2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines

"Wir wollen peu á peu hochkommen"

Dirk Gummert, Trainer des VfL Resse 08, ist zu Gast im FuPa-Kabinengespräch

Der Gelsenkirchener B-Ligist VfL Resse 08 sorgte in der aktuellen Transferperiode mit einigen spektakulären Neuzugängen für Aufsehen. Sechs Mal schlugen die Resser sogar in der Bezirksliga zu. Im FuPa-Kabinengespräch erklärt Trainer Dirk Gummert, wie es zu den Verpflichtungen kam und ob der Aufstieg ins Kreisoberhaus nicht fast schon Pflicht ist. Darüber hinaus berichtet er, warum ihm besonders die erste Saison beim VfL in Erinnerung geblieben ist.

Herr Gummert, Sie haben zuletzt viele Spieler verpflichtet, die schon höherklassig unterwegs waren. Wie war es möglich, diese Akteure für die Kreisliga B zu begeistern?

Dirk Gummert: Das war zum einen möglich, weil wir etwas Neues aufbauen und erreichen wollen. Zum anderen wollen die Spieler, die schon höherklassig unterwegs waren, etwas kürzer treten, da die Familien jetzt ins Spiel kommen. Wegen Hochzeit oder Kindern ist die Bereitschaft nicht mehr da, viermal die Woche zu trainieren. In der Kreisliga B bleibt es dann meist - auch wenn wir dreimal Training haben - bei zwei Einheiten oder man kann absprechen, dass man auch mal nur einmal trainiert. Sie wollen halt weiter Fußball spielen, aber auch Freizeit haben. Außerdem haben wir ja einen neuen sportlichen Leiter, bisher hatte ich das in Personalunion übernommen, der die Leute auch kennt.

Ist der Aufstieg bei solchen Neuzugängen nicht fast schon Pflicht?

Wir wissen, dass die Leute höher gespielt haben, aber das ist immer auch eine schwierige Sache. Na klar ist der Aufstieg Pflicht, aber letztlich entscheiden es die Spieler, was passiert. Wenn sie voll angreifen, braucht man nicht darüber zu diskutieren, ob die Qualität da ist. Doch wenn sie nicht wollen, wissen wir auch, wohin der Weg geht. Ich hoffe natürlich, dass sie wollen. Das habe ich aber auch schon in den Gesprächen mit den Neuzugängen gemerkt. Wenn alles so klappt, wie ich mir das vorstelle, glaube ich schon, dass wir durch die Gruppe durchgehen.

Wie sehen die langfristigen Ziele aus?

Wir haben im Vorfeld ganz klar gesagt, dass wir keine Zahlungen tätigen werden. Es soll alles familiär bleiben. Und wir wollen uns natürlich nicht nur für eine Saison aufstellen und dann den Aufstieg schaffen, sondern eher peu á peu hochkommen. Wir wollen längere Zeit mit dieser Truppe spielen.

Nach dem Staffelwechsel von der Kreisliga B1 in die B2 sind Sie mit Ihrem Team Achter geworden. Wie zufrieden sind Sie mit dieser Platzierung?

Ich hatte mir vorher viel mehr erhofft, aber diese Saison möchte ich ganz schnell abhaken. Am Anfang hatten wir nämlich gesagt, dass wir mit den Leuten etwas erreichen können, doch dann sind mir viele weggebrochen und die Bereitschaft war nicht mehr da. Deshalb musste ich zum Schluss schauen, ob ich überhaupt noch eine Mannschaft zusammenbekomme und als Ziel einen einstelligen Tabellenplatz angeben. Das ist eigentlich überhaupt nicht meine Art, denn normalerweise packe ich etwas nur so an, dass ich auch ganz oben mitspiele. Das war für uns alle nicht zufriedenstellend. Aber es ist insgesamt nicht gut, wenn man nur 13, 14 Mann hat und jeder weiß, dass er sowieso spielt. Jetzt werden wir durch die neuen und die alten verbliebenen Spieler natürlich mehr Konkurrenzkampf haben. Und wenn die Konkurrenz da ist, kann man aus den Leuten auch noch mehr herauskitzeln.

Wie haben die etablierten Spieler reagiert, als sie von den Neuzugängen aus der Bezirksliga und der Kreisliga A erfuhren?

