2024-06-13T13:28:56.339Z

Kommentar
Symbolbild
Symbolbild – Foto: paul@lsn.sarl (Archiv)

Auch der Fußball muss sich mit „good governance“ auseinandersetzen!

Es ist grenzwertig, dass vier Vereine aus der BGL Ligue keine UEFA-Lizenz bekommen, meint der Autor dieses Kommentars – auch die Terminierungen in der Schlussphase der Saison sind höchst problematisch

Im November 2022 fand an der Differdinger Lunex-Universität eine Konferenz mit dem Titel „The Good Governance and Law in Sport“ statt. Der luxemburgische Fußball glänzte im Gegensatz zu anderen Sportarten wie z.B. dem Volleyball oder Radsport damals mit Abwesenheit. „Good governance“ ist dieser Tage vermehrt ein Thema in den Mainstream-Medien, wenn es um Probleme innerhalb von sozialen Projekten wie der CMCM – Werbepartner der TV-Sendung „Goal“ - oder ProActif geht. Doch was hat dies nun mit der aktuellen Situation im luxemburgischen Fußball zu tun – und was ist „good governance“ überhaupt?

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Kurzum geht es um ein „gutes Steuerungs- und Regelungssystem einer politisch-gesellschaftlichen Einheit wie etwa eines Staates oder einer Gemeinde“ (Wikipedia) oder eben großen, für die Gesellschaft wichtigen „non-profits“ wie eben der CMCM, ProActif aber auch z.B. der FLF, die in den letzten zwei Geschäftsjahren als asbl jeweils knapp 9 Millionen Euro umgesetzt hat, darunter auch staatliche Zuschüsse, ergo Steuergelder. Auch die dem Fußballverband angegliederten Vereine profitieren auf staatlicher und kommunaler Ebene von Steuergeldern.

Was die Letztgenannten betrifft kommt es einer Farce gleich, dass ein Verein auch in zweiter Instanz die UEFA-Lizenz verweigert bekam, dies wegen nicht beglichener Personalkosten, Steuern und Sozialabgaben! Vereine, die von einem oder wenigen großen bis sehr großen Geldgebern abhängen und dann noch vor dem europäischen Gerichtshof gegen die UEFA und die FLF klagen, um eventuell einmal in einer Benelux-Liga spielen zu können, Vereine, die laut transfermarkt.de bei den 1.Herren über einen Kader mit einem Marktwert von 4 Millionen Euro verfügen, in dem sich annähernd 40 Spieler befinden, Vereine, die scheinbar im Damen-Fußball mit realitätsfremden finanziellen Anreizen hausieren gehen, um die besten Spielerinnen zu sich zu locken, kann man durchaus vorwerfen, nicht unbedingt Prinzipien der „good governance“ zu folgen.

Dass ein Luxemburger Rekordmeister ebenfalls keine Lizenz bekommt – dies zum zweiten Mal in Folge – scheint dabei fast noch das kleinere Übel zu sein, ein gutes Image für den in den vergangenen Jahren oft gelobten heimischen Fußball sind beide Beispiele keine. Dass man in Petingen – ebenfalls ohne UEFA-Lizenz ausgestattet – künftig kleinere Brötchen backen wird, hatte Präsidentin Agostino schon länger angekündigt, was aufgrund der Offenheit durchaus als positives Beispiel für „good governance“ und Transparenz gesehen werden kann. Doch wie müssen sich die Vereine vorkommen, die die Lizenz in erster Instanz erhalten haben? Mit Differdingen ist nur ein Top-4-Club darunter, die anderen Vereine sind die mittleren bis kleinen, die seit Jahren versuchen, grundsolide Arbeit mit begrenzten, dafür aber gedeckten Budgets abzuliefern.

