2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Leandro Krämer beobachtet seine Mannschaft genau vom Seitenrand
Leandro Krämer beobachtet seine Mannschaft genau vom Seitenrand – Foto: Leandro Krämer/ Privat

„Keinen Tag erlebt, an dem ich genervt zur „Arbeit“ gegangen bin“

Leandro Krämer ist seit vergangenem Sommer 1.hauptamtlicher Mitarbeiter beim FC Nordost. Mittlerweile hat der 21-Jährige auch die 1.Herren als Trainer übernommen. Welche Herausforderungen dabei auf ihn warten, ob er Druck verspürt oder, was er erreichen möchte, erklärte er im Interview.

Ein Interview von Marcel Peters - https://www.facebook.com/AmateurberichterstattungMarcelPeters/ - regelmäßig Berichte über Berliner und Brandenburger Amateurfußballer oder Vereine. Gesprächspartner: Leandro Krämer, #482

Die „heiße Phase“ der Saison ist gestartet. Viele Mannschaften kämpfen um Auf- oder Abstieg - nicht so der FC Nordost. Um was kann es in den letzten Spielen noch gehen?

Für uns ist es überhaupt eine erfreuliche Situation fünf Spieltage vor Saisonende bereits den Klassenerhalt gesichert zu haben. Ich habe die Mannschaft im Oktober 2021 auf dem vorletzten Tabellenplatz und damit auf einem direkten Abstiegsplatz übernommen. Von Beginn an ging es in diesem Jahr nur noch um den Klassenerhalt. Wir nutzen die verbleibenden Spieltage nun dazu, uns auf die nächste Saison vorzubereiten und unsere spielerischen Elemente zu festigen.

Du sagst es, auf einem Abstiegsplatz übernommen und ins sichere Mittelfeld geführt. Wie zufrieden bist du mit dem bisherigen Verlauf?

Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit dem bisherigen Verlauf. Bis vor drei Spieltagen haben wir uns auf dem 2.Platz der Rückrundentabelle wiedergefunden. Nach einer ordentlichen Siegesserie zum Jahresbeginn 2022 haben wir unser oberstes Ziel erreicht. Nun geht es darum noch den Sprung auf einen einstelligen Tabellenplatz zu schaffen.

Welche Visionen oder Ziele schweben dir für die kommende Saison vor?

In der kommenden Saison gilt es die Entwicklung der 1.Herren zu bestätigen. Wir möchten von Beginn an nichts mehr mit dem Abstiegskampf zu tun haben und uns von Spiel zu Spiel weiterentwickeln.

Du bist erst 21 Jahre jung. In diesem Alter werden noch nicht viele Cheftrainer einer Herrenmannschaft. War das Alter für dich eine Herausforderung?

Es ist durchaus eine besondere Situation mit 21 Jahren eine Herrenmannschaft zu leiten. Allerdings haben wir einen sehr jungen Kader. Die Mannschaft hat den Trainerwechsel sehr gut verkraftet und hat mich von Beginn an wärmstens aufgenommen in meiner Rolle. Daher kann ich glücklicherweise auch sagen, dass das Alter hierbei nahezu keine Rolle spielt, es gab bis heute auch keinerlei autoritäre Probleme zwischen Spielern und Trainer. Ich sehe in der Konstellation mehr eine Chance als eine Herausforderung.

Mit welchen Ambitionen bist du Cheftrainer geworden, was hat dir bisher gefallen und woran möchtest du unbedingt noch arbeiten, was konntest du aus dem ersten Jahr mitnehmen?

Meine größte Ambition war aus sportlicher Sicht erstmal die Sicherung des Klassenerhalts. Zusätzlich wollte ich auch die Art und Weise verändern in der wir uns auf dem Platz präsentieren und Fußball spielen. Am besten gefällt mir die Aufnahmebereitschaft meiner Mannschaft. Wir haben von Beginn an, trotz der schwierigen Ausgangslage, eine hohe Risikobereitschaft gehabt, viele Dinge zu verändern und das ohne wirkliche gemeinsame Vorbereitungsphase. Die größte Lehre meines ersten Trainerjahres im Herrenbereich ist wohl, dass leider nicht immer nur die spielerisch bessere Mannschaft als Sieger vom Platz geht. Wir haben viele kuriose Dinge erlebt und dadurch schmerzhafte Punktverluste kassiert.

Steht dir eine große Karriere als Trainer bevor?

