2024-06-04T08:56:08.599Z

Ligabericht
Marcus John leitet beim KFC Uerdingen einen Neustart ein
Marcus John leitet beim KFC Uerdingen einen Neustart ein – Foto: Jochen Classen
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"Die Zeit beim 1. FC Bocholt war die turbulenteste meiner Karriere"

Marcus John, der den Regionalligisten 1. FC Bocholt in den vergangenen zwei Jahren als Trainer und Sportlicher Leiter prägte, wechselt im Sommer zum KFC Uerdingen.

Die Regionalliga-Saison 2022/2023 ist vorbei, der 1. FC Bocholt hat als Aufsteiger die Klasse gehalten. Damit ist die Mission für Trainer Marcus John beendet. Im Interview erklärt der 48-Jährige, weshalb ihm der Abschied vom 1. FC Bocholt schwerfällt, was er beim KFC Uerdingen vorhat und ob ihn die schärferen Auflagen für den Spielbetrieb stören.

Nach knapp zwei Jahren endet die Zeit von Marcus John beim Regionalligisten 1. FC Bocholt. Der 48-Jährige war als Sportlicher Leiter geholt worden, gleich zwei Mal musste er allerdings auch als Trainer einspringen. Und der Routinier führte die "Schwatten" tatsächlich zum Klassenerhalt in der vierthöchsten deutschen Spielklasse. Nun wird Marcus John den Hünting verlassen, ihn zieht es zum Oberligisten KFC Uerdingen.

Herr John, wie schwer fällt Ihnen der Abschied vom 1. FC Bocholt?
Marcus John Der Abgang fällt mir sehr schwer. Aber wir haben am vergangenen Samstag einen tollen Abschied gehabt, auch wenn ich mir gegen RWO ein anderes Ergebnis gewünscht hätte. Mit mir wurden sehr viele verdiente Spieler verabschiedet, das war schon besonders. Ich habe ganz bewusst die Aufstiegsmannschaft spielen lassen. Da haben dann nicht alle Positionen und Abläufe gestimmt, aber darum ging es nicht. Ich habe vom Präsidenten Ludger Triphaus immer sehr viel Vertrauen gespürt, mir wurde beim 1. FC Bocholt nie in meine Arbeit hineingeredet. Das habe ich auch schon anders erlebt. Diese zwei Jahre werden mir unheimlich positiv im Gedächtnis bleiben.

Drei Spieltage vor Schluss hatte der 1. FC Bocholt den Klassenerhalt geschafft. Wie steinig war der Weg dorthin?
John Es war tatsächlich ein hartes Stück Arbeit. Im Hintergrund hatten wir mit vielen Problemen zu kämpfen, darunter die Zoll-Aktion und viele Verletzte. Aber die Mannschaft hat eine hohe Qualität und den Klassenverbleib verdient geschafft. Es war eine gute Spielzeit: Wir haben das Saisonziel nicht auf den letzten Drücker erreicht, sind ins Pokalhalbfinale eingezogen und haben gegen viele große Mannschaften gepunktet.

Was war der Höhepunkt Ihrer Zeit als Kaderplaner und Trainer am Hünting?
John Schon die Oberliga-Meisterschaft war eine besondere Erfahrung. Aber noch außergewöhnlicher war der Klassenerhalt, den wir mit einem Sieg beim FC Schalke 04 II perfekt gemacht haben. Und auch den überzeugenden Sieg gegen Alemannia Aachen werde ich nicht so zügig vergessen. Da weißt du: Genau deswegen bist du hier. Und die Fans standen immer hinter uns.

Der Abgang von Sven Schuchardt sorgte für Kopfschütteln bei Marcus John

Was war die dunkelste Stunde Ihrer Amtszeit?
John Ich habe schon mit dem Kopf geschüttelt, als Sven Schuchardt nach wenigen Wochen den Klub verließ. Da passierte innerhalb weniger Tage sehr viel. An dieser Trennung haben der Verein und der Trainer Anteil. Für mich war der Abschied von Sven Schuchardt folgenreich: Ich musste wieder als Trainer einspringen - ein enormer Aufwand.

War die Zeit bei den "Schwatten" die turbulenteste Ihrer Karriere?
John Auf jeden Fall. So viel Tohuwabohu binnen kurzer Zeit habe ich bei noch keinem Klub erlebt. Wir hatten es mit vielen hausgemachten Problemen zu tun, langweilig war es nie. Aber ich muss die Mannschaft loben. In der schwierigsten Zeit hat sie Charakter gezeigt, wir sind noch enger zusammengerückt.

Glauben Sie, dass sich der Klub langfristig in der Regionalliga etablieren kann?
John Das Potential dazu hat der 1. FC Bocholt auf jeden Fall, das hat diese Saison auch bewiesen. Aber die Mannschaft steht vor einem großen Umbruch, es tut sich eine Menge. Daher kommen sicherlich große Herausforderungen auf den Verein zu.

Leistungsträger wie Marcel Platzek, Andre Bugla, Kevin Grund, Tim Winking oder Sebastian Wickl verlassen den Verein - überrascht Sie der Aderlass?
John Ja, ich bin total überrascht. Zumal viele Jungs von sich aus die Verträge aufgelöst haben. Die Mannschaft braucht ein komplett neues Gerüst.

Beim Oberligisten KFC Uerdingen warten neue Unruheherde

Sie wechseln im Sommer zum Oberligisten KFC Uerdingen - eine schwierige Aufgabe.
John Ich hoffe zunächst einmal, dass ich beim KFC Uerdingen so frei arbeiten darf wie beim 1. FC Bocholt. Sonst kann es auch schiefgehen. Allerdings ist die Aufgabe natürlich sehr reizvoll: Der KFC Uerdingen hat nochmal eine ganz andere Fanbase, eine ganz andere Infrastruktur. Ich komme, um mit dem Klub aufzusteigen. Ich habe in der Vergangenheit beim SC Düsseldorf-West, dem SV Straelen und dem 1. FC Bocholt bewiesen, dass ich Mannschaften zum Aufstieg führen kann. Das will ich nun auch in Krefeld schaffen.

Sind Sie derzeit bereits in die Kaderplanung beim KFC Uerdingen eingebunden?
John Aber natürlich. Klar ist: Viel schlechter als in dieser Saison kann es nicht laufen. 22 Punkte steht der KFC hinter dem Tabellenführer - das geht nicht. Wir müssen für einen Umbruch sorgen. An der Mannschaft, wie sie jetzt zusammengestellt ist, können wir nicht festhalten. Sonst ist es auch egal, welchen Trainer man an die Seitenlinie stellt. Daher habe ich gerade alle Hände voll damit zu tun, den Kader für die nächste Saison aufzustellen.

Die Bedingungen des Westdeutschen Fußball-Verbands (WDFV) an den Regionalliga-Spielbetrieb werden stetig höher. Das stellt den 1. FC Bocholt vor große Herausforderungen, der 1. FC Kaan-Marienborn hat aufgegeben. Wie blicken Sie darauf?
John Wir müssen uns eine grundsätzliche Frage stellen: Will man die Regionalliga dauerhaft professionalisieren? Wenn ja, machen diese hohen Anforderungen Sinn. Ich habe die Situation beim 1. FC Kaan-Marienborn selbst erlebt. Wir mussten uns im Container umziehen, gespielt wurde auf einem Kunstrasenplatz. Das war höchstens Landesliga-Niveau. Wenn man die Bedingungen hochschraubt, wertet man die Liga auf. Daher würde ich mir eine positivere Betrachtung wünschen.

Aufrufe: 017.5.2023, 12:11 Uhr
Maarten OversteegenAutor