2025-03-06T14:11:46.817Z

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Pure Leidenschaft:  Norbert Hartmann auf dem Rennrad (hier am Stilfserjoch, hinten der Ortler ).
Pure Leidenschaft: Norbert Hartmann auf dem Rennrad (hier am Stilfserjoch, hinten der Ortler ). – Foto: privat

"Aufstiegs-Manager" Hartmann: Der Baumeister des Hachinger Wunders

Ohne Norbert Hartmann lief bei der SpVgg kaum etwas

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Hinter einem großen Erfolg stecken immer kluge Köpfe, die die Fäden ziehen. Bei einem Fußball-Verein sind das neben dem Trainer in der Regel der Finanz-Geschäftsführer und der sportliche Leiter des Clubs. In Haching war es damals in erster Linie ein Mann, der als Manager und Geschäftsführer für Sport und Finanzen verantwortlich war.

Es ist in den 25 Jahren seit dem Aufstieg so manches gleichgeblieben: Norbert Hartmann (heute 68), den Hachinger „Aufstiegs-Manager“, erwischt man erst mal auf dem Fahrrad. Das hatte er früher schon in jedem Trainingslager dabei, in Portugal genauso wie in Südtirol oder Österreich. Mit dem Rennrad erkundete er die Gegend und schaltete vom Fußball ab. „Radfahren wurde nach der Karriere meine Passion, mein großes Hobby im Sommer. Dazu Langlaufen im Winter“, sagt er heute.

Hartmann, der Oberfranke mit dem „rollenden r“, Bayern-Auswahl- und Amateur-Nationalspieler (1979 unter Erich Ribbeck 2:1 gegen Sowjetunion B), geboren in Stadtsteinach, aufgewachsen in Kulmbach, war in enger Zusammenarbeit mit Trainer Lorenz Köstner (72), dem 2022 verstorbenen Schatzmeister, Mäzen und ehemaligem Torwart Toni Schrobenhauser und Präsident Engelbert Kupka (85) der „Baumeister“ des rot-blauen Höhenflugs.

Hartmann gelangen einige wichtige Spielertransfers

Hartmann, nach der aktiven Karriere (Ende mit 25 nach einer Meniskusverletzung) bereits seit 1985 im Amt, scoutete und holte die Spieler, musste zudem versuchen, Köstners personelle Wünsche zu erfüllen. Was ihm nicht nur im Sommer 1999 bei den Transfercoups der ehemaligen Nationalspieler Wiggerl Kögl (den beobachtete er in Luzern an jenem Sonntag, an dem die SpVgg aufstieg, ohne zu spielen) und Marco Haber zum „Dorfverein“ bestens gelang.

Auch die Transfers von Jochen Seitz, Jan Seifert, Alex Strehmel, Danny Schwarz, Oli Straube, André Breitenreiter, Hendrik Herzog sowie das „Loseisen“ Altin Rrakllis von Hertha BSC und die Rückholaktion Dennis Grassows vom 1. FC Köln gingen wesentlich auf seine Kappe. „Es waren alles Volltreffer“ sagt Hartmann nicht ohne (berechtigten) Stolz.

Die kritisierte Spielweise unterstützte Hartmann stets

„Der Norbert war mein wichtigster Ansprechpartner im Verein. Er hat mir den Rücken freigehalten und umgesetzt, was machbar war“, erinnert sich Köstner, den Hartmann 1994 als Nachfolger von Gerd Roggensack (†2024) von den Stuttgarter Kickers zur SpVgg (damals Regionalliga und dann gleich Meister und Aufsteiger in die 2. Liga) holte – und damit den Grundstein für die späteren großen Erfolge legte.

„Lorenz hat vom ersten Tag an zu uns gepasst wie die Faust aufs Auge“, sagt er. Köstner erinnert sich: „Hartmann hatte alles eingefädelt und, als ich nach Haching kam, Spieler wie Markus Oberleitner, Norbert Bartsch, Albert Gröber, Peter Zeiler, Stefan Reich oder Torwart Jürgen Wittmann verpflichtet.“ Ganz wichtig auch: „Er hat immer unsere defensive, oft kritisierte Spielweise mitgetragen. Wir mussten ja von der Stabilität leben, da wir nie den klassischen Torjäger hatten“, fügt er an.

