2024-06-04T08:56:08.599Z

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„Wir haben bis zum Schluss probiert, einen Kader zusammenzustellen, aber es hat nicht geklappt“, sagt Selmir Sabic, sportlicher Leiter der Reserve und Chefcoach der Jugend-Leistungsteams beim SVH.
„Wir haben bis zum Schluss probiert, einen Kader zusammenzustellen, aber es hat nicht geklappt“, sagt Selmir Sabic, sportlicher Leiter der Reserve und Chefcoach der Jugend-Leistungsteams beim SVH. – Foto: Fupa

Corona-Paragraph stoppt U19-Team des SV Heimstetten – SVH scheitert mit Klage beim BFV

Die bittere Botschaft erreicht die A-Junioren des SV Heimstetten just bei ihrem Abschlussfest – nur Minuten, nachdem das Trainerteam die Fußballer auf das nahende Aufstiegsspiel eingeschworen hat. Die Saison in der Bezirksoberliga hat die U19 als Tabellenführer beendet, punktgleich mit dem SV Waldeck. Da beide Clubs auch im direkten Vergleich je einmal gewonnen haben, wird es nun ein Entscheidungsspiel um den Aufstieg in die Landesliga geben – das glauben sie zumindest in Heimstetten.

Heimstetten – Doch während der Feier stößt ein SVH-Kicker bei Instagram auf einen Post, wonach der SV Waldeck aufgestiegen ist. Und nach einem Anruf beim Spielleiter herrscht Gewissheit: Es wird kein Entscheidungsspiel geben – wiewohl das die Jugendordnung des Bayerischen Fußball-Verbands (BFV) bei einer solchen Konstellation eigentlich vorsieht. Jedoch kann diese Regelung durch den sogenannten Corona-Paragraph 54 zu „Sonderregelungen bei unvorhergesehenen Ereignissen“ verdrängt werden. Wird er aktiviert, so steht es dort, gibt es bei Punktgleichheit kein Entscheidungsspiel, sondern die Fairnesstabelle entscheidet.

In diesem Ranking liegt Heimstetten hinter Waldeck, weshalb die Münchner in die Landesliga aufsteigen. Der SVH dagegen hat das Nachsehen – trotz Punktgleichheit und einer um 29 Treffern besseren Torbilanz. „Die Jungs haben sich den Aufstieg verdient, und auch im Sinne der Talentförderung gehören sie in die Landesliga“, findet Selmir Sabic, Cheftrainer der Jugend-Leistungsteams in Heimstetten. Er betont: „Aus unserer Sicht ist es unverständlich, wieso der Corona-Paragraph angewendet wurde. Die Saison ist ja ganz normal zu Ende gespielt worden.“

In Bayern gab es vier vergleichbare Fälle im Juniorenbereich. Dreimal wurde ein Entscheidungsspiel angesetzt – nur bei uns nicht.

Selmir Sabic, Cheftrainer der Heimstettner Jugend-Leistungsteams

Allein sämtliche Beschwerden blieben ohne Erfolg. In letzter Instanz hat nun auch das Verbands-Sportgericht den Einspruch abgelehnt. In seinem Urteil verweist es auf die Formulierung im Paragraph 54, wonach dessen Aktivierung durch den Verbands-Vorstand erfolge. Dies sei geschehen, und kein Verein habe Beschwerde eingelegt. „Er war damit formell wirksam“, betont das Gericht. Und daher habe dessen Regelung die übliche Vorgehensweise mit einem Entscheidungsspiel bei Punktgleichheit verdrängt.

Beim SVH will man diese Argumentation nicht gelten lassen. So verweist Selmir Sabic darauf, dass in anderen Ligen – etwa bei der U19 des Nachbarn Kirchheimer SC – sehr wohl Entscheidungsspiele ausgetragen wurden. „In Bayern gab es vier vergleichbare Fälle im Juniorenbereich“, sagt Sabic. „Dreimal wurde ein Entscheidungsspiel angesetzt – nur bei uns nicht.“ Zudem berichtet der Jugend-Cheftrainer, dass der Spielleiter dem SVH nach der letzten Partie in Eichstätt versichert habe, dass es ein Aufstiegsspiel geben werde.

Dieser Behauptung widerspricht der BFV. „Dem SV Heimstetten wurde vom zuständigen Spielleiter kein Entscheidungsspiel zugesichert“, teilt der Verband mit. Ohnehin sei die Statutenlage in diesem Fall „sehr klar“, weshalb das Verbands-Sportgericht entsprechend geurteilt habe. Die Entscheidung über den Aufstieg habe die Fairnesstabelle gegeben – gemäß Paragraph 54. Und dieser sei angewendet worden wegen „der zum maßgeblichen Zeitpunkt im Freistaat gültigen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung und der daraus abzuleitenden pandemiebedingten Einschränkung des Spielbetriebs für die komplette Saison 2022/23“, so der BFV.

Demgegenüber betont Selmir Sabic: „Wir sind sicher, dass wir im Recht sind.“ Daher geht der Verein jetzt auf zivilrechtlichem Weg gegen den Verband vor. „Wir haben beim Landgericht eine einstweilige Verfügung beantragt“, sagt Sabic. Ihm zufolge hatte der SVH auch versucht, den Verband zu überzeugen, dass er die U19 des Clubs in die Landesliga hochstuft. Dies ist laut Jugendordnung „in besonders gelagerten Fällen“ möglich. Der BFV lehnte das Ansinnen jedoch ab – mit der Begründung, dass der zugehörige Antrag nach dem Stichtag am 15. Mai gestellt wurde.

Zu diesem Zeitpunkt hätten die A-Junioren des SVH jedoch noch sechs Saisonspiele ausstehend gehabt, betont Selmir Sabic. Er kritisiert: „Ich bin mega enttäuscht vom Verband, dass für ihn die Talentförderung in diesem Fall gar keine Rolle spielt.“ (PATRIK STÄBLER)

Aufrufe: 029.7.2023, 04:00 Uhr
Patrik StäblerAutor