2025-12-03T05:51:34.672Z

Interview der Woche
Reiner Maurer nimmt ab Januar seine Arbeit bei der chinesischen Nationalmannschaft auf.
Reiner Maurer nimmt ab Januar seine Arbeit bei der chinesischen Nationalmannschaft auf. – Foto: Imago Images

Neuer Job beim chinesischen Nationalteam: Reiner Maurer im Interview

Blick auf China, Deutschland und Bayern: Der 65-jährige Ex-Löwe steht FuPa ausführlich Rede und Antwort

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Beförderung im Reich der Mitte: Reiner Maurer, gebürtiger Mindelheimer (Lkr. Unterallgäu) und mittlerweile Globetrotter in Sachen Fußball, tritt in Kürze seinen neuen Job als Co-Trainer der chinesischen Nationalmannschaft an. FuPa hatte die Möglichkeit, kurz vor Weihnachten mit der Löwen-Legende ausführlich zu sprechen.

FuPa: Herr Maurer, Sie sind derzeit wieder mal in der Heimat. Zeit, um mal durchzuschnaufen?
Reiner Maurer (65): Ja, derzeit bin ich in München. Die Weihnachtsfeiertage werde ich in Barcelona verbringen. Am 2. Januar werde ich dann wieder nach China fliegen.

Wo in Peking ein neuer, spannender Job auf Sie wartet.
Das ist richtig. Ich bin auch schon gespannt. Zuletzt war ich mit Jiayi Shao, der damals Anfang der 2000er Jahre bei 1860 gespielt hat, beim Qingdao West Coast Football Club tätig. Jiayi Shao wurde nun zum Nationaltrainer ernannt und ich werde als sein Co-Trainer arbeiten. Neben dem reizvollen sportlichen Aspekt bin ich auch gespannt, was mich in Peking für ein Leben erwarten wird. In der Stadt bzw. im Großraum leben mehr als 20 Millionen Menschen. Das ist gut zehnmal größer als München. Das ist schon eine Hausnummer... (lacht)

– Foto: Imago Images


China ist eine wirtschaftliche Supermacht und zusammen mit Indien das bevölkerungsreichste Land der Erde. Fußballerisch läuft aber erstaunlich wenig zusammen. Eine WM-Teilnahme 2002 in Südkorea steht in den Büchern, das war`s. Woran hapert es?
Durch die ausgebliebenen sportlichen Erfolge hat das Interesse am Fußball gelitten. Außerdem gibt es in China ein sehr intensives Schulsystem, wo wenig Zeit für das Training von Mannschaftssportarten bleibt. Wir wollen junge Spieler schneller in die Nationalmannschaft integrieren, damit sie frühzeitig wertvolle Erfahrungen auf höchstem Niveau sammeln können. Das Interesse für den Fußballsport in China wollen wir mit attraktiven Trainingsangeboten verbessern.


Mit welchem Auftrag wurden Jiayi Shao und Sie betraut, wo soll es mit der chinesischen Nationalmannschaft in der näheren Zukunft hingehen?
Aktuell steht China nur auf Platz 93 in der Weltrangliste. Wir wollen deutlich im Ranking klettern und dann wollen wir uns für die WM 2030 qualifizieren. Das ist das große Ziel.

Sie haben den Blick von außen: Wie wird der deutsche Fußball in der Welt wahrgenommen?
Der deutsche Fußball hat nach wie vor einen hohen Stellenwert im Weltfußball. Da muss man auch ein wenig differenzieren: Im Vereinsfußball hat Bayern München überall auf der Welt ein hohes Ansehen und ist eine der ersten Adressen weltweit. Hinter Real Madrid sehe ich die Bayern auf einer Ebene mit Manchester oder Paris St. Germain.

In Bezug auf die Nationalmannschaft werden derzeit Mannschaften wie Spanien, Frankreich, England oder auch Argentinien und Brasilien sicherlich stärker eingeschätzt. Die DFB-Elf hat viel an Renommee durch die letzten zwei vergeigten Weltmeisterschaften verloren. Wir sind da aber auch über eigene Sachen gestolpert: Zum einen über die eigene Arroganz, zum anderen standen beispielsweise in Katar auch andere Sachen im Vordergrund, die nichts mit dem Sportlichen zu tun hatten. Ich denke, Deutschland hat daraus gelernt und ist gut beraten, sich auf das Sportliche zu konzentrieren, was schwer genug wird.

