2024-05-24T11:28:31.627Z

Interview
Christoph Hartmüller. F: Szymkow
Christoph Hartmüller. F: Szymkow

»Vom Vortrag Daums fasziniert«

CHRISTOPH HARTMÜLLER Was Trainer im Amateurfußball von den Profis lernen können

Gau-Odernheim. Fortbildung ist das A und O. Auch für Fußball-A-Trainer wie Christoph Hartmüller vom TSV Gau-Odernheim, der den internationalen Trainer-Kongress in Dresden besuchte.

Herr Hartmüller, wen trifft man denn bei einer solchen Veranstaltung?

Viele – Ulf Kirsten, Matthias Sammer, Hansi Flick, Dieter Eilts, Stefan Kuntz, um nur einige der Bekannten zu nennen. Es sind aber auch Trainer aus der Umgebung da. Jürgen Collet zum Beispiel oder Christian Lullig, der neue Trainer vom SV Gonsenheim.

Wenn man beispielsweise Matthias Sammer begegnet, gibt es da einen engeren Kontakt?

Grundsätzlich ja, am Kameradschaftsabend. An dem nahm ich allerdings nicht teil. Aber ich kann mir vorstellen, dass man bei dieser Gelegenheit auch mit Matthias Sammer ins Gespräch kommen kann. Während des Kongresses ist das aber eher weniger der Fall. Es gab aber eine bezeichnende Anekdote, um die Dimension des Kongresses zu illustrieren.

Die heißt wie?

Wir waren abends mit dem Fahrrad in der Stadt unterwegs auf der Suche nach Eisdiele. Weil wir keine fanden, fragten wir einen Passanten. Es war zufälligerweise Frank Kramer, der deutsche U19-Nationaltrainer. Will heißen: Wenn der Trainerkongress in Dresden stattfindet, dann wimmelt es in der Stadt von Fußballer-Persönlichkeiten.

Wie haben Sie den Umgang erlebt? Gibt es eine Hierarchie, Unnahbare?

Sowohl als auch. Klar, wenn ich solche Koryphäen sehe, zu denen blickt man auf. Es gibt aber auch Begegnungen auf Augenhöhe. Und dann gibt es Begegnungen, die sich einem wirklich einprägen. Beispielsweise ein Vortrag von Christoph Daum. Es hat mich fasziniert, wie strukturiert dieser Mann ist. Beeindruckend, wie und was er erzählte. Grundsätzlich aber sind wir alle das Gleiche, Trainer. Wenn man untereinander ins Gespräch kommt, dann versteht man sich auf Anhieb. Man hat den gleichen Blickwinkel, verfolgt die gleichen Fragestellungen und ist immer auf der Suche nach der optimalen Lösungen. Das vereint die Trainer, egal, in welchen Ligen sie unterwegs sind. Unterschiedlich sind halt nur die Voraussetzungen, unter denen sie ihrer Aufgabe nachgehen.

Interessant ...

Ja, ich finde krass, wenn man mit 100 Trainern in einem Raum ist, wie viele und welche unterschiedliche Charaktere darunter sind. Das war wie damals beim Lehrgang zur A-Lizenz. Da ist man zwei Wochen mit Menschen zusammen, die genauso auf den Fußball fokussiert sind wie man selbst. Das ist gigantisch.

Was haben Sie von dem Kongress mitgenommen für Ihre tägliche Trainer-Praxis?

Am meisten brachte die Demonstration einer Trainingseinheit der U16 und U17 von RB Leipzig. Sie befassten sich mit den Themen Spielaufbau und Handlungsschnelligkeit. Da kann man sich einiges abschauen. Wobei eins klar ist: Vieles ist bekannt, wird nur in Nuancen verfeinert. Aber es sind sicher ein paar Anregungen dabei, die sich in den nächsten Wochen in der einen oder anderen Trainingseinheit bei uns wiederfinden.

Sie sprachen von Christoph Daums Vortrag ...

... ja, der war sehr beeindruckend. Er referierte übers Thema Teamführung. Und zwar inter einem Aspekt, den man nicht unmittelbar assoziiert. Es beschäftigte damit unter dem Blickwinkel des, ich will es mal flankierenden Stabs nennen. Also Cotrainer, Mentalcoach, Fitnesstrainer und was es sonst noch alles gibt. Er benannte etwa 30 bis 40 Positionen, die zur Betreuung seiner Profiteams gehören. Interessant fand ich: Er hat für jede einzelne dieser Positionen ein Anforderungsprofil erstellt, in dem genau drin steht, welche Funktion mit ihr verbunden ist. Mit jedem Mitarbeiter führt er persönlich 1:1-Gespräche.

Bei 30 bis 40 Mitarbeitern ist er damit lange beschäftigt ...

Das ist das Spannende. Christoph Daum illustrierte, wie er seine Zeit managt. Jeder Tag ist da strukturiert. Woche für Woche plant er seinen Tag von 8 Uhr bis 22 Uhr termingenau. Da ist unglaublich viel Inhalt drin. Die Dauer für die Gespräche mit den Mitarbeitern, um beim Beispiel zu bleiben, sind exakt von der Dauer terminiert. Da ist kein Platz für irgendwelches Tamtam. Er arbeitet diszipliniert und erwartet genau das von allen, die mit ihm arbeiten.

Ist das reizvoll?

Das ist nicht die Frage. Klar, wir bewegen uns im Amateurbereich auf einem anderen Niveau. Aber seine Botschaft lässt sich dennoch transferieren: Wir sollten uns systematischer organisieren, um die Zeit optimal zu nutzen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, die er uns vor Augen führte. Es hat mir imponiert.


Zur Person

Christoph Hartmüller ist seit fast zweieinhalb Jahren Trainer des TSV Gau-Odernheim. Er führte währenddessen die Mannschaft aus der Bezirksliga über die Landesliga in die Verbandsliga – und ins Halbfinale des Verbandspokals.

Der 31-Jährige ist Lehrer an einem hessischen Gymnasium. Er unterrichtet Sport, Wirtschaft und Politik.

Zur Zeit lebt der Ur-Göllheimer in Mainz.

Aufrufe: 018.8.2018, 10:00 Uhr
Claus RosenbergAutor