2024-05-10T08:19:16.237Z

Spielbericht
– Foto: Jörn Kutschmann

Es ist noch nicht vorbei.

Stifte rausholen und Fußballgeschichte schreiben…

BSC Eintracht Südring – Hertha BSC Ama Zwee 1:0

29.Spieltag Bezirksliga Berlin Staffel 2 Saison 2022/2023

Sonntag, 21.05.2023 14:15 Uhr

Willi-Boos-Sportanlage

163 Zuschauer

Das Merchandise von Hertha BSC war in den vergangenen Jahren zumeist eins: Schlecht. Es war teuer, die Größen fielen viel zu klein aus und es ging alles schnell kaputt. Ich erinnere mich an einen Hertha-Toaster, den ich einst zu Weihnachten bekam. Ein wirklich tolles Gerät, welches die Hertha Fahne in das Toast rösten konnte. Leider bestand das Ding zu großen Teilen aus Plastik und nach mehr als vier Toastscheiben hintereinander wurde das Gehäuse so heiß, dass das Plastik zu schmelzen begann. Das war nur eine der vielen Enttäuschungen, die aus dem Hertha Fan Shop kamen. Eine Sache allerdings, die jahrelang etwas vergessen in der Unordnung meines Schreibtisches versteckt lag, sollte aber am heutigen Morgen für Erheiterung sorgen: ein Stift. Ein großer blau-weißer Stift mit der Hertha Fahne darauf. Dreht man an seinem unteren Ende, fährt sich die Kugelschreibermine heraus und man kann ihn seinem eigentlichen Zweck zuführen und etwas damit aufschreiben. Drückt man aber auf sein oberes Ende erklingt Frank Zanders Hertha-Hymen “Nur nach Hause”. Das hatte der Sohnemann heute entdeckt und ließ die Hymne unentwegt erklingen. Dabei tanzte er zu Melodie und klatschte, wenn auch neben dem Takt, immer wieder fröhlich in die Hände. So etwas hatte der Muschelpo noch nie gemacht und natürlich standen seine Eltern mit ihren Handys sofort parat, um alles festzuhalten.

Ich sah mir diese Sequenz am Abend immer wieder an und obwohl meine Laune wirklich im Keller war, heiterte es mich ungemein auf, wie mein Dreijähriger sich an dem Herthasong Nummer eins erfreute. Die positiven Vibes dieses kurzen Videos sind sehr wichtig für mich, da der nun zu schreibende Bericht bzw. dessen Ergebnis mir stark an die Substanz geht.

Begonnen hatte der Tag, wie erwähnt, mit der Tanzeinlage des Nachwuchses. Anschließend verfrachten wir den Sohnemann zu einem Kita-Kumpel und verlebten mit seinen Eltern einen angenehmen Vormittag. Als die Zwerge dann Richtung Mittagsschlaf wegdämmerten, machte ich mich auf den Weg nach Kreuzberg.

Nach einer Dreiviertelstunde in der U-Bahn, die nach einem halben Sommertag bereits stickig und stinkend daherkam, konnte ich meine Lungen wieder mit frischer Luft füllen. Blinzelnd, weil die Sonne mich blendete, kramte ich mein Smartphone raus, um im Internet den Weg von der U-Bahn zum Sportplatz zu finden. Gut, dass das World Wide Web Idioten gewohnt ist, sonst hätte es mich vermutlich angepflaumt, dass ich mich einfach um 180 Grad drehen und 100 Meter geradeaus laufen soll.

So erreichte ich, eine gute Stunde vor dem Anstoß, die Willi-Boos-Sportanlage, benannt nach einer Vereinslegende des BSC Eintracht Südring. Ich war allerdings nicht der Erste. Es tummelten sich schon einige Herthaner am Platz und gemeinsam blickten wir immer wieder auf den Liveticker des Spiels zwischen dem BSV und Rudow II. Am Ende stand dort ein Unentschieden, was bedeutete, ein Hertha Sieg wäre heute immens wichtig. Natürlich war auch Südring gefordert. Immerhin würde der Sieger dieser Partie einen gewaltigen Sprung zum Klassenerhalt machen. Für Hertha BSC wäre ein Sieg sogar gleichbedeutend mit dem (fast) sicheren Liga-Verbleib.

Aufgrund dieser Wichtigkeit agieren beide Mannschaften sehr verhalten, wobei man den Gastgebern durchaus mehr Spielanteile zuschreiben muss. Mit dem torlosen Remis ging es in die Pause und für mich und meine Mama, die kurz vor dem Anpfiff kam, ging es zum Imbiss.

Natürlich durfte ich nicht bezahlen und so wurde mir ein leckeres Köftebrot spendiert. Leider hatte der Meister am Grill seine Hackfleisch-Stückchen nicht gut sortiert und so war eine meiner Portionen noch ziemlich roh in der Mitte. Ich hoffte beim Essen einfach, dass das Fleisch halal war und sich so die Gefahr von Trichinen in Grenzen hielt.

Trotzdem lag mir die rohe Kost etwas schwer im Magen. Das war allerdings nichts im Vergleich zum unguten Bauchgefühl in der 68. Minute, als Südring nach einem Konter mit 1:0 in Führung ging.

Hertha tat sich in der Folge noch schwerer, als vor dem Gegentor und Südring verwaltete das Ergebnis clever. Selbst die Einwechslung unseres Trainers konnte das Ergebnis nicht mehr ändern und die Kreuzberger zogen in der Tabelle an Hertha vorbei.

Lange Gesichter bei allen Herthanern nach dem Schlusspfiff, während die Kicker von Südring natürlich die pure Freude verkörperten.

Meine Mama nahm mich mit dem Auto mit, zurück nach Hause. Auf der Fahrt war ich relativ still und meine Mama dachte schon, es würde am Fahrstil der rasenden Omi liegen. Der trug allerdings nur recht wenig dazu bei. Viel mehr ging mir eine Info durch den Kopf, die ich vor dem Spiel erhalten hatte:

Unser Kapitän hatte heute sein letztes Spiel für die Ama Zwee bestritten. Das letzte Saisonspiel würde er berufsbedingt verpassen und daher hatte er heute das letzte Mal die Mannschaft aufs Feld geführt. Ein Schritt, der sich abgezeichnet hatte und mich trotzdem schwer traf. Natürlich ist seine Entscheidung verständlich. Familie und Job nehmen viel Zeit in Anspruch und eigentlich war seine Karriere im Herrenbereich schon vor drei Jahren beendet. Nur der alten Dame zuliebe war er nochmal aus der Ü32 in die Bezirksliga zurückgekommen. Tausend Dank für Alles, Ferro!

Es wäre furchtbar, wenn dieses Kapitel nun mit einem Abstieg enden würde.

Noch ist aber nichts verloren. Mit einem Sieg gegen Blau-Gelb Berlin in zwei Wochen kann alles noch gerettet werden.

Bitte liebes Team: Lasst den Kapitän nicht mit einem Abstieg von Bord gehen. Bitte sorgt dafür, dass mein Sohn weiterhin fröhlich zu “Nur nach Hause” tanzen kann.

Auf gehts Ama Zwee - Einfach mal die Klasse halten!

Ha Ho He Amateure Zwee

der Kutten König.

P.S. An alle Hertha-Fans: kommt am 4.6.23 um 13 Uhr an die Lüderitze. Das Team braucht jede Unterstützung, die es bekommen kann!

Aufrufe: 022.5.2023, 20:57 Uhr
Jörn KutschmannAutor