2024-06-17T07:46:28.129Z

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Umjubelter Held: Elfmeterheld Tobias Fröhlich (Mitte) wurde von Trainer Markus Vogt (rechts) und seinen Habacher Mitspielern geherzt.
Umjubelter Held: Elfmeterheld Tobias Fröhlich (Mitte) wurde von Trainer Markus Vogt (rechts) und seinen Habacher Mitspielern geherzt. – Foto: Andreas Mayr

„Einfach geil, wie das Oberland zusammenhält“ – Fröhlich wird für Habach und die Region zum Helden

Nach Elfmeter-Wahnsinn

Der ASV Habach bleibt in der Bezirksliga und hat mit Tobias Fröhlich einen neuen Helden. Der Sieg zeigte, den besonderen Zusammenhalt im Oberland.

Habach – Der Moment, in dem sich ein kleines bisschen Fußballgeschichte manifestierte, gehörte einem ganzen Dorf. Es sah aus, als veranstalte das komplette Habach ein Wettrennen auf Tobias Fröhlich. Der ist hauptamtlich Torhüter, nebenbei Elfmeterschütze – und ab jetzt für immer Legende. Es hätte keinen unpassenderen Helden für diesen Tag geben können als ihn. Über sich selbst sagt Fröhlich: „Ich hab’ in meinem ganzen Leben einen Elfer gehalten.“ Der Mann ist Torwart und 32 Jahre alt. Nur mal so zur Einordnung.

Habach feiert Klassenerhalt mit Penzberg, Raisting und Murnau

Im Elfmeterschießen gegen Sulzemoos hielt er deren zwei, darunter den entscheidenden von Thomas Schmid. Und weil die Regeln besagen, dass in dieser so brutalen Art, ein Spiel zu entscheiden, jeder der elf Spieler einmal anzutreten hat, musste Tobias Fröhlich selbst schießen. Als elfter und letzter Habacher. „Ich hab’ nicht gewusst, dass ich dran bin. Ich hatte den Ball und es wollte keiner kommen“, sagte der Keeper. In die Mitte des Tores donnerte er den Ball zum Endstand von 12:9 vor über 700 Zuschauern.

Für alles, was sich in den Minuten danach ereignete, reichen Worte nicht aus. Hunderte stürmten den Platz. Bengalos leuchteten in weiß und blau. Raketen schossen gen Himmel. Trommel und Megafon wurden auf den Platz gekarrt. Und Benedikt Heckmeier, der frühere Capo, entblößte zur Freude aller mal wieder seinen Oberkörper. „Jetzt wird gefeiert, bis wir nicht mehr können. Wir werden irgendwann in einem Bett aufwachen. Hoffentlich im richtigen“, gab Kapitän Maximilian Feigl zu Protokoll. Und wie sie feierten. Mit ihren eigenen Leuten. Mit Penzbergern. Mit Raistingern. Mit Murnauern. „Einfach geil, wie das ganze Oberland zusammenhält“, sagte Feigl.

Einheit im Oberland: Die Spieler des TSV Murnau kamen im ASV-Dress, um Habach zu unterstützen.
Einheit im Oberland: Die Spieler des TSV Murnau kamen im ASV-Dress, um Habach zu unterstützen. – Foto: ANDREAS MAYR

Roman Trainer vom TSV Murnau ruft Freundschaft zu Habach aus

Dieses kleine Wunder begann viele Stunden davor. Mit Anekdoten, die man sich lange erzählen wird. Markus Vogt, einer der zwei Trainer, berichtet von seinen schlaflosen Nächten und seinen Eingebungen. Etwa den mobilen, Kopfball-starken, aber höchst angeschlagenen Philipp Puchner in der Innenverteidigung aufzustellen oder im Angriff auf Dreierkette umzustellen. Kleine Taktikkniffe mit explosiver Wirkung. Am Morgen trafen sich die Kollegen aus Murnau bei Martin Wagner, Habacher und Ex-Trainer des ASV, zu einer weiteren Meisterparty. Wie sie lautstark am Sportplatz eintrafen, zogen sie sich alle alte Habacher Trikots über, formten eine Allianz mit ASV-Ultras und den kleinsten Fans.

