2024-05-02T16:12:49.858Z

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Das letzte Mannschaftsbild: Nun löst sich die Frauen-Mannschaft des TSV Murnau auf. Einige hören auf, andere wollen sich Vereinen aus dem Umland anschließen.
Das letzte Mannschaftsbild: Nun löst sich die Frauen-Mannschaft des TSV Murnau auf. Einige hören auf, andere wollen sich Vereinen aus dem Umland anschließen. – Foto: Privat

Ende einer 18-jährigen Erfolgsgeschichte: Frauen des TSV Murnau lösen sich auf

Annika Doppler beendet Karriere

Trotz aller Bemühungen löst sich die Frauenmannschaft des TSV Murnau auf. Für einige Spielerinnen geht es an anderer Stelle weiter, andere hören auf.

Murnau – Niemand wird ihnen vorwerfen, dass sie nicht alles versucht hätten. Noch in der Rückrunde veranstalteten die Murnauer Fußballerinnen diverse Probetrainings. Edi Koller, ihr ehemaliger Coach und so etwas wie der Kaderplaner Oberland, vermittelte pausenlos ambitionierte Kickerinnen der Region. Zehn Neue hätten sie gebraucht für eine weitere Saison – in der Landes- oder Bezirksoberliga.

Von vier Spielerinnen lag die Zusage vor. Zu wenig für eine gesunde Zukunft. „Mitte der Rückrunde war es klar, dass das nicht mehr realistisch ist“, sagt Spielertrainerin Annika Doppler, die wie Assistentin Franziska Fischer aufhört. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als gemeinsam das Projekt ihrer Herzen zu Grabe zu tragen. Vor dem letzten Spieltag verkündeten die Murnauerinnen bereits ihre Auflösung. Über 200 Zuschauer kamen zum finalen Akt, darunter zahlreiche Begleiter aus 18 Jahren Frauenfußball beim TSV.

„So viel Spaß wie in Murnau hatte ich nirgendwo. Das war auf jeden Fall die schönste Station.“

Annika Doppler über die Zeit beim TSV.

Was 2005 als Hobbytruppe begann, entwickelte sich schnell zu einem erfolgreichen Start-up. Bis zur Kreisliga kamen die Frauen mit Trainer-Pionier Johannes Neuner. In die Bezirksliga brachte sie 2016 Thorsten Sellner. Den Triumphzug bis zur Landesliga orchestrierte Koller, der starke Mann des Frauenfußballs im Oberland. „So viel Spaß wie in Murnau hatte ich nirgendwo. Das war auf jeden Fall die schönste Station“, sagt Doppler, die 2018 zum TSV stieß. Längst hatten Spielerinnen wie Simone Goldhofer eine Kultur des Miteinanders aufgebaut.

Der Teamgeist trug Murnau – und vor allem zog er an. Beinahe jede Spielerin schwärmte vom Gemeinschaftsgefühl in diesem Team. Man traf die jungen Sportlerinnen bei Feiern, bei Ausflügen, bei Spielen. Für die Giesinger Brauerei modelten sie in ihren Trikots. Ja, die Murnauer Frauen waren für jeden Spaß zu haben. Sie schufen sich eine kleine aber feine Parallelwelt im TSV, was gewiss nicht jedem in diesem großen Verein passte. Aber anders, das kann man im Rückblick sagen, wären sie nicht so erfolgreich gewesen. Ihnen fehlte, was etwa bei Handballern und Basketballern völlig normal ist: die Nachwuchsarbeit. „Es macht keinen Sinn, wenn man keine Jugend hat“, sagt Doppler.

Spielerinnen des TSV Murnau schließen sich Wolfratshausen oder SC Huglfing an

Der SC Huglfing positioniert sich im Oberland seit einigen Jahren als Schmiede des Mädchenfußballs. Mit einer U17 in der Landesliga und der Ersten in der Bezirksliga. Ein Teil des TSV-Teams, gerade die Jüngeren, kommt dort unter. Das ist der natürliche Kreislauf. Vor gut zehn Jahren hatte Murnau die Reste der höchst erfolgreichen Schlehdorfer Mannschaft aufgesammelt, mit Spielerinnen wie Torjägerin Franziska Fischer den Höhenflug begründet. „Ich denke, dass Huglfing mit der Mannschaft und dem Jugendbereich bald aufsteigt“, sagt Doppler.

Für die Älteren hat sich in Wolfratshausen eine Anlaufstelle aufgetan. Koller steigt dort im Sommer als Co-Trainer ein. „Bei manchen kitzelt es schon“, sagt Doppler. Führungsspielerinnen wie Celina Costantini oder Torfrau Laura Dessel überlegen, ob sie gemeinsam zum BCF wechseln und in der Bezirksoberliga einen neuen Anlauf gen Landesliga starten. Die Ehemaligen können sich vorstellen, in Ohlstadt ein Hobbyteam anzusiedeln. Vielleicht nicht nächstes Jahr, aber in näherer Zukunft. „Einfach Gaudi-mäßig, das ist eine Option für die vielen Muttis“, erzählt Doppler.

Abstand zum Fußball: Spielertrainerin Annika Doppler beendet Kaarriere mit 31 Jahren

Auch die Trainerin schiebt Fußball fürs Erste zur Seite. Sie wollte schon voriges Jahr aufhören, ehe Koller sie und Fischer für eine letzte Saison überredete. „Man sagt schweren Herzens: Es ist vorbei.“ Alles hat die 31-Jährige mitgemacht: Bundesliga, Zweite Liga, Dritte Liga, Jugend-Nationalmannschaft samt EM-Titel. Ihr früherer Trainer Koller hält sie noch immer für die mitunter technisch begabteste Spielerin im deutschen Frauenfußball. Wer sie einmal erlebt bei einem Hobbyturnier unter Männern, weiß was er meint. Selbst dort sticht sie mit ihrem Ballgefühl, ihrer Schusstechnik, ihrem Auge heraus.

In der Rückschau auf ihre Jahre beim FC Bayern sagt sie: „Das war immer mit Druck verbunden und alles sehr leistungsorientiert.“ In dieser Zeit verlor sie den Spaß am Sport. „In Murnau hat sich’s angefühlt, als wäre ich angekommen.“ Ihr ging’s nicht mehr um das höchste Level, sondern um die Gaudi. „Der Erfolg schweißt zusammen.“ Aufstiege und Fußballfeste machten die fünf Jahre beim TSV zur emotionalsten Zeit.

Annika Doppler kann sich nach Pause Trainer-Comeback im Jugenbereich vorstellen

Nun aber reicht’s. Doppler will die Wochenenden genießen, auf Berge klettern, mit dem Rad fahren, baden gehen – und sich keine Gedanken über das nächste Spiel machen müssen. Kitesurfen hat sie kürzlich für sich entdeckt. „Ich habe Bock, das gescheit zu lernen.“ Eine Rückkehr auf den Fußballplatz dürfte es trotzdem bald geben, aber als Trainerin.

Die ersten Anfragen erreichten sie längst. Ein paar Monate will sie pausieren, danach ist nichts ausgeschlossen. Im Jugendbereich zu starten, klinge nicht verkehrt, sagt sie. Für den Fußball in der Region wäre es ein Segen. Gerade junge Mädels brauchen Vorbilder wie Annika Doppler. (ANDREAS MAYR)

Aufrufe: 06.6.2023, 08:33 Uhr
Andreas MayrAutor