2024-05-02T16:12:49.858Z

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Ein Eifeler in den USA: Benjamin Pelz.
Ein Eifeler in den USA: Benjamin Pelz. – Foto: privat

Wie ein Keeper aus der Eifel in den USA durchstartet

Benjamin Pelz und seine ungewöhnliche Karriere in der US-College-Liga.

Seit 2017 spielt der Eifeler Fußballtorwart Benjamin Pelz in der US-College-Liga. Nun steht der 21-Jährige vor einem gewaltigen Schritt. Grund genug, ihn mal zu treffen.

Von Marek Fritzen


Trier/Birresborn
Da saß Benjamin Pelz nun also. Irgendwo in Atlanta, in irgendeinem China-Restaurant, irgendwann im Spätsommer vor zwei Jahren. Eigentlich fühlte er sich gut vorbereitet, eigentlich ... Neben ihm am Tisch: Ein Holländer. Richtig starker Abwehrmann, wie Pelz in den kommenden Wochen erfahren sollte, nur ein paar Probleme in der Spieleröffnung. Auf der anderen Seite: Ein Engländer, klasse Fußballer, der in der Jugend einst für Tottenham Hotspur gegen den Ball getreten hatte.

Wenige Tage zuvor hatte Benjamin Pelz in seinem Heimatort Birresborn in der Vulkaneifel die Koffer gepackt, sich in Düsseldorf in den Flieger gesetzt und war rüber geflogen in die Hauptstadt des Bundesstaates Georgia. Es stand an: Das größte Abenteuer im Leben des damals 19-Jährigen. Das Torwart-Talent des FSV Salmrohr hatte sich dazu entschlossen, bis 2021 in den Staaten für das College-Fußballteam der Middle Georgia State University, den MGA Knights, zu kicken und nebenbei seinen Bachelor in Psychologie abzulegen – ein Sportstipendium machte es möglich. Dann, wenige Tage später, die Szene im China-Restaurant. Der Plan: Sich ein bisschen kennenlernen. Sehen, wie die neuen Teamkollegen so ticken. Hören, was die Jungs so zu erzählen haben. Und zu erzählen, das merkt Benjamin Pelz relativ schnell, haben sie viel. Speziell sein neuer Teamkollege aus Großbritannien. Zwischen Reis und Hühnchen süß-sauer sprudelt es aus dem jungen Mann von der Insel nur so heraus. In feinstem British English gibt’s sensationelle Geschichten, spannende Storys, mitreißende Anekdoten – vermutet Pelz. Das Problem: Der Eifeler versteht kein Wort. „Der hat so schnell geredet, ich kam überhaupt nicht hinterher.“ Die Lösung: „Ich habe genickt und die ganze Zeit nur ‚yes, yes, yes’ gesagt und gehofft, dass er mich nichts Großes fragt“, erinnert sich Pelz. „Dabei hatte ich vor meinem Umzug in die USA eigentlich gedacht, mein Englisch sei ganz gut, ich würde schon alles verstehen. Aber da hatte ich mich getäuscht“.

Zwei Jahre später, an einem sonnigen Vormittag Anfang Juli, beginnt Benjamin Pelz laut zu lachen, als er sich an diese Startschwierigkeiten zurückerinnert. Der junge Mann sitzt in einem Café in der Trierer Innenstadt. Sechs Wochen hat der mittlerweile 21-Jährige in der Eifel bei Familie und Freunden verbracht. In wenigen Tagen geht’s zurück in die USA. Dieser junge Mann, der im Alter von sechs Jahren in der F-Jugend der SG Kylltal mit dem Kicken begann, erst im Feld, dann im Tor – „Ich war der Einzige, der keine Angst vorm Ball hatte, also musste ich ins Tor“ – der 2013 zum FC Bitburg wechselte und mit 16 Jahren zum FSV Salmrohr ging, dort in der A-Jugend-Rheinlandliga und später zum Kader der ersten und zweiten Mannschaft zählte, dieser junge Mann hat sich zu einem der besten Torhüter der US-College-Ligen entwickelt.