Hartmann begleitete zahlreiche Trainer während seiner Karriere

„Zwei oberfränkische Dickschädel haben Haching in die Bundesliga geführt“, blickt der Ex-Manager zurück, der selbst im Mittelfeld des ESV Ingolstadt zwei Jahre (1979 bis 1981) in der 2. Liga spielte (64 Einsätze, neun Tore), ehe er nach Haching in die Bayernliga und nach der Karriere ins Management wechselte. Der zweifache Vater (Anna/31 und Flo/28) erlebte bei der SpVgg zahlreiche Trainer, von Karsten Wettberg, Peter Grosser (†2021) Jürgen Sundermann (†2022), Rainer Adrion und Willi Entenmann (†2012) über Köstner bis zum großartigen Menschen und Jürgen Klopp-Lehrmeister Wolfgang Frank (†2013) sowie Weltmeister Andy Brehme (†2024).

„Und Co-Trainer Harry Deutinger“, sagt er, „ein ganz wichtiger Mann, der immer loyal zu seinen Chefs und zum Verein stand.“ Außerdem unzählige Spieler: „Wir haben immer die Besten aus den oberen Amateurclubs im Raum München geholt.“ Und danach viele, die bei ihren ehemaligen Vereinen, aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr klarkamen.

Der erste Bundesliga-Sieg war das Highlight

„Haching war mein Leben“, gibt der „Macher“ heute zu. Seine Highlights? Klar, wie für fast alle, das „Meistermacher-Spiel“, das 2:0 gegen Leverkusen, aber für ihn war’s vor allem der erste Bundesliga-Sieg, das 2:0 am 20. August 1999 gegen den MSV Duisburg. „Das war ein Befreiungsschlag, da ging eine regelrechte Explosion durch den ganzen Verein. Da haben wir gewusst: Wir sind dabei.“ Dazu 1989 der erste Aufstieg in die 2. Liga mit „Legende“ Wettberg – und ein wichtiges Infrastruktur-Ereignis in der Haching-Vereinsgeschichte: Der Ausbau des Sportparks von rund 6000 auf 10 000 im ersten und dann mit neuer Tribüne auf 15 000 Zuschauer im zweiten Bundesliga-Jahr.

Die Jahre vor dem Aufstieg bezeichnet der gelernte Werkzeugmacher als seine schönste Zeit. „Danach wurden die Erwartungen immer größer, Stress und Druck nahmen zu, die Arbeit hat sich verdoppelt. Ich hatte schlaflose Nächte und eine Sieben-Tage-Woche.“ Hartmann stellte fest: „Die Energie, die am für diesen Job braucht, und die nötige mentale Stärke waren raus.“ Nach 26 Jahren räumte er 2011 seinen Schreibtisch (von dem aus er immer direkt auf Spielfeld sah), quittiert seinen „Traumjob“, war noch beratend tätig, ehe er sich 2012 aus gesundheitlichen Gründen komplett zurückzog.

Das Rentner-Leben genießt Hartmann am Chiemsee

Mittlerweile fühlt sich der Oberfranke wieder topfit. Hartmann lebt seit einigen Jahren als „ganz normaler Rentner, der gut damit leben kann, dass er keine Termine mehr hat“, mit seiner Freundin Roswitha und zwei neuen Kniegelenken in Übersee am Chiemsee. Sie radeln viel, er wäre gerne Opa und hat – obwohl er einige Angebote für einen Manager-Job bei bayerischen Vereinen hatte („ich wollte nicht mehr zurück in das Hamsterrad“) – mit dem Fußball-Geschäft nichts mehr am Hut.

Manchmal sitzt er noch im Sportpark, drückt Daumen, plaudert mit ehemaligen Weggefährten über die alten Zeiten. Und stellt dann fest: „Ich mag die Zeit nicht missen, aber ich vermisse nichts.“ Fußball ist für Hartmann nur noch Lust, aber keine Last mehr: „Ich freue mich, wenn Haching gewinnt, aber ich muss mich nicht mehr ärgern, wenn sie verlieren...“

Aufrufe: 025.10.2024, 10:36 Uhr
Thomas ErnstbergerAutor