2024-06-14T14:12:32.331Z

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Beim FC Wegberg-Beeck ist zuletzt einiges schiefgegangen.
Beim FC Wegberg-Beeck ist zuletzt einiges schiefgegangen. – Foto: Michael Schnieders

FC Wegberg-Beeck: Der Fluch der sensationell starken Hinrunde

In der Rückrunde fand der FC Wegberg-Beeck nicht mehr zur Stärke der Hinrunde und stieg als Vorletzter der Regionalliga West verdient wieder ab.

Analyse Rückblick auf die Regionalliga-Saison des FC Wegberg-Beeck: Die 19 Punkte aus der Hinrunde weckten Erwartungen, die nicht realistisch waren. Die Rückrunde war von vielen Turbulenzen geprägt – auf dem Platz und außerhalb. 2024 holte der FC nur sieben Punkte und stieg als Vorletzter direkt wieder ab.

Zehn neue Spieler hatte ­Beeck im vergangenen Sommer für sein viertes Abenteuer Regionalliga geholt – ein gestandener Regionalliga-Spieler war freilich nicht darunter. Angreifer Finn Stromberg, der vom 1. FC Düren kam, hatte für Beecks Rivalen zwar 25 Regionalligaspiele absolviert, stand davon aber nur fünfmal in der Anfangsformation. Ein echter Regionalligaspieler war das also auch nicht – der fängt, um mal eine Hausnummer zu nennen, bei vielleicht 50 Einsätzen in der Startelf an.

Spieler dieses Kalibers waren für Beecks Budget aber nicht zu bekommen – und auch im Laufe der Vorbereitung fiel dann keiner mehr irgendwo vom Lkw, wie Beecks Boss Werner Tellers seine Hoffnung auf eine späte Verstärkung gewohnt plakativ formuliert hatte. Stattdessen gingen die Kleeblätter also mit einer anderen Hoffnung in die Saison – die Hoffnung darauf, dass einige Zugänge, die größtenteils alle aus der Mittelrheinliga kamen, richtig durchstarten und auch im Stahlbad Regionalliga bestehen würden.

Aufstieg nur wegen Hennefs Verzicht

Dass dies ein mehr als schweres Unterfangen werden würde, hatte schon der Endspurt der Mittelrheinliga-Saison gezeigt: Das „Endspiel“ gegen den FC Hennef hatte Beeck am letzten Spieltag daheim nach einer sehr schlappen Vorstellung 0:2 verloren und war so nur Vizemeister geworden. Schon lange vorher hatte sich aber abgezeichnet, dass der Verein von der Sieg auf den Aufstieg verzichten würde – drei Tage später war das Gewissheit, Beeck rückte als Vizemeister nach.

Und wie gewohnt wurde der Aufsteiger vom Mittelrhein auch diesmal zusätzlich mit einer strukturellen Hypothek belastet: Da die Mittelrheinliga bis zum 11. Juni spielte, die Regionalliga aber schon am 29. Juli begann, war zum einen die Pause mit drei Wochen sehr kurz – und die Vorbereitung mit gerade einmal vier Wochen ebenfalls.

Im Grunde also mit einer Mittelrheinligamannschaft ging Beeck in seine fünfte Regionalliga-Saison (2021 hatte der FC einmal die Klasse gehalten – da stieg Corona-bedingt aber auch nur ein Team ab, und das war der SV Bergisch Gladbach). Der FC war fortan das einzige Amateurteam unter lauter Profimannschaften – die Selbststilisierung als „Gallisches Dorf“ war also durchaus zutreffend.

