2024-05-08T14:46:11.570Z

Allgemeines
Das Team des TSV Goddelau spielt seit 22 Jahren wieder Kreisoberliga.
Das Team des TSV Goddelau spielt seit 22 Jahren wieder Kreisoberliga. – Foto: Dominik Claus

Es hat alles gepasst für Goddelau-Trainer Höllenriegel

Goddelaus Trainer Uli Höllenriegel über die A-Liga-Meisterschaft, den bis dato letzten Aufstieg 1996 und die neue Spielzeit

Goddelau. Der TSV Goddelau ist nach 22 Jahren in die Kreisoberliga zurückgekehrt. Trainer Uli Höllenriegel spricht im Interview über die Gründe für den souveränen Gewinn der A-Liga-Meisterschaft, Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Vergleich zum bis dato letzten Aufstieg 1996 und die Aussichten seines Teams in der nächsten Saison.

Herr Höllenriegel, Sie haben nach dem Aufstieg gesagt, „ich hoffe, dass wir unsere Mentalität mit in die nächste Saison nehmen“. Wie sieht diese Mentalität denn aus?

Die Mannschaft ist sehr willensstark und hat eine tolle Einstellung. Sie will auf keinen Fall verlieren und immer ohne Gegentor bleiben. Wir verteidigen so vehement und beherzt, dass wir mit 23 Gegentoren die mit Abstand wenigsten kassiert und oft zu null gespielt haben. Es gab dafür neun Mannschaften, die mehr Tore als wir erzielt haben. Was uns letzte Saison auch ausgezeichnet hat: Wir hatten sechs Spiele, die wir in den letzten Minuten für uns entschieden haben.

Was waren andere Gründe für den Gewinn der A-Liga-Meisterschaft?

Die Geschlossenheit. Wir haben einen großen Pulk an Spielern, die sich schon seit der Jugend kennen. Wir haben drei Altersgruppen, zwei von ihnen – 91/92 und 96/97 – durfte ich bereits in der A-Jugend trainieren. Das dort Begonnene haben alle sehr gut auf den Aktivenbereich übertragen. Zu ihnen kommt der sehr gute Jahrgang 1999 hinzu – es hat also alles gepasst in dieser Saison. Außerdem sind die Spieler gerne in Goddelau, auch wenn es bei uns kein Geld und leider keinen Kunstrasen gibt. Hinzu kommt das ruhige Umfeld. Unser Spielausschuss hat mich sehr ruhig arbeiten lassen.

Die Defensivarbeit fängt ja im Sturm an. Ist das der Grund, warum manche Angreifer schon vor Ablauf der Spielzeit erschöpft ausgewechselt werden mussten?

Ja, wir hatten bei den vordersten drei Offensivspielern viele Wechsel, weil die irgendwann dann nicht mehr so viel nach vorne anbieten konnten. Die Jungs wollen und sollen sehr viel gegen den Ball arbeiten. Gerade die Außenspieler mussten sehr viel nach hinten mitmachen und der Mittelstürmer sehr weite Wege zwischen den beiden Innenverteidigern zurücklegen. Das gehört aber auch zu dem System, das wir spielen wollen.

Welches?

Wir haben knapp zwei Spielzeiten mit 4-3-3 durchgespielt. Gegen Ende der Saison haben wir dann umgestellt, weil unser Anlaufen nicht mehr so gut funktioniert hat. Wir haben Fabrice Klink, der im Dreier-Mittelfeld die 8 war, nach oben geschoben, um mit zwei Leuten früher anzugreifen. Der Taktiker würde das 4-2-3-1 nennen. Wir wollten gegen tief stehende Mannschaften nicht mehr nur mit einer Spitze anlaufen, da haben wir zu wenig Druck aufgebaut. Das hat fantastisch geklappt und Fabrice Klink hat in den letzten fünf Spielen sensationelle Leistungen gebracht.

Der TSV hat in den vergangenen Jahren immer mal wieder oben mitgespielt, aber den Aufstieg verpasst. Waren die Erfahrungen im Scheitern jetzt hilfreich?

Definitiv. Als ich pausierte, 2018 bis 2020, habe ich immer mal aufgeschnappt, woran es gelegen hat. Es haben immer Nuancen gefehlt. Mir persönlich hat es gutgetan, das als Außenstehender zu sehen, um diese Nuancen dann in vielen Gesprächen anzugehen. Da reden wir über Urlaubsplanung, da reden wir über Feiern, wo es auch Grenzen gibt, über Prioritäten in der Trainingsarbeit. Ich bin sehr nahe bei meiner Mannschaft, unterhalte mich viel mit den Spielern und vertrauen ihnen deshalb auch, wenn sie ein Gefühl haben.

Der TSV Goddelau verlor nur zweimal in dieser Saison und hatte am Ende fünf Punkte Vorsprung auf den Tabellenzweiten Hillal Rüsselsheim und elf Zähler auf den Dritten Alemannia Königstädten. War Ihr Team so gut oder die Konkurrenz schwächer als gedacht?

Die Gegner waren auf keinen Fall schlecht. Es gab Aufs und Abs bei Mannschaften, die man sich nicht erklären konnte. Wir haben es meist sehr gut gemacht, hatten aber auch Spielglück. Es gab viele knappe Ergebnisse – wir mussten immer liefern, aber das war vielleicht auch gut so. Letztlich hat Mannschaften wie Trebur und Königstädten die Konstanz gefehlt, um oben dranzubleiben.

Sie haben den Jahrgang 1999 ewähnt, dem Kapitän Jacob Menger und einige andere Spieler angehören. Ist das ein Goldener Godelauer Jahrgang?