Mit Blick auf das neue Lizensierungssystem des DFB, sollte man nicht zwingend von der großen Karriere im Sport ausgehen. Ich habe das Gefühl, dass einem der Weg erschwert wurde durch die neue Struktur zur Lizenzerreichung. Dennoch strebe ich bis Juni nun erstmal den erfolgreichen Abschluss des Trainer B-Lizenz-Lehrgangs an. Für mich steht aber fest, dass ich den Sprung ins Fußballgeschäft gerne realisieren möchte. Auch deshalb habe ich mich für meinen Studiengang (Fußballmanagement) entschieden.

Gibt es ein Vorbild, dem du nacheiferst, beziehungsweise dessen Fußball du gerne spielen lassen würdest?

Ich würde sagen ein einzelnes Vorbild habe ich so nicht. Ich versuche mir viele Dinge und Teilbereiche anzuschauen um davon zu lernen. Dabei stoße ich am häufigsten auf Input von Klopp, Nagelsmann oder auch Tedesco. Beeindruckend war für mich aber immer schon Jupp Heynckes.

Du bist neben deiner Tätigkeit als Trainer Hauptamtlicher Mitarbeiter beim FC Nordost. Welche Aufgaben fallen dort den ganzen Lieben Tag an und wie bekommst du alles unter einen Hut?

Beim FC NORDOST Berlin ist mein Alltag sehr unterschiedlich und flexibel. Im allgemeinen bin ich zuständig für: Trainings- und Spielbetrieb aller Mannschaften, Spieler- und Trainergespräche, Aufbau neuer Strukturen (z.B.: Videoanalyse), Kaderplanung der Herrenmannschaften, Koordinieren der 4 FSJler, sowie weiterer termingebundener Aufgaben. Das ganze lässt sich gut mit meinem Studium vereinbaren. An Präsenttagen in der Hochschule bin ich vom Arbeitsalltag befreit, sodass ich dieser Aufgabe stets nachkommen kann.

Kannst du dir den Sprung ins Profigeschäft auch in einer anderen Funktion vorstellen?

Es ist sicherlich ein Traum den Sprung ins Profigeschäft zu realisieren. Beim neuen Lizenzsystem des DFB werfen sich allerdings viele Zweifel auf, ob das als Trainer so überhaupt realistisch sei. Für mich sind allerdings auch Aufgabenbereich des Scouting, der Spielanalyse oder auch der Spielerberatung denkbar, sodass ich diesen Traum langfristig noch nicht abgeschrieben habe.

Lastet manchmal ein hoher Druck auf dir, dem du nicht gerecht werden kannst, oder kannst du das noch ganz gut von dir fern halten?

Ich kann das soweit sehr gut von mir fernhalten. Es ist so das bei uns im Verein viel Wert auf Wertschätzung und Vertrauen gelegt wird. Auch unser junges Ehrenamt im Verein verspürt viel Vertrauen, sodass Druck hier eher keine große Rolle spielt

Nebenbei kickst du noch in der Mannschaft. Mehr aus der Not geboren, wegen Spielermangel, oder einfach um den Jungs zu zeigen, wie es geht?

Ich kicke selber nicht in der Mannschaft. Ich spiele lediglich so oft wie es geht noch für unsere 2.Herren mit, um mich auch als Spieler einigermaßen Fit zu halten. Wir haben in der 1.Herren einen zunehmenden Spielerzuwachs, sodass ich mich nicht selbst als Spielertrainer einsetzen muss. Lediglich zum Ende der Hinrunde musste ich mich einmal bereitstellen und spielen. Das war allerdings Corona geschuldet. Wir hatten viele Erkrankte, sodass ich selbst gespielt habe. Glücklicherweise konnte ich meine Entscheidung mit einem Tor rechtfertigen.

Was begeistert dich im Fußballbereich?

Der Fußballbereich ist und bleibt einfach ein Besonderheit für mich. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl tagtäglich einer Tätigkeit nachzukommen, die der eigenen Leidenschaft zugrunde liegt. Ich habe seit meinem Amtsantritt am 01.06.2021 keinen Tag erlebt, an dem ich unmotiviert oder genervt zur „Arbeit“ gegangen bin. Ganz im Gegenteil die Faszination Fußball sorgt bei mir eher dafür, dass ich mich eigenständig mal auf andere Dinge neben den Platz konzentrieren muss, um auch einen gesunden Abstand zu wahren. Besonders genieße ich den tagtäglichen Umgang mit Gleichgesinnten und guten Bekannten, das zielbezogene Arbeiten auf und neben dem Platz, sowie gerade zur Sommerzeit das ständige „draußen sein“ an der frischen Luft auf dem schönen Grün. Dieser Sport prägt mich nun bereits seit Kindertagen und soll dies auch bis ins hohe Alter tun.

Aufrufe: 09.5.2022, 12:35 Uhr
Marcel PetersAutor