Griechenland, Thailand, China - Sie sind international unterwegs, kennen aber auch den bayerischen Fußball bestens. Vor wenigen Jahren in der Corona-Saison 2019/21 waren Sie in der Regionalliga bei Türkgücü München engagiert. Verfolgen Sie immer noch intensiv den regionalen Amateurfußball?
Die Spiele live zu verfolgen ist natürlich schwierig, aber ich checke jede Woche die Ergebnisse. Mich freut es zum Beispiel sehr, dass der FC Memmimgen, der quasi mein Heimatverein ist, wieder in die Regionalliga Bayern aufgestiegen ist. Überhaupt ist die Regionalliga Bayern, oder Bayernliga, wie sie früher hieß, so eine Art Hausliga für mich. (lacht) Ich habe hier mit Memmingen, 1860 II, Unterhaching oder auch Türkgücü München viel Erfahrung sammeln können. Nebenbei war ich auch in der ersten und zweiten Liga und in der Schweiz aktiv. Ich habe da Woche für Woche gut zu tun, alle Ergebnistafeln durchzublättern, das ist recht umfangreich... (lacht)

Beim TSV 1860 München gehörten Sie als Spieler einst zur legendären Aufstiegsmannschaft unter Werner Lorant. Auch als Trainer waren Sie bei den Löwen tätig. Wie denken Sie heute über die Sechziger?
Ich habe ingesamt 16 Jahre bei den Löwen gearbeitet. Sechs Jahre als Spieler, dann Co-Trainer, Trainer der Profis und der zweiten Mannschaft und zu Beginn unter Werner Lorant auch Analyst. Natürlich habe ich da eine enge Verbindung und ich habe auch immer noch viele Freunde, die mit Sechzig absolut verwurzelt sind. Ich muss aber auch sagen, dass meine Zeit als Cheftrainer bei den Löwen die unangenehmste Zeit war, die man sich vorstellen kann. Zum einen wurde ich zweimal Cheftrainer, weil der Verein vor der Insolvenz stand und sich als letzte Lösung auf mich berufen hat. Zum anderen hat man bei den Löwen immer auf die andere Seite zu den Roten geschaut und sich nicht auf die eigenen Sachen konzentriert.

Reiner Maurer (hier zusammen mit Robert Hettich) im Sommer 2019 als Cheftrainer von Türkgücü München in der Regionalliga Bayern.
Reiner Maurer (hier zusammen mit Robert Hettich) im Sommer 2019 als Cheftrainer von Türkgücü München in der Regionalliga Bayern. – Foto: Helmut Weiderer


Die aktuelle Lage ist auch eher trist als Tabellen-9. in der 3. Liga. Die Stadionproblematik schwelt zudem weiter. Eine "Never Ending Story"...
Der allergrößte Fehler, der gemacht wurde, war der, dass man damals die Allianz Arena sozusagen hergeschenkt hat. Das hat mich getroffen. In dieser Saison denke ich, dass noch alles drin ist. Die 3. Liga ist sehr ausgeglichen. Mit einem positiven Lauf, kann die Saison noch mit dem Aufstieg abgeschlossen werden. Denn ich sehe keine einzige Topmannschaft in der Liga drin, die vorneweg marschiert.

In Fußball-Deutschland gibt es aktuell eine große Diskussion an der Schnittstelle vom Amateur- zum Profifußball. Die Frage lautet, wie die Struktur der Regionalligen zukünftig aussehen soll. Ihre Meinung dazu?
Das ist ein ganz schwieriges Thema. Allen kann man dabei gar nicht gerecht werden. Die Regionalliga Bayern ist ja eher eine Amateurliga, wohingegen die Regionalligen Südwest, West oder Nordost mehr Profiligen sind. Da eine gerechte Lösung zu finden, ist nahezu unmöglich, weil es einfach zu unterschiedliche Interessen gibt. Auf der einen Seite Dorfklubs mit reinen Amateurstrukturen, auf der anderen Seite Profivereine. Da einen Kompromiss zu finden...Ich möchte nicht in der Haut der Entscheidungsträger stecken.


Sie gelten in der Branche als ein Pionier der Datenanalyse und bringen in Kürze ein Online-Trainerprogramm "ProCoach4All" auf den Markt. Was hat es damit auf sich?
Ich habe in vielen Ländern gearbeitet, und da gab`s zum Beispiel natürlich auch immer mal wieder Verständigungsschwierigkeiten. Es war oft nicht einfach, Übungen in den Trainingseinheiten zu erklären. Dadurch reifte bei mir im Kopf langsam die Idee, eine Plattform ins Leben zu rufen, wo Trainingsabläufe aller Art - komplexere oder auch einfachere - per Animationen den Akteuren präsentiert werden können. Als ich 2018 aus Thailand zurückgekommen bin, habe ich begonnen, das Ganze in die Tat umzusetzen. 2019, als ich bei Türkgücü München in der Regionalliga Bayern Trainer war, habe ich dann angefangen, den Spielern vor dem Training Animationen zu zeigen, damit sie die Übungen besser verstehen konnten. Ich habe damit sehr gute Erfahrungen gemacht und in den vergangenen Jahren habe ich immer weiter daran gefeilt. Ich denke, das Ergebnis kann sich in Kürze sehen lassen. (lacht)

Vielen Dank fürs Gespräch. Das Interview führte Mathias Willmerdinger.


Aufrufe: 010.12.2025, 19:00 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor