2024-04-29T14:34:45.518Z

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Teilen ihren Platz: Die Sportfreunde Hehlrath arbeiten bereits intensiv mit den Fußballern vom SV St. Jöris zusammen.  Foto: Carsten Rose
Teilen ihren Platz: Die Sportfreunde Hehlrath arbeiten bereits intensiv mit den Fußballern vom SV St. Jöris zusammen. Foto: Carsten Rose
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„Wir wollen nichts übers Knie brechen“

Vereine reagieren auf Aussagen der Politik über mögliche Fusionen. Gespräche laufen – nicht mehr, nicht weniger.

Die Sportfreunde Hehlrath haben nicht die besten Erinnerungen an den Versuch, mit einem anderen Fußballverein zu fusionieren. Den Zusammenschluss mit der Germania Dürwiß hatte die Mehrheit der Hehlrather Mitglieder im Januar 2017 „abgeschmettert“, wie es der heutige Vorsitzende Guido Esser sagt.
Der erste Versuch ist also gescheitert, was aber nicht heißt, dass der Verein keinen zweiten wagen möchte. Nicht erneut mit der Germania, aber eventuell mit dem SV St. Jöris,dessen Senioren eine Etage höher als die Hehlrather in der A-Liga spielen. „Ich gehe von einer Fusion aus“, sagt Guido Esser, „aber man weiß ja nie, was kommt, alles hängt von den Mitgliedern ab. Damals bei Dürwiß hatten wir uns auch Vorteile erhofft.“ Vor allem gehe es um die „Bündelung der Kräfte“, weil die Ehrenamtler weniger würden.

In St. Jöris ist Rudolf Bittins der Vorsitzende. Er schätzt die bisherige Zusammenarbeit mit Hehlrath, sie sei „intensiv“ und „gut“, im September feiert St. Jöris sein 100-Jähriges mit den Sportfreunden, und „mittelfristig“ kann sich Bittins eine Fusion vorstellen. Der Vorsitzende betont indes drei Punkte. Erstens: „Wir führen nach 2020 Gespräche über das weitere Vorgehen, was aber nicht heißt, dass wir direkt fusionieren.“ Zweitens: „Alles soll organisch zusammenwachsen, wir wollen nichts übers Knie brechen.“ Drittens: „Eine Fusion ist gut und schön, aber bei unseren Anlagen wird sie wohl nicht zu Einsparungen führen.“

Nachhaltig investieren

Letzter Satz ist an die Politik gerichtet. Denn seit das Sportplatzgutachten mit nötigen und möglichen Investitionen von insgesamt rund drei Millionen Euro öffentlich ist, spricht die CDU das Thema Fusionen halb fordernd, halb hoffend an. Im Kern geht es der Fraktion darum, nachhaltig mit Investitionen in Sportstätten zu haushalten und Vereine mit Jugendarbeit zu bevorzugen. Die sechs Vereine, die in diesem Artikel vorkommen, hatte CDU-Sportausschussmitglied Bernd Schmitz als Kandidaten für einen Zusammenschluss genannt. Die SPD äußerte sich dagegen zurückhaltender, lässt das Heft des Handelns bei den Vereinen. Auf der anderen Seite ist sich die Fraktion bewusst, dass auf mögliche Initiativen von Vereinen auch Angebote der Politik folgen müssten, wie Sportausschussvorsitzender Oliver Liebchen betont.

„Wir wollen nicht unter Druck gesetzt werden.“

Rudolf Bittins, St. Jöris

„Große Erfolge sind nur mit Fusionen möglich.“

Guido Esser, Sportfreunde Hehlrath

„Wie gut Fusionen funktionieren, zeigt Stolberg.“

Reiner Gülpen, Falke Bergrath

„Wenn wir nicht fusionieren, dann gibt es keinen mehr von uns, das bringt nichts.“

