2024-05-24T11:28:31.627Z

Allgemeines

Zehn heiß diskutierte Minuten

HINTERLAUFEN: +++ Seit Aufkommen der Zeitstrafen-Wiederbelebungsidee wird im lokalen Fußball viel debattiert +++ Gastautor Florian Spies versucht, einzuordnen: Schiri-Erleichterung oder Zeitspielgefahr? +++

Derzeit provoziert ein Thema in den heimischen Medien und auf den Trainingsplätzen viele Diskussionen. Es wird berichtet, dass nach 25 Jahren die Schiedsrichter in Hessen durch die 10-Minuten-ZEITSTRAFE eine weitere Option in der Sanktionierung von Vergehen der Spieler bekommen sollen.

In einigen Publikationen wird erklärt, die Umsetzung sei quasi beschlossene Sache, in anderen Formaten wird versichert, dass das Thema bei DFB-Juristen zur Klärung liegt und man im Juni auf dem Verbandstag erst einen Beschluss fassen muss, der dann auch zur neuen Saison greifen könnte.

Prominenter Fürsprecher und Mitinitiator dieser eventuellen Regeländerung ist Kreisfussballwart Henry Mohr, also ein von mir sehr geschätzter Funktionär. Es gibt aber auch eine Menge Gegner dieser Veränderung. Für mich ein Grund, mal beide Seiten zu betrachten. Würde sich z.B. mein Freund und Kolumnen-Partner Björn Watzke heute diesem Thema widmen, wäre die Kolumne wohl ein Apell dazu, nichts zu ändern. Ich sehe jedoch auch einige positive Aspekte, die man in Ruhe herausarbeiten muss, um letztlich sachlich eine Betrachtung machen zu können.

In der Jugend gängige Praxis, kenne ich selbst diese Regel aus dem aktiven Bereich nicht mehr und habe mich deshalb durch diverse Foren und Artikel gelesen. Auch in das Regelbuch anderer Sportarten samt Reaktionen darauf habe ich aus Neugierde reingeschaut, um meine spontane Meinung besser verordnen zu können, bevor sie sich zu schnell verankert.

Man kann sagen, dass sowohl Befürworter als auch die Gegner dieser Strafe genügend Argumente finden können, um die eigene Ansicht zu untermauern. Von „Kindergartenregel“ war etwa von ablehnender Seite die Rede, da sich das in Unterzahl befindliche Team zum Zeitspiel hinreissen lassen könnte. Auch die Möglichkeit eines dauerhaften Zerstörens des Spielflusses wurde genannt. Ich denke, beidem kann und wird man durch eine noch zu definierende klare Ausgestaltung der Regeln Einhalt gebieten. Eine derartige Anpassung ist extrem spannend, da man als Schiedsrichter künftig in meinen Augen eben genau das walten lassen kann, was Woche für Woche auf den Fussballplätzen von den Unparteiischen eingefordert wird, FINGERSPITZENGEFÜHL.

Wir alle wollen Emotionen, diese zu beherrschen fällt manchmal schwer, aber ist es deshalb nötig, einen Spieler in der 60. Spielminute duschen zu schicken, weil er sich z.B. über einen vermeintlich falschen Elfmeterpfiff ärgert? Muss sich der Schiedsrichter dann nicht wieder „de Schuh“ anziehen, das Spiel entschieden zu haben, obwohl er lediglich regelkonform eine Karte erteilt, weil ihm eben der nötige Spielraum für Fingerspitzengefühl fehlt? Ich denke, die zehn Minuten Pause für den Spieler und die folgenden 20 Minuten, die dem Team mit elf Mann bleiben, um das Ergebnis beispielsweise noch zu drehen, sind doch genau das, was am Ende das gesamte Spiel im Amateurbereich verbessern kann. Vielen Vereinsverantwortlichen, Trainern und Zuschauern wird nach Niederlagen das Argument, „der Schiri ist schuld“ fehlen. Ein Trainer, der seinen in der Zeitstrafe befindlichen Spieler nicht beruhigt bekommt, kann den Spieler auswechseln und einem anderen die Möglichkeit geben zu spielen.

In jedem Fall denke ich, sollten wir es unvoreingenommen auf uns zukommen lassen, was sich die Regelkundler und Verantwortlichen auf diesen Ebenen überlegen werden. Und trotzdem sollten auch wir, die diese Änderung nachher maßgeblich zu tragen haben, bei aller Entspannthit jetzt schon in die Überlegungen gehen, was diese Regel aus „unserem“ Spiel macht. Spannend wird es allemal.

Sehr häufig werden rund um den Fußball-Spielbetrieb Reformen gefordert. Sind Änderungen beschlossen, werden fast nur noch negative Meinungen geäußert und alles in Frage gestellt. Vor Jahren wurde die Reform zu den Wechseln in den unteren Spielklassen (ein ausgewechselter Spieler kann wieder eingewechselt werden) als „unpassend“ und „lächerlich“ abgetan. Heute sind diese Wechseloptionen fester Bestandteil des Spiels und teils auch taktische Möglichkeit für einen Trainer, das Spiel zu beeinflussen. Wieso nicht einfach mal zufrieden der Dinge harren, die da kommen werden? Denn jeder der Beteiligten, die diese Änderung am Ende befürworten und umsetzen, hat mit Sicherheit nicht im Sinn, uns den Spaß am Fußball zu nehmen oder das Spiel zum Schlechteren zu verändern, ganz im Gegenteil. Es muss doch möglich sein, Neuerungen zu testen und sich ein praxisnahes Urteil zu bilden. Theoretisch geredet ist immer viel und schnell, praktisch umgesetzt und bewertet das braucht dagegen etwas Zeit und Geduld…

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Voting:

Nun noch die Auflösung des Votings von letzter Woche sowie die aktuelle Abstimmung: Wir wollten von euch wissen: "Macht ihr genug für die eigene Jugend?"

Hier das Ergebnis: 37,8 Prozent waren der Meinung, das schon ganz gut zu machen, wobei 28,6 Prozent bekannten, dass da wohl noch Luft nach oben sei. 12,6 Prozent gaben sogar zu: "Wir machen noch viel zu wenig". "Mehr geht nicht", äußerten ganz im Gegenteil dazu immerhin zufriedene 10,9 Prozent. Und mit 10,1 Prozent fast gleich viele FuPaner wählten die zynische Option: "Wie, es gibt noch Menschen unter 18 Jahren?"

Und nun zum aktuellen Voting:

Aufrufe: 026.2.2020, 09:00 Uhr
Gastautor Florian SpiesAutor