Starker Start in die Saison

Das Ganze fing dann äußerst vielversprechend an. Zum Auftakt schlugen die Schwarz-Roten die U23 Fortuna Düsseldorfs 1:0 durch ein Tor von Timo Braun, der gemeinsam mit Takahito Ohno und Torwart Ron Meyer zu den verheißungsvollsten Neuzugängen zählte. Das folgende 0:1 bei Aufstiegsaspirant Fortuna Köln war verschmerzbar – erst recht, weil Beeck gegen den späteren Mitabsteiger RW Ahlen mit 2:1 auch das zweite Heimspiel gewann. Und auch die weiteren Heimspiele gegen die seinerzeit direkten Konkurrenten Borussia Mönchengladbach (2:1), SC Paderborn U21 (3:2) und SV Rödinghausen (4:1) gewannen die Kleeblätter – diese drei Partien alle am Freitagabend unter Flutlicht. Da war im Waldstadion jeweils eine Menge los – und das sprach sich auch in der Liga rum. Dazu gewann Beeck auch noch beim ebenfalls lange Zeit mit unten stehenden SC Wiedenbrück mit 2:1 – es sollten indes die einzigen Auswärtspunkte der gesamten Saisonbleiben.

Ende Oktober stand Beeck mit 18 Punkten gar auf Rang neun – mit sieben Zählern Vorsprung auf Rang 15. Die Fachwelt staunte im Herbst landauf, landab über das gallische Dorf. 18 Zähler nach 13 Spielen als einziges echtes Amateurteam der Liga: Das war einfach eine sensationelle Ausbeute, die dem Team so gut wie keiner zugetraut hatte. Coach Mark Zeh, der zumeist mit Fünferkette spielen ließ, durfte zurecht stolz auf seine Jungs sein.

Was aber im Herbst gerne schon mal von dem ein oder anderen ein wenig verdrängt wurde: Bis auf das Husarenstück gegen Rödinghausen war bei allen weiteren Beecker Siegen auch eine gehörige Portion Glück im Spiel, war der Gegner wiederholt besser, nutzte Beeck aber seine (wenigen) Chancen konsequent – zuständig waren dafür in erster Linie die beiden langjährigen Stürmer Marc Kleefisch und Shpend Hasani. Dazu kamen individuelle Sternstunden wie die des jungen Ersatzkeepers Yannik Hasenbein, der den Sieg gegen Gladbach mit einer ganzen Reihe spektakulärer Paraden festhielt und es in seiner gesamten weiteren Karriere schwer bekommen dürfte, seine famose Leistung von diesem denkwürdigen Abend noch einmal zu toppen.

Bruch im Spätherbst

Bereits Anfang November setzte dann aber eine gegenläufige Entwicklung ein: Das 1:1 gegen Mitaufsteiger SSVg Velbert war sehr glücklich, danach verabschiedete sich Beecks Urgestein Yannik Leersmacher, der bis dahin die Halbserie seines Lebens gespielt hatte, für vier Monate nach Australien. Nach seiner Rückkehr konnte „Leerse“ an diese herausragende Form allerdings auch nicht mehr anknüpfen.

Das nächste Spiel bedeutete eine weitere Zäsur: Beim 2:5 gegen Rot-Weiß Oberhausen war die Defensive überhaupt nicht präsent. „Heute haben wir erstmals ein Spiel in der Abwehr verloren“, bekannte Zeh. Es folgten bis zur Winterpause ein mutloses 0:3 bei Mitaufsteiger FC Gütersloh sowie ein 0:4 im Mittelrheinpokal gegen den späteren Meister Alemannia Aachen. Dennoch lag der FC nach der Hinrunde noch auf Platz 13 – und hatte das wiederholt ausgefallene Spiel beim direkten Konkurrenten SV Lippstadt noch in der Hinterhand.

Am Ende der ersten Vorbereitungswoche Anfang Januar stimmte Tellers dann das Team bei einem gemeinsamen Frühstück auf die Rückrunde ein: „Der Verein hat die historische Chance, den sportlichen Klassenerhalt zu schaffen – und dies als gallisches Dorf mit dem kleinsten Etat der Liga. Aber dafür müssen alle – ohne Ausnahme – einfach alles geben und in die Waagschale werfen.“

Beecks Boss selbst ging da mit gutem Beispiel voran: Ende Januar lieh der Klub Stürmer Timo Bornemann (von Energie Cottbus) und Abwehrmann Merlin Schlosser (von Hessen Kassel) bis zum Saisonende aus – Tellers griff dafür also mal wieder sehr beherzt ins eigene Portemonnaie. Zunächst schienen die Zugänge nicht einzuschlagen – die mangelnde Spielpraxis machte sich bei beiden nicht ganz überraschend bemerkbar. „Was will Beeck denn mit denen?“, fragte sich mancher Anhänger nach deren ersten zwei Partien.