Frank Dickmeis, Germania Dürwiß

„Fusionen bedeuten weniger Derbys und Anreiz.“

René Maaßen, SCB Laurenzberg

„Wir sind erst nach unserem 100. im Jahr 2020 zu Gesprächen bereit.“

Nicolas Mürkens, Rhenania Lohn

Der Vorstoß der CDU kommt nicht bei allen Vereinen gut an. So formuliert Nicolas Mürkens, Geschäftsführer von Rhenania Lohn: „Ich finde es gewagt, dass die Politik öffentlich Fusionen fordert und den Zeigefinger hebt.“ Lohn wäre geografisch ein Kandidat für einen Zusammenschluss mit Dürwiß oder dem SCB Laurenzberg, und Mürkens ist sich im Klaren darüber, dass der Verein „auf kurz oder lang nicht um eine Fusion herum kommt“. Alle drei Vereine am Leben zu halten, wäre „politisch und gesellschaftlich gesehen Schwachsinn“ – es würde aber noch ein paar Jahre dauern, bis sich die Rhenania mit einem Zusammenschluss beschäftigen wollen würde. Seit der Verein neu geführt werde, laufe es sportlich und sponsorentechnisch gut, auch peile das Seniorenteam als aktueller Vierter der Dürener A-Liga bald eine Liga höher an. Für eine große Jugendabteilung seien Ort und Platz aber zu klein, eine Fusion daher attraktiv. „Ein Gedankenspiel wäre, dass wir mit einem Verein eine Spielgemeinschaft in der A-Jugend bilden. Die Spieler könnten dann entscheiden, wo sie bei den Senioren spielen möchten.“

Manchmal ist Druck nötig

Lohns Nachbarn Germania Dürwiß und SCB Laurenzberg teilen sich den Sportpark am See, ein Zusammenschluss wäre perspektivisch alles andere als unlogisch. Positive Signale senden die Vereine auch schon, deren Herren in der C-Liga spielen. „Wir sind bereit und würden gerne fusionieren“, sagt etwa Frank Dickmeis von der Germania. Im Angebot hätte der Verein eine starke Jugend mit derzeit elf Teams, im kommenden Jahr seien eventuell alle Jahrgänge (teils doppelt) besetzt. „Wir wollen, dass die Jugendlichen Fußball spielen. Das ist das Wichtigste.“ Druck von der Politik halte er daher nicht automatisch für falsch.

René Maaßen ist der Vorsitzende der Laurenzberger, die mit mehr als 200 Kindern und Jugendlichen „auch sehr gut im Jugendbereich aufgestellt“ seien. Würde eine Fusion Vorteile bringen, sprich eine noch größere Jugendarbeit vor allem in den jungen Jahrgängen, „dann macht es Sinn, darüber nachzudenken“. Ein weiterer Benefit wäre ein Kunstrasenplatz, denn Asche hält Maaßen für einen „Wettbewerbsnachteil“, um Kinder nach Laurenzberg/Dürwiß zu lotsen.

Laut Maaßen sollten Fusionen aber nicht Anlass für „Größenwahn“ werden, also für den Plan, Eschweilers Fußball mit aller Macht wieder höher als in der Bezirksliga zu sehen. „Auch diese Äußerungen sind von der Politik gefallen, allerdings hinter vorgehaltener Hand.“

Sportlich steht Falke Bergrath mit seiner Ersten als Tabellenführer der C-Liga relativ gut dar, rund 600 Mitglieder und 13 Jugendteams zählt der Verein. Die CDU hatte den SV für eine Fusion ins Spiel gebracht, weil der dortige Kunstrasen bald für fast 400.000 Euro saniert wird. Zu dem Vorstoß sagt der Vorsitzende Reiner Gülpen: „Grundsätzlich sind wir nicht abgeneigt, aber nur, wenn es Sinn ergibt. Den sehe ich aktuell nicht, weil wir ausgelastet sind. Wen sollen wir aufnehmen, wer soll uns aufnehmen?“ Wie es in einigen Jahren aussieht, könne er nicht absehen. Wie so einige Vereine nicht.

Aufrufe: 026.3.2019, 10:00 Uhr
Carsten Rose | AZ/ANAutor