Das Problem zieht sich weiter bis in den Verband. Wie vor allem von einzelnen Vereinsvertretern von der Ehrenpromotion bis zur 3.Division berichtet wurde, hätten die jährlichen Sitzungen der einzelnen Ligen mit dem Verband im Januar kaum Rücksicht auf Sportvorstände, scheinbar aber auf anwesende „Alpha-Tiere“ genommen, als es darum ging, über die Reduzierung der Ligen von 16 zurück auf 14 Vereine zu beraten. Da diese Unterredungen nur konsultativen Charakter hatten, konnten verschiedene Meinungen und Ergebnisse scheinbar einfach beiseite gewischt werden. Dem Sport – vor allem aber dem Ehrenamt und dem Schiedsrichterwesen - wurde durch das Beibehalten der 16er Ligen von der BGL Ligue bis zur 1.Division kein Gefallen getan, auch die 2. und 3.Division leiden darunter. Die FLF versteckt sich gerne hinter ihren Vereinen, wenn es darum geht, unpopuläre Maßnahmen nicht umsetzen zu müssen.

Sollten Aussagen, die FuPa gegenüber gemacht wurden, stimmen, steht auch das angesprochene Schiedsrichterwesen vor einem größeren Erdbeben, welches – sollte es sich dann tatsächlich bewahrheiten – ein weiteres Indiz für nicht vorhandene „good governance“ sein würde. Last but not least ist der übervolle Terminkalender im Mai ein weiterer Punkt, den man auf wenig Voraussicht – Navigation nach Sicht sozusagen – zurückführen kann. Dass ein Endspiel der „Coupe de Luxembourg“ vorverlegt werden musste, kann ja vorkommen. Dass dann aber die Daten der Viertel- und Halbfinals nicht entsprechend ebenfalls angepasst wurden, hätte theoretisch zu einem Fiasko führen können, hätte nur ein Spiel dieser Runden verlegt werden müssen – es standen schlicht keine Ersatzdaten mehr zur Verfügung!

Ein Beispiel ist dieses Pfingstwochenende: nach den heftigen Regenfällen wurde der Platz von Daring Echternach überflutet und war unbespielbar. Zum Glück sollte Echternach eine Partie ohne Relevanz für die Tabelle des 1.Bezirks der 1.Division absolvieren, ganz anders als z.B. bei Kopstal - Kayl-Tetingen. Zum Glück wurden die Begegnungen zeitnah auf diesen Mittwoch neu angesetzt. Was wäre z.B. geschehen, wenn es in der so engen Ehrenpromotion zu Absagen eine Woche vor Saisonende gekommen wäre? Jegliche Spielverlegung auf ein Datum nach der Saison käme in der zweithöchsten Liga einer Wettbewerbsverzerrung nahe. Es wäre eine Konsequenz einer derart straffen Kalenderplanung, dass keine Ausweichmöglichkeiten mehr zur Verfügung stehen, ohne das ohnehin bereits verlängerte Saisonfinale mit Barrage-Spielen usw. noch weiter in den Juni auszudehnen. Nicht die einzige aber dennoch eine der Ursachen dafür sind die Ligen mit 16 Mannschaften.

Mit guter Führung und weitsichtiger Planung könnte man vielen Problemen proaktiv begegnen. Doch wenn einige wenige betuchte und bzw. oder einflussreiche „Großkopferten“ ihr Ego über den Wohl des Vereins, des Verbandes – oder in Personalunion u.U. auch über beide oder im Hintergrund über gleich mehrere Vereine – oder gar über den Fußballsport insgesamt stellen, dann ist dies schlicht nicht nur schlechte Führung sondern auch schlechter Stil. Und dass die – nationale und europäische – Politik den Fußball, oder eher den Sport im Allgemeinen, nicht als eine Art Kulturerbe anerkennt, über welchem keiner steht, ist ein weiteres „governance“-Problem, aber auf noch höherem Level. Es scheint, als hätten manche nichts aus den während der Covid-Pandemie ans Tageslicht getretenen Probleme gelernt – und dies ist das Frustrierende, nicht nur für die Fans, sondern auch für die vielen Sportler und ehrenamtlichen Helfer, die ihre Arbeit und ihren Sport durch diese einigen wenigen Alpha-Tiere quasi in Geiselhaft genommen sehen.

Aufrufe: 019.5.2024, 15:10 Uhr
Paul KrierAutor