Definitiv. Die sind auch zweimal in der Jugend schon aufgestiegen. Da steckt ganz, ganz viel Arbeit dahinter. Es fing in der D-Jugend an, dass wir mit der SKG Erfelden kooperiert haben. Dann kam Kevin Halla als Coach zum damaligen Trainer Mathias Kilp dazu, der die Jungs bis zur A-Jugend betreut hat. Das war der Beginn eines leistungsfähigeren Ansatzes beim TSV Goddelau. Es gab zeitweise drei C-Jugend-Mannschaften und die C1 war ganz klar auf Leistung ausgerichtet, das trauen sich ja viele nicht. Wir haben gesagt: Wir müssen so handeln, damit wir später was davon haben. Und zum Glück ist jetzt der Ertrag da.

Das Aufstiegsteam bleibt zusammen. Ist es auch ohne Verstärkungen Kreisoberliga-tauglich?

Ja. Ich glaube, wir brauchen diese Klasse jetzt auch. Viele Spieler sind 22, 23 Jahre alt, die brauchen jetzt den nächsten Schritt. Ich bin positiv, dass wir gut mithalten können. Wir kriegen den ein oder anderen Jugendspieler dazu, haben einige Spieler aus dem 99-er Jahrgang reaktiviert, sodass wir uns auch breiter aufstellen und sehr gut vorbereitet fühlen.

Stehen schon Neuzugänge fest? Und für welche Mannschaftsteile suchen Sie noch Verstärkungen?

Unser Hauptansatz war: Wer hat Verbindungen nach Goddelau, wer möchte gegebenenfalls in der Kreisoberliga bei uns mitwirken? Ziel ist eine Mannschaft, die charakterlich zusammenpasst. Wir haben aus St. Stephan mit dem Ex-Goddelauer Jannek Bunzel einen A-Jugend-Spieler bekommen, von dem wir uns erhoffen, dass er gut ankommt. Über einen Außenverteidiger würde ich mich jederzeit freuen und auch wenn ich sehr gute Stürmer habe: So ein eiskalter Knipser wäre auch gut, vielleicht zeigt dieser sich aber auch aus dem jetzigen Kader. Ansonsten sind wir top aufgestellt. Ich habe mit Cenk Tonguz, Pascal Corus und Marcel Kaiser drei sensationelle Torhüter, sodass ich vergangenen Saison sorgenfrei rotieren lassen konnte, und mit Jacob Menger und Moritz Wiemer eines der stärksten Innenverteidiger-Pärchen – vielleicht sogar in der Kreisoberliga.

Der TSV hat zuletzt von 1996 bis 2000 in der Kreisoberliga gespielt. Was hat sich seitdem geändert und was ist ähnlich/gleich geblieben?

Es ist gar nicht so viel anders. Auch damals gab es eine sehr starke Geschlossenheit, es waren viele Goddelauer da. Sie waren damals im Schnitt zwei, drei Jahre älter. Die Spieler damals waren individuell fantastisch, von Namen wie Stürmer Stefan Sturm und Defensivspezialist Bert Klink wird heute noch geschwärmt, aber der Fußball ist seitdem viel, viel schneller geworden. Im Umfeld hatten wir es damals leichter. Es gab gefühlt weniger Aufgaben außerhalb des Spielfeldes. Heute ist die Intensität der Betreuung sehr viel höher, aber wir haben weniger Manpower, sind im Helferbereich ganz schwach aufgestellt.

Wie lautet das Saisonziel 2022/23?

Wenn mich jemand von außen fragt, sage ich natürlich Klassenerhalt (lacht). Ich habe die letzten Jahre immer „einstelliger Tabellenplatz“ oder „Top fünf“ gesagt, aber natürlich war der Aufstieg oder die ersten beiden Plätze das Ziel. Grundsätzlich will ich meine Mannschaft so vorbereiten, dass sie jedes Kreisoberligaspiel gewinnen kann.

Auf welche Gegner beziehungsweise Spiele freuen Sie sich am meisten?

Definitiv auf die Riedderbys gegen Biebesheim und Wolfskehlen. Ich habe ja auch zwei Jahre Wolfskehlen trainiert, da ist Zuschauerkraft dabei, die uns in der A-Liga gefehlt hat. Ich freue mich aber auch auf die neuen Gegner und Sportplätze. Nach so vielen Jahren in der A-Klasse freut man sich doch auf neue Gesichter.

Ist die Kreisoberliga das „Höchste der Gefühle“ für den Verein oder können Sie sich mittel- und langfristig auch eine höhere Spielklasse vorstellen?

Träumen darf man immer. Wir sollten aber in Goddelau erst einmal damit zufrieden sein. Wenn sich die Spieler weiterentwickeln, dann können wir darüber noch einmal sprechen.

Das Interview führte Heiko Weissinger.



Zur Person

Uli Höllenriegel ist in Goddelau aufgewachsen und wohnt noch immer dort- Beim dortigen TSV fing er auch mit dem Fußball an, weitere Vereine in der Jugend waren die SG Dornheim und der TSV Wolfslkehen. Bei den Aktiven spielte der 44 Jahre alte Angestellte im Öffentlichen Dienst in Goddelau und Wolfskehlen. Seine Trainerkarriere begann 2010 bei der zweiten Mannschaft des TSV Goddelau, von 2014 bis 2016 betreute er die erste. 2016 bis 2018 wirkte Höllenriegel als Coach des TSV Wolfskehlen, seit 2020 ist er zurück bei seinem Heimatverein.

Aufrufe: 030.6.2022, 16:00 Uhr
Heiko WeissingerAutor