2024-06-14T14:12:32.331Z

Interview
FCP-Urgestein: Benny Rauch (r.), seit zehn Jahren beim FC Pipinsried, ist Erster Vorstand.
FCP-Urgestein: Benny Rauch (r.), seit zehn Jahren beim FC Pipinsried, ist Erster Vorstand. – Foto: IMAGO/BEAUTIFUL SPORTS/Goldberg

FCP-Boss Rauch im Interview: Löwen-Aufstieg? „Eher holt Pipinsried den Totopokal...“

Dorfklub vor Spiel des Jahres

Der FC Pipinsried fiebert dem Totopokal-Viertelfinale gegen 1860 München entgegen. Im Interview spricht FCP-Boss Benny Rauch über das Fußballfest.

München – Wer dabei war, schwärmt noch heute von der friedlich-fröhlichen Festivalstimmung. Am 5. Mai 2018 feierten die Löwen im Stadion des FC Pipinsried ihre Regionalliga-Meisterschaft – fünfeinhalb Jahre später, am Samstag ab 13.40 Uhr, kommt es zur Neuauflage, diesmal im Verbandspokal.

Der Sieger ist nur noch zwei Schritte vom Einzug in den DFB-Pokal entfernt, und wer glaubt, dass die Gastgeber, inzwischen Bayernligist, wieder die Rolle des freundlichen Sparringspartner einnimmt, täuscht sich. Benny Rauch (41), damals Sicherheitsbeauftragter, heute Präsident des FCP, traut seinen Dorfkickern durchaus eine Überraschung zu, wie er im Interview verrät.

„Wir werden schauen, dass es wieder ein Fußballfest für alle wird – in einem etwas kleineren Ausmaß, aber mit deutlich mehr Essens- und Getränkeständen.“

Benny Rauch und der FCP bereiten sich auf die Löwen-Fans vor.

Herr Rauch, viele Löwen-Fans schwärmen noch heute von jenem Samstag im Mai 2018, als Pipinsried zur Bühne einer weißblauen Regionalliga-Meisterparty wurde. Was ist bei der Neuauflage im Totopokal zu erwarten?

Grundsätzlich würde ich fast von einer Fanfreundschaft zwischen den beiden Clubs sprechen. Schon dadurch, dass ein Großteil der Helfer und Zuschauer Fan von beiden Mannschaften ist. Die freuen sich natürlich, wenn die erste Mannschaft von Sechzig hier rauskommt. Wir werden schauen, dass es wieder ein Fußballfest für alle wird – in einem etwas kleineren Ausmaß, aber mit deutlich mehr Essens- und Getränkeständen. Die Umbauten laufen noch. Wir bauen extra eine Zusatztribüne ins Stadion, damit auch die Fans von den hintersten Plätzen eine gute Sicht zu haben.

Alles für dieses eine Spiel?

Einige dieser Umbauten waren schon länger geplant. Das Spiel jetzt war das Zünglein an der Waage, dass man es endlich anpackt. Aber die Stahlrohrtribüne und die extra Kioske und die WC-Anlagen, das wird alles am Montag wieder abgebaut. Von der Stimmung im Stadion, mit dann 2500 Zuschauern, dürfte es dann vergleichbar sein mit 2018.

„Leider gibt der Verband auch vor, dass wir unsere eigenen Sponsoren teilweise überhängen müssen. Das ist weder für uns schön noch für die lokalen Firmen.“

Benny Rauch über die Auflagen für das Totopokal-Spiel gegen den TSV 1860.

Klingt, als würde sich der FC Pipinsried in Unkosten stürzen...

Viele dachten schon 2018, dass wir uns mit einem einzigen Spiel gesundstoßen, dass ein Verein wie wir damit die ganze Saison finanziert. Leider ist das nicht der Fall. 2018 in der Regionalliga war es sogar noch einfacher, diesmal sind die Vorgaben des Verbandes sehr einschneidend. Man muss da wirklich lange rechnen, dass am Ende noch was hängen bleibt. Wären wir bei den Zuschauern über die Kapazität gegangen, wäre es ein Nullsummenspiel gewesen bzw. hätten wir sogar das Risiko gehabt, am Ende noch etwas draufzuzahlen.

