucken. Das tat ich dann und sah ihn aus seinem Küchenfenster winken.

So war die Übergabe der Karten gar nicht so kompliziert wie gedacht, und ich konnte Zeuge werden, wie Hertha BSC dem FC Bayern München mit 1:3 unterlag. 23 Jahre und einen Monat später erwartete mich der Auftakt der Rückrunde.

Eine Niederlage erwartete ich dagegen heute nicht. Denn der erste Testspielgegner an frischer Luft kickt zwei Ligen unter den Amateuren Zwee.

Entsprechend zuversichtlich ging es, nach der kleinen Geburtstagsfeier, optimistisch in die Federn. Gefühlt waren die Klüsen kaum zugegangen, als plötzlich Hektik um mich herum ausbrach: Der Junior hatte sich nicht, wie erwartet, gegen sieben gemeldet, sondern hatte bis kurz vor neun geschlafen. Da Mama und Sohnemann eine Verabredung zum Spielen hatten, war jetzt Halli Galli in der Wohnung.

Damit beide nicht allzu spät kamen, fuhr ich sie fix mit dem Auto rum und hatte so noch massig Zeit, bis zum Anstoß.

Ich parkte also eine Stunde vor dem Match das Auto und machte mich auf die Suche nach einem Ersatz für das ausgefallene Frühstück. In einer kleinen Bäckerei wurde ich fündig und machte mich mit Kaffee und zu vielen Kalorien in einer Brötchentüte auf den Rückweg.

Am Pitch angekommen, warteten schon Rónnóur und Patrick auf mich.

Natürlich durfte ich mir ein paar Sprüche anhören, ob ich denn wüsste, wo ich hier sei und ob mir jemand die Regeln erklären soll. Berechtigt möchte man sagen, denn das war heute mein erster Kick seit dem 26.11.2023. Spielabsagen und Krankheiten sei Dank. Die ersten Minuten des Spiels waren dann auch irgendwie ein bisschen zum Abgewöhnen und passten sich dem schmuddeligen Wetter an. Da auf dem Kunstrasen aber so wenig passierte, hatten wir Zeit, über wichtige Dinge zu sprechen, und daher debattierten wir über Plastiktüten. Von diesen kamen wir zu Tragenetzen, und Rónnóur sinnierte:

Das Netz sei die einzige Tragevorrichtung, in die du ein Loch schneiden kannst und dadurch weniger Löcher hast als vorher.

Gut, dass das 0:1 für die Amateure Zwee kurz vor der Pause die Aufmerksamkeit wieder auf den Platz zog, bevor das Thema noch irrsinniger werden konnte. Allerdings lag der Fokus nicht lange auf dem Platz, denn kurz nach dem Treffer pfiff der Schiri zur Halbzeit. Wir gingen schnell alle einmal in die Ecke der angrenzenden Turnhalle Pipi, und dann ging das Spiel weiter. Corso Vineta hätte eigentlich mit einer Führung die zweite Halbzeit beginnen müssen. Allerdings hatten sie sich im ersten Abschnitt nicht unbedingt clever angestellt, und so waren die Amateure Zwee, trotz optischer Überlegenheit der Gastgeber, halt in Führung gegangen. So kann Fußball sein. Vineta bekam in der 49. Minute sogar aus 11 Metern die Chance auf ein Tor, doch mit ein bisschen Glück und den Fingerspitzen unseres Keepers wurde der Strafstoß pariert. Der Nachschuss wurde dann sträflich vergeben. Und wie das dann in einem Spiel gegen ein Team zwei Ligen weiter unten so ist, regelte sich am Ende alles über die Kondition. Corso investierte viel in diese Partie, und als dabei nichts rumkam, brachen sie ein. Zumal nach 65 Minuten das 0:2 nach einer Ecke fiel. Und ab der 85. Minute ballerten die Amateure Zwee einen 0:5 Sieg heraus. Mit dem Abpfiff machten sich Patrick und Rónnóur auf den Weg zum nächsten Kick, während ich zum Eisenbahn spielen auf den Weg nach Hause machte.

Ha Ho He Amateure Zwee
der Kutten König

Aufrufe: 017.1.2024, 19:34 Uhr
Jörn KutschmannAutor