Verstärkungen brauchen Anlaufzeit

Danach entpuppten sich die beiden aber sehr wohl als echte Verstärkungen und machten das Team besser – Schlosser als vielseitig einsetzbarer Mann in der Defensive und Bornemann als Gefahrenherd im gegnerischen Strafraum. Vier Tore und fünf Assists in seinen zwölf Spielen können sich sehen lassen – mehr verhinderte vor allem ein Muskelfaserriss, der Bornemanns Einsatz gerade auch in einigen entscheidenden Spielen im März/April unmöglich machte.

Ins neue Punktspieljahr startete Beeck dürftig. In Düsseldorf lag der FC nach 53 Minuten schon 0:3 zurück, ehe eine Slapstick-Aktion des Fortunen-Keepers Beeck unerwartet ins Spiel zurückbrachte. Am Ende verlor der Gast aber 2:3. Im folgenden ersten Heimspiel gegen Vizemeister 1. FC Bocholt brachte Beeck nach vorne zwar herzlich wenig zustande, hielt aber bis zehn Minuten vor Schluss das 0:0. Ein krasser individueller Fehler leitete dann aber das 0:1 ein – Endstand 0:2.

Womit bei Tellers, dem die Entwicklung schon seit November nicht mehr gefallen hatte und der Zeh grundsätzlich eine zu defensive Spielweise vorwarf, der Geduldsfaden gerissen war: Zeh wurde am Veilchendienstag beurlaubt, das Team betreuten ab dann der bisherige Co-Trainer Mike Schmalenberg sowie der bisherige Jugendcheftrainer Stephan Houben.

Hoffnung durch Trainerwechsel

Die Entscheidung überraschte zu diesem Zeitpunkt schon sehr. Schließlich waren in der Rückrunde gerade einmal zwei Partien absolviert – und Zeh erreichte die Mannschaft auch noch zu 100 Prozent. Zum Verhängnis wurde ihm freilich auch ein wenig, dass er zuweilen stur sein konnte und hinter vielen Büschen in Beeck einen Feind witterte – vom Gegenteil konnte ihn auch der Sportliche Leiter Friedel Henßen nicht überzeugen.

Die Mannschaft reagierte auf den Rauswurf jedenfalls geschockt: Im Nachholspiel tags darauf gegen Fortuna Köln lag Beeck bereits nach 25 Minuten 0:4 zurück, ein echtes Debakel drohte. Danach nahmen die Kölschen aber den Fuß vom Gaspedal, Endstand 1:5. Aber auch so herrschte in Beeck echte Aschermittwochsstimmung. Drei Tage später folgte im Derby in Düren der nächste schlappe Auftritt: Beim 0:3 war der Gast völlig chancenlos.

Tellers und Henßen sondierten daraufhin den Trainermarkt – und wurden auch fündig. Nach dem folgenden Spiel gegen Aufstiegsaspirant Wuppertaler SV sollte der Neue übernehmen. Doch dann schlug Beeck den WSV völlig überraschend mit 3:1 – Schmalenberg und Houben blieben im Amt. „Von diesem Sieg habe ich mich blenden lassen, das war mein großer Fehler. Wir hätten Anfang März trotzdem mit einem neuen Trainerteam weitermachen sollen, um vielleicht doch noch einen entscheidenden Impuls zu setzen“, sagt Tellers rückblickend.

