2024-05-02T16:12:49.858Z

Aufreger der Woche
Und wieder nimmt ein Trainer wegen der falschen Einstellung und fehlendem Respekt seiner Spieler den Hut: Für Anton Heeg war bei der SG Gräfenbachtal sofort Schluss.
Und wieder nimmt ein Trainer wegen der falschen Einstellung und fehlendem Respekt seiner Spieler den Hut: Für Anton Heeg war bei der SG Gräfenbachtal sofort Schluss. – Foto: fupa/Jutta Bohr

Wenn das Maß voll ist, ist es voll

Der Rücktritt von Anton Heeg bei der SG Gräfenbachtal ist kein Einzelfall +++ Viele Vereine klagen über dieselben Probleme

WALLHAUSEN. Das Kapitel Toni Heeg ist bei den A-Klassen-Fußballern der SG Gräfenbachtal Geschichte. Am Freitagabend in der Spielersitzung nach dem Abschlusstraining vor der Partie in Monzingen (0:4) erklärte der 63-Jährige – sachlich, wie man ihn kennt – seinen Rücktritt. Nachfolger des Trainerroutiniers ist sein Neffe Steffen Heeg (48), bisher Coach der zweiten Mannschaft. Grund für Toni Heegs Entscheidung war nicht, dass seine Elf zehn der 17 Saisonpartien verloren hat und in Abstiegsgefahr schwebt.

Vor der Partie gegen Fürfeld hätten ihm 17 Mann abgesagt. Einige sehr kurzfristig. „Ich habe da einfach eine andere Vorstellung von Fußball“, ärgert sich Heeg, der seit 2016 Trainer in Wallhausen und danach bei der SG war. „Der eine oder andere sollte seine Einstellung zu seinem Sport hinterfragen.

Im Training: Diskussionen und Respektlosigkeiten

Zuletzt hätten nicht mehr alle an einem Strang gezogen. „Es betrifft eine Handvoll Spieler, die nicht einfach nur Mitläufer waren, sondern die man gebrauchen konnte. Ich habe keine andere Möglichkeit gesehen, als diesen Schritt zu machen – obwohl es mir wehgetan hat“, betont Heeg. „Das war mit Sicherheit der Zeitpunkt, der sein musste. Vielleicht ist das jetzt mal ein Hallo-Wach-Effekt, damit die Jungs noch die Kurve kriegen.“ Torsten Knoth, Vorsitzender des SV Braunweiler, hat die letzten Stunden von Toni Heeg als SG-Trainer miterlebt. „Es hatte im Training einen Vorfall mit einem Spieler gegeben – verbale Respektlosigkeiten“, so Knoth. „Toni war auf dem Platz und wollte einem Spieler taktisch etwas erklären. Ein anderer Spieler hat sich eingemischt und vielleicht gemeint, er müsse seinen Mitspieler schützen. Das war aber total überzogen in meinen Augen…“ Knoth weiter: „Das hat sich Toni – der niemand ist, der mit strenger Hand regiert, sondern der stets fair ist – nicht gefallen lassen und seine Konsequenzen gezogen.“ Schon in der Vergangenheit sei „immer mal was hochgekocht“.

Manche Spieler meinten eben, sie müssten Widerworte geben, Dinge nicht akzeptieren und die Schuld bei anderen suchen, so Knoth. Stattdessen müsse sich jeder SG-Kicker fragen, ob er alles für seine Elf gibt.

Der Vorfall im Training sei der letzte Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe. Knoth wörtlich: „Ich komme mit Toni Heeg super aus, habe Respekt vor seiner Entscheidung. Wir sind nicht im Bösen auseinandergegangen. Vielleicht wäre es eleganter gewesen, zu Beginn der Winterpause aufzuhören. Aber wer Toni kennt, der weiß: Wenn das Maß voll ist, ist es voll bei ihm. Er hat gesagt, er will hier nicht weiterhin im Wege stehen.“

Ob er Verständnis habe für die Kritik des 63-Jährigen an der Einstellung manch jungen Hüpfers? „Schwierig zu sagen“, urteilt Torsten Knoth. „Ich bin ja auch nicht in jedem Training dabei. Aber der Toni ist alt genug, zu entscheiden, was in dieser Situation das Beste für ihn und vielleicht auch für die Mannschaft ist.“

Toni Heeg dürfte bei Weitem nicht der einzige Trainer in der Region sein, der mitunter ein Problem hat mit der Einstellung seiner Kicker. Immer wieder ziehen auch Trainer deshalb die Reißleine. „Die Jugend hat sich halt verändert. Vielleicht ist auch der Anspruch an sie zu hoch. Ich glaube, jeder muss sich selbst hinterfragen, was Vereinsleben für ihn bedeut“, so Knoth. Da sei die Zeit mit der Freundin, der Partybesuch oder der Besuch eines Bundesliga-Spiels halt manchmal interessanter als der eigene Wettkampf.

Wie auch immer: Der Schlossböckelheimer Steffen Heeg ist bei der SG bis auf Weiteres für beide Teams verantwortlich. „Bei Gelegenheit werden wir uns zusammensetzen und die Strategie für die Rückrunde festlegen“, kündigt Knoth an. „Mein Wunsch wäre es, dass Steffen die erste Mannschaft bis zum Sommer betreut – natürlich müssten wir für die Reserve Unterstützung besorgen.“ Hintergrund: Torsten Knoth und Steffen Heeg sind Braunweiler Buben, die seit 35 Jahren zusammen kicken und ziemlich dicke miteinander sind.

Unterdessen hat Anton Heeg versichert, ihm sei nach seinem Ausstieg nicht langweilig. Der Schöneberger, der beruflich bis vor drei Monaten im IT-Bereich tätig war und inzwischen Ruheständler ist, macht sich über einen neuen Job als Trainer „momentan keine Gedanken“. Somit hat er erst einmal mehr Zeit für Familie, Hobbies – und sein Engagement bei der Mainz 05-Fußballschule…



Aufrufe: 027.11.2019, 15:00 Uhr
Michael HeinzeAutor