Passt es denn jetzt?

Im besten Fall wird was hängen bleiben, hoffe ich. Aber die Vorgaben sind enorm. Da ist der Sozialeuro als Abgabe an den Verband, dann müssen wir die Hälfte der Ticketpreise an 1860 abgeben, dazu haben wir Auflagen mit dem gewerblichen Ordnungsdienst – und dem Rettungsdienst, den wir zahlen. Die Ausgaben sind deutlich höher als bei einem normalen Spiel. Leider gibt der Verband auch vor, dass wir unsere eigenen Sponsoren teilweise überhängen müssen. Das ist weder für uns schön noch für die lokalen Firmen.

„Ein 5:4 nach Elfmeterschießen für uns – das wäre ein Traumergebnis!“

Benny Rauch

Zum Sportlichen. Am Samstag geht um den Einzug ins Halbfinale. Für 1860 eine Pflichtaufgabe – und für den FCP?

Ich hoffe, dass unsere Jungs Gas geben. Mehr Underdog geht nicht. Das macht die Sache einfacher, als wenn wir in der Liga gegen einen Verein aus dem unteren Tabellendrittel spielen würden.

Wäre ein 0:3 wie damals ein Traumergebnis?

Ich bin selber Sportler, deswegen ist eine Niederlage nie ein Traumergebnis. Ein 5:4 nach Elfmeterschießen für uns – das wäre ein Traumergebnis! (lacht)

Sobald etwas knapp zu werden droht, wird nachgeliefert, das wurde uns zugesichert. Es wird nichts ausgehen, das kann ich versprechen.

Der FC Pipinsried ist bereit für die Löwen-Invasion.

Hat der FCP eine reelle Chance?

Pokal ist immer etwas ganz Eigenes. Memmingen war als Regionalligist hier, Burghausen auch. In beiden Spielen konnten wir mithalten. Ich bin jetzt zehn Jahre dabei und habe gute Mannschaften erlebt, von den Einzelspielern her – trotzdem sind wir abgestiegen, weil es sonst nicht gepasst hat. Dieses Jahr ist es aber ein echtes Team. Im Fußball kann alles passieren, 1860 kann einen schlechten Tag haben – oder sie unterschätzen das Ganze. Man weiß nie. Je länger wir das Unentschieden halten können, desto interessanter wird es . . .

Sie gelten als gute Seele, der sich um alles kümmert. Wie viel Liter Bier und wie viele Würste werden Sie ranschaffen?

Mehr als ausreichend. Wir kaufen ja nichts im Supermarkt, sondern setzen auf lokale Partner. Sobald etwas knapp zu werden droht, wird nachgeliefert, das wurde uns zugesichert. Die Brauerei Kappler sitzt in Altomünster, der Metzger zwei Dörfer weiter. Es wird nichts ausgehen, das kann ich versprechen.

„Er war der Erste, der einen Hauch von Professionalität in den Verein gebracht hat, auch was Trainingstechniken angeht.“

Benny Rauch über Ex-Trainer Fabian Hürzeler.

Beim Duell vor fünfeinhalb Jahren saß auch ein gewisser Fabian Hürzeler auf der Bank des FC Pipinsried. Heute ist er der Erfolgstrainer des FC St. Pauli. Wie überrascht sind Sie von seinem Werdegang?

