2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
– Foto: Marcel Eichholz, Timo Babic
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Das Vertragsdilemma des Amateurfußballs weiter ungelöst!

+++Immer wieder verlieren kleinere Vereine ihre Leistungsträger an größere Klubs! Wir verraten euch, warum das auch noch nach Ablauf der Amateurwechselfrist möglich ist+++

Immer wieder wechseln Leistungsträger kleinerer Vereine kurzfristig und ziemlich überraschend zu größeren Klubs. Dies stürzt vor allem die kleinen Teams aufgrund von mangelnden finanziellen Mitteln immer wieder in eine existenzgefährdende Krise: Neue Spieler können nicht akquiriert werden, da die monetären Mittel nicht gegeben sind. Dieses Schicksal ereilte die TSG Ehingen in der Saisonvorbereitung gleich zweimal: Georgios Sarigiannidis (2 Tore und 6 Vorlagen in 19 Spielen) und Luan Kukic (16 Tore und 9 Vorlagen in 27 Spielen) werden ab der kommenden Saison nicht mehr für Ehingen auflaufen und zu Türkspor Neu-Ulm in die zweite Staffel der Landesliga wechseln.

Dies ist nur aufgrund eines „Schlupflochs“ möglich, welches sich die beiden Spieler zu Nutze gemacht hatten. Die TSG kann nun keine neuen Spieler verpflichten, da die finanzielle Schlagkraft, die dafür benötig wird, nicht zur Verfügung steht. Man müsste Spieler mit Verträgen ausstatten, die man sich als Aufsteiger schlicht nicht leisten kann. Man hatte fest mit den Beiden als wichtige Stütze im Team gerechnet, um die Klasse in der Landesliga Staffel 4 halten zu können. Nun steht man kurzfristig und ungeplant vor riesigen Problemen.

Grund dafür ist der Vertragsamateurstatus, der so eine Art von Wechseln überhaupt möglich macht: Türkspor (Verbandsligaabsteiger) hatte die beiden Fußballer einfach mit finanziell stärkeren Verträgen ausgestattet. Beide Spieler waren Amateure bei Ehingen und konnten auch noch nach der Frist bis zum 30. Juni wechseln, da sie mit ihrer Unterschrift zu Vertragsspielern wurden. Dies konnte sich der abgebende Verein nicht leisten und war in dem Glauben, dass die eigene Kaderplanung mit dem Ende der Amateurwechselperiode bis zum 30. Juni abgeschlossen ist. Im Prinzip konnte Ehingen also nur zuschauen, wie ihnen die Leistungsträger abtrünnig wurden und ihre Koffer Richtung Neu-Ulm packten. Beim Verein zeigte man sich enttäuscht.

Vom DFB wird unterschieden in Lizenzspieler, Vertragsspieler (oder auch Vertragsamateur) und den Amateuren:

Amateur: Man darf nur eine Entschädigung von maximal 249,99 € erhalten. Dies ist in der Spielordnung des DFB und der einzelnen Landesverbände so vorgeschrieben. Der Spieler fällt nicht unter den Schutzbereich des Artikel 12 (Berufsausübungsfreiheit).

Vertragsspieler: Ist über die Mitgliedschaft mit seinem Verein auch noch mit einem Dienstvertrag ausgestattet. Dieser muss eine Laufzeit von mindestens einem Jahr haben und sieht eine Vergütung von mindestens 250 € vor. Man fällt unter den Schutzbereich des Artikel 12 (Berufsausübungsfreiheit).

Lizenzspieler: Der Lizenzspieler wird von der DFL lizensiert und spielt entweder in Liga 1 oder 2. Außerdem hat er auch noch einen Lizenzvertrag mit der DFL.

Das Problem im System „Amateurfußball“ mit dieser Art von Wechsel ist bekannt, eine Lösung wird es aber nicht geben können. Amateurspieler können nur mit der Zustimmung des abgebenden Vereins wechseln, bzw. wenn der Verein eine Entschädigung erhält. Ansonsten wird die Spielberechtigung von den Verbänden nicht erteilt. Sie fallen nicht unter den Artikel 12.

Bei Vertragsspielern sieht die Welt schon etwas anders aus, da diese aufgrund des „Bosman-Urteils“ in den 90er-Jahren laut BGH das Recht auf Berufsausübungsfreiheit genießen. Dadurch können sie einem Wechselwunsch auch nach dem Ablaufen der Amateurfrist nachgehen, da sie ansonsten an der Ausübung ihres Berufs gehindert werden würden. Ein Wechsel kann auch ohne Zustimmung des abgebenden Vereins vonstattengehen. Nicht einmal eine Ablöse muss fließen. Ein sofortiges Spielrecht wird erteilt, wenn der Wechsel in der Wechselperiode I vom 01.07. bis zum 31.08. über dien Bühne gebracht wird. So ist es also möglich, dass ein Amateur nach der Amateurwechselfrist wechseln darf, wenn er zum Vertragsamateur wird.

Beim Württembergischen Fußballverband erkennt man zwar die Probleme, die durch dieses Dilemma Jahr um Jahr entstehen, machen kann man aber nichts, wie der WFV in einer Pressemeldung mitteilte: „Entsprechende verbandsrechtliche Regelungen sind mit staatlichem Recht nicht in Einklang zu bringen.“

Mit dem unbefriedigenden Gefühl, dass jedes Jahr im Sommer immer wieder die gleiche Diskussion um Verträge und sogar im Amateurfußball um Geld aufkommt, geht es also nun in die neue Saison. Ändern wird man aber, bedingt durch bindende Gerichtsurteile, nichts können.

Aufrufe: 022.7.2022, 14:29 Uhr
Nicolas BläseAutor