2024-06-06T14:35:26.441Z

Allgemeines

Auf den Spuren einer Schiedsrichter-Pionierin

Monique Burwieck (22) von dem FC Oste/Oldendorf

Sie ist ein Aushängeschild, ein Vorbild. Denn Monique Burwieck (22) von dem FC Oste/Oldendorf darf nun Fußballspiele auf Verbandsebene leiten. Das hat zuvor wohl noch keine Schiedsrichterin aus dem NFV-Kreis Stade geschafft.

Monique Burwieck ist ziemlich aufgeregt. Zum ersten Mal leitet sie ein Spiel der Frauen-Oberliga. Buchholz und Schlichthorst stehen sich gegenüber – und mittendrin: Burwieck und ihre beiden Assistenten. Das Spiel endet 3:1 und für Burwieck mit einem guten Gefühl. Es habe kaum knifflige Situationen gegeben, sagt sie. „Ich war konzentriert und irgendwann im Spiel war die Aufregung weg.“ Vom Schiedsrichterbeobachter bekam sie positives Feedback mit nützlichen Hinweisen, was sie an ihrem Stellungsspiel und ihren Laufwegen verbessern könne. „Ich war froh, dass der Beobachter dabei war“, sagt Burwieck.

Seit Herbst vergangenen Jahres darf Monique Burwieck Spiele auf Verbandsebene leiten. Damit sei sie die erste Schiedsrichterin, „solange wir zurückblicken können“, die für den NFV-Kreis Stade auf Verbandsebene unterwegs ist, sagt Marcel Baack, stellvertretender Vorsitzender des Kreisschiedsrichterausschusses. Burwieck pfeift nun Partien der Frauen-Oberliga und der Niedersachsenliga der B-Juniorinnen und wird als Assistentin in der Frauen-Regionalliga, der dritthöchsten Spielklasse in Deutschland, eingesetzt. An die Einsätze im Gespann müsse sie sich noch gewöhnen, sagt Burwieck.

Schiedsrichterinnen sind eine Minderheit im NFV-Kreis Stade. Gerade einmal sechs der insgesamt 183 Schiedsrichter sind Frauen. Daher sei es sehr erfreulich, dass der Kreis im Frauen-Bereich ein Aushängeschild habe, sagt Baack. Dennoch müsse noch „viel Aufbauarbeit“ geleistet werden, um Schiedsrichterinnen zu gewinnen und zu halten.

Aushängeschild – ein großes Wort, das mit großen Erwartungen verbunden sei, aber auch großer Ansporn sein könne, sagt Burwieck, für sie selbst und für andere Mädchen und Frauen, Schiedsrichterin zu werden. Sie möchte ein Vorbild sein.

Burwieck hat den klassischen Weg beschritten: Sie spielte erst Fußball, wurde dann Schiedsrichterin. Mit acht Jahren trat sie bei ihrem Heimatverein FC Oste/Oldendorf zum ersten Mal gegen den Ball. Nachdem sie für ihre Ausbildung – Burwieck arbeitet heute als Assistentin in einem Bauunternehmen – nach Jork gezogen war, wechselte sie zu den VSV Hedendorf/Neukloster. Seit Sommer 2019 spielt Burwieck für den Landesliga-Aufsteiger. Aufgrund einer Verletzung läuft es noch nicht, wie erhofft.

Pöbeleien oder Gewalt kaum ein Thema

Seit 2018 leitet Burwieck Fußballspiele. „Ein Freund hat mich gefragt, ob ich nicht auch Schiedsrichter werden möchte“, sagt sie. Burwieck meldete sich für den Anwärterlehrgang an, bestand die Prüfung und blieb dabei. „Es macht Spaß, man lernt auch die andere Seite kennen“, sagt sie. Pöbeleien oder Gewalt seien bisher kaum ein Thema für sie gewesen, sagt Burwieck. Einmal sei sie bisher von einem Trainer angeschrien worden. „Keine große Sache.“ Wichtig, so Burwieck, seien eine klare Ansprache und selbstbewusstes Auftreten. „Man muss sich durchsetzen und zeigen, dass man die Herrin auf dem Platz ist.“

Burwieck pfiff zunächst in der 1. Kreisklasse der Frauen. Kein großer Fußball, viel Gemecker. „Man muss viel pfeifen“, sagt Burwieck. Die junge Schiedsrichterin sammelte reichlich Erfahrung im Frauen- und Junioren-Bereich auf Kreis- und Bezirksebene – und wurde schließlich gefragt, ob sie höherklassig pfeifen wolle. „Monique ist uns schnell aufgefallen, weil sie sehr gradlinige, klare Entscheidungen trifft. Zudem hat sie eine gute Körpersprache auf dem Platz“, sagt Helmut Willuhn, Vorsitzender des Schiedsrichterausschusses im Kreis.

„Für mich geht es nicht so ums Geld“

Burwieck absolvierte einen Lehrgang für Schiedsrichterinnen beim NFV in Barsinghausen. Sie habe die Leistungsprüfungen, bestehend aus Lauf-, Regel- und Videotests, überdurchschnittlich abgeschlossen, sagt Baack. Jetzt sind die Wochenenden endgültig mit Fußball verplant. Ein Einsatz in der Oberliga könne schon mal bis zu acht Stunden inklusive An- und Abreise beanspruchen, sagt Burwieck. Gezahlt wird allenfalls eine Aufwandsentschädigung plus Fahrtkosten. „Für mich geht es nicht so ums Geld“, sagt Burwieck.