Es folgte eine ganz späte Niederlage bei der U23 Borussia Mönchengladbachs, ehe ein vorentscheidendes Sechs-Punkte-Spiel anstand: die Nachholpartie in Lippstadt. Nach einer desolaten ersten Hälfte konnte Beeck von Glück sagen, bis zur 45. Minute nur 0:1 zurückzuliegen. Sekunden vor der Pause glich Routinier Sebastian Wilms mit einem Gewaltschuss völlig überraschend aus. Nach der Pause war es ein komplett anderes Spiel. Beeck dominierte und hatte zwei erstklassige Chancen zur Führung – unter anderem dank des schönsten Angriffs der gesamten Saison. Über insgesamt acht Stationen, garniert von einem Doppelpass und Ein-Kontakt-Bällen, spielte sich Beeck von der eigenen Eckfahne bis an den gegnerischen Strafraum. Dort verzog Justin Hoffmanns dann etwas überhastet – wäre der Ball reingegangen, wäre es zweifellos das Beecker Tor des Jahres gewesen. Stattdessen unterlief Wilms mitten in die eigene Drangphase ein fatales Handspiel im eigenen Strafraum – Elfmeter, 1:2, wenige Minuten später der Abpfiff, eine tragische Niederlage.

Beeck vom Pech verfolgt

Merke: Das Spielglück, das ­Beeck in der Hinrunde wiederholt hatte, kehrte sich nun einige Male komplett gegen den FC um. Daran konnte auch drei Tage später der ebenso überraschende wie spektakuläre 5:1-Erfolg gegen Schalkes U23 nichts ändern – Beecks zweiter und letzter Rückrundensieg.

So blieb auch die sehr ansprechende erste Halbzeit gegen Kölns U21 unbelohnt – der Gast wusste da selbst nicht so recht, wie er im Waldstadion zur Pause 1:0 führen konnte. Daran konnte Beeck nach dem Seitenwechsel aber nicht mehr anknüpfen, die jungen Geißböcke brachten den knappen Erfolg sicher über die Zeit.

Es gab allerdings auch ganz andere Spiele, in denen Beeck die Anfangsphase komplett verpennte und schon nach einer halben Stunde aussichtslos zurücklag – das 1:5 gegen Fortuna Köln war also kein Einzelfall. Besonders bitter war dies beim nächsten Sechs-Punkte-Spiel in Ahlen. Erstmals in der Beecker Regionalligageschichte war das Team für dieses Auswärtsspiel bereits am Vortag angereist – Tellers machte es möglich. Gefruchtet hat es freilich nicht: Auch hier lag Beeck nach 37 Minuten schon 0:3 zurück – Endstand 1:3. Dazu kam das Theater um Hoffmanns, dessen Verhalten im Sporthotel Werl auf Bitten der Mannschaft im Anschluss von der sportlichen Leitung zunächst noch nicht sanktioniert wurde, ehe er nach seinem rüden Foul und der zwangsläufigen Roten Karte gegen Köln dann doch bis zum Saisonende suspendiert wurde.

Generell gab es in der Rückrunde sehr viel Unruhe, es schien in der Mannschaft auch nicht jeder bereit zu sein, für den Klassenerhalt wirklich alles zu tun – so wie es Tellers Anfang Januar eingefordert hatte. Die eingeführte vierte freiwillige wöchentliche Trainingseinheit wurde jedenfalls nicht von jedem wahrgenommen.

So bleibt festzuhalten: Die (für Beecker Verhältnisse) über alle Maßen erfolgreiche Hinrunde weckte Erwartungen, die nicht realistisch waren. Von daher war die sensationell gute Hinrunde auch ein Fluch. Denn hätte Beeck dort sechs, sieben Punkte weniger geholt, wäre es in der Rückrunde aller Wahrscheinlichkeit nach genauso ruhig und unaufgeregt wie in den Regionalliga-Saisons zuvor weitergegangen, hätten sich alle frühzeitig mit dem Abstieg abgefunden, wäre wohl auch Mark Zeh jetzt noch im Amt.

Aufrufe: 024.5.2024, 22:00 Uhr
RP / Von Mario EmondsAutor