Man hat so was noch nicht gesehen. Sechs-, siebenjährige Kinder neben gestanden Mannsbildern, alle mit Fahne, Ratschen oder sonoren Stimmen bewaffnet, Fangesänge wie im Bundesligastadion schmetternd. „Das pusht dich, das gibt dir die restlichen Prozent“, sagt Andreas Hoiß, dessen Tochter mitten drin war in diesem Partypulk. Als alles vorbei war, rief Roman Trainer, Stürmer des TSV Murnau, eine neue Freundschaft zwischen beiden Vereinen aus. Beseelt und Freude-trunken von einem Nachmittag für die Ewigkeit.

Fast wäre alles anders gekommen: Der eingewechselte Sulzemooser Fuchs umdribbelte in der 117. Minute ASV-Keeper Fröhlich, schoss aber aus spitzem Winkel vorbei.
Fast wäre alles anders gekommen: Der eingewechselte Sulzemooser Fuchs umdribbelte in der 117. Minute ASV-Keeper Fröhlich, schoss aber aus spitzem Winkel vorbei. – Foto: Andreas Mayr

„Du hattest nie das Gefühl, dass wer aufgibt. Es hat jeder dran geglaubt.“

Markus Vogt, Trainer vom ASV Habach.

Vor vier Wochen hat man sie schon eingesargt und begonnen, die Erde aufs Grab zu schaufeln. „Ich hab einige Stimmen gehört, die gesagt haben: Die packen das nicht mehr“, erinnert sich Andreas Hoiß. Aber diese Leute saßen ja auch nicht in der Kabine, sahen nicht, welch Gaudi die Burschen hatten, selbst nach dem Hinspiel, diesem 0:2. „Du hattest nie das Gefühl, dass wer aufgibt. Es hat jeder dran geglaubt“, sagt Markus Vogt. Diese Habacher erinnern einen zwangsläufig an den Brandner Kasper, der den Boanlkramer narrt und so dem Tod entkommt. Solche bayerischen Bazis gibt’s nur auf dem Dorf. Mit dieser Pfiffigkeit gingen sie dieses Duell an.

Es sah tatsächlich so aus, als hätten die Habacher einen Pakt mit dem Himmelvater geschlossen. Der Gegner vergab seine zwei hundertprozentigen Chancen in der regulären Spielzeit. Auf der anderen Seite gelang alles, was sie versuchten. Beim 1:0 von Michael Baumgartner zischte der Ball zwischen den Beinen des Torhüters hindurch (10.). Beim 2:0 zahlte es sich aus, dass Maximilian Kalus in der Hallen-Bundesliga gekickt hat. Auf wenigen Quadratmetern verlud er mehrere Verteidiger, schloss mit links ab (61.).

Mitten ins Sulzemooser Herz: Habachs Keeper Fröhlich schoss den entscheidenden Elfmeter hoch in die Mitte.
Mitten ins Sulzemooser Herz: Habachs Keeper Fröhlich schoss den entscheidenden Elfmeter hoch in die Mitte. – Foto: ANDREAS MAYR

Fröhlich macht sich beim ASV Habach unsterblich

Nach einem weiteren Kalus-Knaller, wieder mit dem schwachen linken Fuß, sah Habach nach exakt 100 Minuten wie der Sieger aus. „Wir waren mit einem Haxn in der Bezirksliga“, sagte Andreas Hoiß. Nach einem Eckball kam Sulzemoos jedoch auf 1:3 heran. Der Habacher Mut wurde im Elfmeterschießen belohnt. 22 Versuche waren nötig.

Sulzemoos traf acht Mal, Habach neun Mal. Markus Vogt drückte in diesen Momenten seinen Glücksbringer ganz fest. Einen silbernen Engel, dem ihm seine älteste Tochter kürzlich aus Spanien mitgebracht hat. Die göttliche Hilfe kam unten an und traf offensichtlich Tobias Fröhlich. Der Held, der keiner sein wollte und der nun unsterblich ist beim ASV. (Andreas Mayr)

Aufrufe: 027.5.2024, 13:15 Uhr
Andreas MayrAutor