Inspirierend fand Burwieck einen Vortrag, den Riem Hussien bei dem Lehrgang in Barsinghausen hielt. Es ging unter anderem darum, wie die Niedersächsin FIFA-Schiedsrichterin geworden ist. Welches Ziel verfolgt Burwieck? Kein konkretes. Demnächst wird sie voraussichtlich Spiele bei den Männern leiten; los geht es in den Kreisklassen. Sollte sich jedoch die Chance bieten, höherklassig zu pfeifen, dann spreche nichts dagegen, sagt Burwieck, völlig unaufgeregt.

Anwärter-Lehrgang: Ende Januar findet der erste Lehrgang in diesem Jahr für Fußball-Schiedsrichter/-innen statt. Angesetzt sind insgesamt fünf Termine zwischen Mittwoch, 29. Januar, und Mittwoch, 26. Februar. Die Einheiten finden auf der Sportanlage des VfL Stade am Ottenbecker Damm statt und beginnen jeweils um 18 Uhr. Weitere Informationen, auch zur Anmeldung, gibt es im Internet unter www.nfv-kreis-stade.de

Schiedsrichterinnen im Steckbrief

Neben Monique Burwieck leiten noch fünf andere Frauen Fußballspiele im NFV-Kreis Stade. Das TAGEBLATT stellt drei von ihnen vor:

Susanne Bartels, 41 Jahre

Verein: TSV Eintracht Immenbeck

Höchste Spielklasse als Schiedsrichterin: Frauen- und Jugend-Bezirksliga

Warum sind Sie Schiedsrichterin geworden? Ich bin seit März vergangenen Jahres Schiedsrichterin, weil ich meine aktive Fußballkarriere und meine Arbeit im Vereinsvorstand beendet habe und meinen Verein auf diese Weise weiterhin unterstützen wollte.

Haben Sie schon mal ans Aufhören gedacht? Da ich erst seit einem Jahr dabei bin, ist mir der Gedanke noch nicht gekommen.

Warum sollten mehr Mädchen oder Frauen Schiedsrichterinnen werden? Weil es Spaß macht.

Vorbild: Bibiana Steinhaus

Dana Lunkowsky, 41 Jahre

Verein: VSV Hedendorf/Neukloster

Höchste Spielklasse als Schiedsrichterin: Kreis-und Bezirksebene (Herren, Damen, Jugend)

Warum sind Sie Schiedsrichterin geworden? Ich bin Schiedsrichterin seit dem 22. Juni 1996. Ich war 18 und es war zum Teil das Geld, da man in dem Alter als Schülerin Ausgaben wie für das Auto hatte. Es war abe auch die Überzeugung, da mir so mache Spielleitung durch den Schiri nicht gefiel und ich es besser machen wollte.

Haben Sie schon mal ans Aufhören gedacht? Ja, nach meinem dritten Spiel – auf dem alten Platz in Bliedersdorf. Ich musste mich aufgrund fehlender Kabinen bei einer Mannschaft mit umziehen. Ich habe dann Bliedersdorf gewählt, aber die haben verloren. Ich durfte meine kompletten Sachen dann vor deren Kabine zusammensuchen. Das war nicht schön.

Warum sollten mehr Mädchen oder Frauen Schiedsrichterinnen werden? Es stärkt die Persönlichkeit, man tritt auch außerhalb des Spielfeldes überzeugender auf. Und aus Erfahrung kann ich sagen, dass sich Männer anders auf dem Platz benehmen, wenn sie von Frauen gepfiffen werden – im positiven Sinne. Und es ist immer noch zu sehr eine Männerdomäne!

Vorbild: Pierluigi Collina

Malin Matthes, 15 Jahre

Verein: Hedendorf/Neukloster

Höchste Spielklasse als Schiedsrichterin: Kreisliga (Jugend, Herren, Altherren)

Warum sind Sie Schiedsrichterin geworden? Ich bin Schiedsrichterin seit dem 27. Februar 2019, weil ich beim Fußballspielen von Jochen Stobbe (auch Schiedsrichter bei den VSV) angesprochen wurde, ob ich Lust hätte, beim Anwärterlehrgang mitzumachen. Dieses Angebot hat mir sofort gefallen.

Haben Sie schon mal ans Aufhören gedacht? Nein, bisher noch nicht. Es macht sehr viel Spaß und ich denke mal, dass es in naher Zukunft auch nicht dazu kommen wird.

Warum sollten mehr Mädchen oder Frauen Schiedsrichterinnen werden? Weil das Hobby sehr viel Spaß macht, man selbstbewusster wird und es eine schöne Beschäftigung neben den eigenen Spielen ist.

Vorbild: Ich habe nicht direkt ein Vorbild. Ich gucke mir gerne mal Spiele in der Nähe an und schaue mir dort etwas ab, wenn ich denke, dass es mir helfen könnte.

Aufrufe: 028.1.2020, 16:15 Uhr
Tageblatt / Von Tim ScholzAutor