Gar nicht so sehr wie andere. Ich habe den Fabi von Anfang an miterlebt. Er hatte da schon ein großes Selbstbewusstsein, hat Sachen eingeführt, die es zuvor nicht gab. Videovorbereitung statt Flipcharts – mit Unterlagen vom DFB. Er war der Erste, der einen Hauch von Professionalität in den Verein gebracht hat, auch was Trainingstechniken angeht. Er war ein absolut akribischer Arbeiter, und ich denke, die Jahre hier, auch mit dem Abstieg – die haben ihn sportlich und menschlich geprägt. Niederlagen gehören dazu – vielleicht hat ihm das auf seinem Weg geholfen. Ich bin stolz auf Fabi und überzeugt, dass für ihn noch nicht Schluss ist.

Lässt er sich noch ab und zu blicken?

Hin und wieder gibt es noch Kontakt. Er schreibt auch noch mit Spielern von damals und Fans. Im Sommer hätten wir gerne ein Testspiel gegen St. Pauli gemacht – auf dem Weg in ihr Trainingslager in Österreich sind die ja quasi vor unserer Haustür vorbeigefahren. Leider haben die einen Terminkalender, der noch voller ist als meiner – was durchaus was heißt. Die Hoffnung lebt aber weiterhin.

„Die Strukturen sind nicht optimal, die Stimmung ist nicht die beste – das haben sogar wir in der Vorbereitung auf das Spiel gemerkt. Absprachen zu treffen, ist schwierig, wenn du mit verschiedenen Leuten telefonierst und jeder eine andere Meinung vertritt.“

Benny Rauch über die Zusammenarbeit mit den Löwen.

Sascha Mölders, einer der Löwen-Helden von damals, war auch mal ein Kandidat für den FCP. Warum ist man nicht zusammengekommen?

Letztlich ist es an dem gescheitert, was wir hier nicht im Überfluss haben: am Geld. Alle packen an, aber was das Finanzielle angeht, müssen wir haushalten. Ich denke, dass es ein Hauptgrund war, dass wir bestimmte Forderungen nicht erfüllen konnten und wollten.

Für wen außer dem FCP schlägt Ihr Herz: für die Blauen oder für die Roten?

Selber bin ich gar nicht so ein großer Fußballliebhaber, grundsätzlich aber eher ein Fan des Underdogs – wobei ich sagen muss, dass bei 1860 leider nicht alles gut läuft. Die Strukturen sind nicht optimal, die Stimmung ist nicht die beste – das haben sogar wir in der Vorbereitung auf das Spiel gemerkt. Absprachen zu treffen, ist schwierig, wenn du mit verschiedenen Leuten telefonierst und jeder eine andere Meinung vertritt. Dann auch noch zu behaupten, dass sie bei der Ticketvorgabe übervorteilt worden seien – fand ich unpassend, muss ich ehrlich sagen. So toll der Verein auch ist.

„Man muss halt von diesen Egos runter.“

Benny Rauchs Rat an die Führung des TSV 1860.

Hätten Sie eine Idee, wie sich bei 1860 die internen Probleme lösen ließen?

Ich sag’s mal so: Wir sind ja bei Pipinsried die kleine Version, was diese Sachen angeht, hatten deswegen auch lange eine schlechte Presse. Der Trick an sich ist einfach, aber die Umsetzung schwer: Man muss halt von diesen Egos runter.

Was ist wahrscheinlicher: Dass die Löwen aufsteigen – oder dass Pipinsried den Totopokal gewinnt?

In dieser Saison, so wie’s derzeit läuft, ist beides schwierig. Wahrscheinlicher ist aber, dass wir den Totopokal gewinnen (lacht).

Wir reden jetzt die ganze Zeit über Fußball, dabei ist Ihre große Leidenschaft das Kickboxen. Sie sind sogar Weltmeister!

Das ist richtig (lächelt). Bis vor drei Wochen war ich amtierender Weltmeister, jetzt ehemaliger. Meine Frau hat in den letzten 20 Jahren eine Menge Krankenhäuser mit mir zusammen gesehen. Damals in den USA hab ich ihr versprochen: Wenn es zum WM-Titel reicht, dann war’s das. (Interview: Uli Kellner)

Aufrufe: 016.11.2023, 09:24 Uhr
Uli KellnerAutor