Die Reaktionen waren gemischt. Die einen waren froh, dass wir Verstärkung bekommen und wir wieder vernünftig Fußball spielen können. Aber im anderen Lager hieß es dann, dass man sowieso keine Chance mehr habe und deshalb lieber in die Zweite gehe. Aber jeder bestimmt selbst, welchen Weg er geht. Man kann in der Ersten angreifen, beim Training kämpfen und dann auch beim Spiel auf dem Platz stehen. Ich kann nur das Training vorgeben und mir jeden Einzelnen anschauen. Für mich ist jeder auf Null und dann werden wir weitersehen.

Sie sind nun seit drei Jahren beim VfL Resse 08 tätig. Was bleibt aus dieser Zeit hängen?

Für mich bleibt besonders die erste Saison bei Resse 08 vor drei Jahren hängen. Das Spielerformat war zwischen der Kreisliga C und B angesiedelt und deshalb hatte ich mir vorgenommen, das Team aufzubauen und in zwei, drei Jahren den Aufstieg in die Kreisliga B zu schaffen. Dass es dann direkt im ersten Jahr klappt, war natürlich super. Das resultierte aber auch daraus, dass sich die Mannschaft echt den Arsch aufgerissen hat. Es gab einige Teams, die eigentlich besser waren, doch wir haben das über den Kampf geschafft. Jeder hat sich für den anderen eingesetzt. Aber das ist auch meine Philosophie. Wenn mir einer sagt, dass er aus der Bezirksliga kommt, aber es menschlich nicht passt, dann möchte ich den nicht haben. Ich achte wirklich darauf, dass es menschlich gut läuft. Beim Aufstieg waren wir einfach eine Familie.

Nun gibt es eine kleine Entscheidungsrunde: Sie wählen den Begriff, der am besten zu Ihnen passt und Ihren Vorstellungen vom Fußball entspricht.

- Flippiger Coachingzonenrenner oder ruhiger Bankdrücker?

Ich glaube, wenn ein Spieler mir einen Sitz geben würde, auf den ich mich während des Spiels setzen soll, hat er den umsonst geholt. Ich bin jemand, der an der Linie rauf und runter läuft und immer mit dabei ist. Wenn das gehen würde, würde ich sogar auf das Spielfeld laufen und mitspielen.

- Lieber einen rustikalen Abräumer auf der Sechs oder einen dribbelstarken Zehner im Team haben?

Beide Spielertypen sind wichtig für mich. Ich brauche den starken Sechser, der abräumt, und - je nach Spielsystem - den guten Zehner. Ich spiele mit beiden gerne, aber ich variiere das auch mal. Es hängt zudem davon ab, wie der Gegner kommt. Ich möchte immer die Hoheit im Mittelfeld haben, das finde ich am wichtigsten. Die Bälle sollen schön nach vorne verteilt werden, damit dann auch die Tore fallen.

- Im Anschluss an einen Sieg gibt es eher ein kühles Bier oder einen guten Wein?

Da nehme ich auf jeden Fall das Bier, passend zu den Spielern. Beim Champagner sind wir noch nicht, den können wir vielleicht beim Aufstieg herausholen.

Zum Schluss wagen wir noch einen Blick über den Tellerrand hinaus: Wie bewerten Sie die immer größer werdende Schere zwischen dem Profi- und Amateurfußball in finanzieller und medialer Hinsicht?

Das Verhältnis geht auseinander, weil die kleinen Vereine von den Zuschauern, der Bratwust und dem Bierchen, was gekauft wird, leben. Wenn die Bundesligaspiele am Sonntag sind und die Dauerkartenbesitzer dahin gehen, ist es natürlich klar, dass die kleinen Vereine, die sowieso schon am Minimum leben, kaputt gehen. Das haben wir auch schon in letzter Zeit gesehen. Es wird immer mehr Vereine geben, die sich mit anderen Clubs zusammenschließen oder ganz verschwinden. Meiner Meinung nach ist es nicht in Ordnung, was da läuft. Es geht ja schon damit los, dass man als kleiner Verein auf Trainingsanzüge für die Mannschaft fast die ganze Saison warten muss, weil es nur noch ums Geld geht. Das ist eine Baustelle, die uns noch richtig zusetzen wird.

Aufrufe: 030.6.2018, 14:00 Uhr
Andreas ArtzAutor