Sein Aufstieg ist rasant: Vom ersten Spiel an läuft Pelz als Stammtorhüter für die MGA Knights in der College-Liga NAIA auf, wird in der zweiten Saison zum Kapitän ernannt und weckt durch seine starken Leistungen Begehrlichkeiten bei den Top-College-Teams. Es hagelt Angebote für das deutsche Torwarttalent. Mehrere Universitäten wollen den Eifeler verpflichten – und zwar für ihre Teams in der NCAA, Division 1, der höchsten und leistungsstärksten College-Liga der Vereinigten Staaten. Spiele in riesigen Stadien, alle Partien live in Fernsehen und Internet. Größer geht’s nicht im College-Sport.

Der Mann aus der Eifel entscheidet sich für die University of Cincinnati Athletics und wird nun von August an für das Team aus der Hauptstadt des Bundesstaats Ohio auflaufen. „Ich habe mich ganz bewusst für Cincinnati entschieden“, sagt Pelz. „Speziell wegen des Konkurrenzkampfes. Denn ich bin dort nicht direkt als Stammtorhüter gesetzt, muss mit einem US-Nachwuchs-Nationalspieler um die Nummer 1 kämpfen. Das ist eine Herausforderung, auf die ich mich freue.“

Herausfordernd werden auch die Reisen in den kommenden Monaten. Während Pelz mit seinem Ex-Club aus Atlanta in den vergangenen Jahren noch mit dem Bus zu den Auswärtsspielen reiste, sieht das ab August anders aus. Mit Cincinnati trifft der ehemalige Schüler des Gerolsteiner Sankt Matthias Gymnasiums in der US-Conference auf Teams aus ganz Amerika: Houston, Dallas oder Orlando – mit dem Flugzeug jettet der Eifeler künftig Tausende Kilometer quer durchs Land.

Egal, ob Florida, Michigan oder Ohio: Fußballerisch sei das Spiel in den USA deutlich physischer als in Deutschland. „Das war schon eine Umstellung zu Beginn, darauf musste ich mich erst mal einstellen“, berichtet der Psychologie-Student. Aber: Mittlerweile habe er zehn Kilogramm Muskelmasse zugelegt.

Während Pelz um Weihnachten und in den Sommermonaten immer mal wieder nach Hause in die Eifel kommt, lässt der Saison-Alltag in den USA ansonsten wenig Freiräume: Von 6 bis 18 Uhr reicht das Programm der College-Fußballer vom morgendlichen Anschwitzen über Uni-Seminare und Nachmittagseinheiten. „Uni und Sport sind sehr gut aufeinander abgestimmt“, berichtet der frühere Salmrohrer. Nie habe er es bereut, den Schritt in die USA gegangen zu sein, betont er immer wieder. „Ich fühle mich wohl dort, aber es ist keine Kaffeefahrt. Wenn irgendwas nicht gut läuft, du nicht diszipliniert genug bist, dich danebenbenimmst, bist du raus – es gibt auf der ganzen Welt viele andere Spieler, die darauf warten, deinen Platz zu bekommen.“

Stimmen Einsatz und Disziplin jedoch und kommt auch das nötige Talent hinzu, dann stehen sie gut, die Chancen für Spieler der NCAA-Liga, den Schritt in die Major-League-Soccer (MLS) – die US-Profiliga, in der auch Bastian Schweinsteiger spielt – zu packen. „Das wäre natürlich ein Traum“, gesteht Benjamin Pelz und grinst. Mit dem FC Cincinnati hat der Birresborner künftig ein MLS-Team direkt vor der Nase. Denn: „Das Profi-Team trainiert bei uns auf dem Campus, wir werden immer wieder gemeinsame Trainingseinheiten absolvieren – das war mit ein Grund, warum ich mich für Cincinnati entschieden habe. Ab August gilt mein voller Fokus meinem neuen Team.“

Nur am 11. August, da sieht das für ein paar Stunden ein wenig anders aus. Dann spielt Pelz’ Ex-Club FSV Salmrohr im DFB-Pokal gegen Zweitligist Holstein Kiel. „Da drücke ich dem FSV natürlich die Daumen und werde übers Internet verfolgen, wie sich die Jungs schlagen“, verspricht der Torhüter.

Aufrufe: 06.7.2019, 12:27 Uhr
Marek FritzenAutor