2024-06-14T14:12:32.331Z

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Links mit der Nummer drei: Peter Schyrba.
Links mit der Nummer drei: Peter Schyrba. – Foto: Ruhnke

Vom Fuß­bal­ler zum Fahr­kar­ten­kon­trol­leur

Wenn ein Ex-Fuß­ball­pro­fi als Fahr­kar­ten­kon­trol­leur ar­bei­tet, klingt das auf den ers­ten Blick nach ei­nem Ab­stieg. Doch der ehe­ma­li­ger Spie­ler Pe­ter Schyr­ba fühlt sich in sei­nem neu­en Job wohl. Denn die bei­den Jobs ha­ben sei­ner Mei­nung nach mehr ge­mein­sam, als man denkt.

Ge­lau­fen ist Pe­ter Schyr­ba (38) in sei­nem Le­ben ge­nug. Er war Pro­fi­fuß­bal­ler – vor al­lem in der zwei­ten und drit­ten Li­ga – und ab­sol­vier­te mehr als 400 Spie­le als Ver­tei­di­ger, und das auf na­tio­na­ler und in­ter­na­tio­na­ler Ebe­ne. Dann aber ori­en­tier­te er sich be­ruf­lich um und ar­bei­tet seit 2016 für die Deut­sche Bahn als Fahr­kar­ten­kon­trol­leur.

Ge­bo­ren im pol­ni­schen Ozimek, kam er als Klein­kind nach Deutsch­land und be­gann als Fünf­jäh­ri­ger Fuß­ball beim FC Mül­heim zu spie­len. Er durch­lief ver­schie­de­ne Ver­ei­ne in der Re­gi­on und schaff­te es in die Ju­gend­mann­schaft des MSV Duis­burg. Dort wur­de er Pro­fi. Un­ter Fried­helm Fun­kel, der heu­te die For­tu­na trai­niert, ab­sol­vier­te Schyr­ba auch sein ers­tes und ein­zi­ges Bun­des­li­ga­spiel: Mit 17 Jah­ren stand er im al­ten Ber­li­ner Olym­pia­sta­di­on auf dem Platz. Er durf­te zwar nur drei Mi­nu­ten spie­len, trotz­dem war es ei­ne be­son­de­re Er­fah­rung, vor so vie­len Zu­schau­ern auf­zu­tre­ten, wor­auf er noch im­mer stolz ist: „Wir ha­ben 3 zu 1 ge­won­nen!”, sagt er.

Mit 26 ging er für ein Jahr nach Grie­chen­land und spiel­te dort für Pan­ser­rai­kos. Der Wech­sel vom Vor­gän­ger­ver­ein Müns­ter nach Grie­chen­land kam so plötz­lich, dass sei­ne El­tern für ihn sei­ne Woh­nung auf­lö­sen muss­ten. Grie­chen­land sei ei­ne span­nen­de Zeit in sei­nem Le­ben ge­we­sen, sagt Schyr­ba. In dem Land, in dem man nicht ein­mal die Schrift le­sen kön­ne, ha­be er das ers­te Mal ge­spürt, was Fa­mi­lie ei­gent­lich be­deu­te und das Ge­fühl der Ein­sam­keit ken­nen­ge­lernt. „Da­mals hat ei­ne Mi­nu­te te­le­fo­nie­ren auch ei­nen Eu­ro ge­kos­tet”, er­in­nert er sich la­chend. „Ich war am En­de froh, wie­der zu Hau­se zu sein.”

Die Kar­rie­re als Pro­fi­fuß­bal­ler be­en­de­te er mit An­fang 30. Der ent­schei­den­de Mo­ment war ein Spiel ge­gen den VFL Bo­chum, da ihn dort das Ge­fühl er­eil­te, dass es Zeit sei, sich zu ver­än­dern und sich be­ruf­lich neu zu ori­en­tie­ren, um „den Ab­sprung zu schaf­fen”. So ent­schied er auf dem Platz, dass die Par­tie sei­ne letz­te sein wür­de.

Der An­fang sei­nes neu­en Le­bens nach dem Fuß­ball fiel Schyr­ba nicht leicht. Mit 34 Jah­ren und oh­ne Be­rufs­er­fah­rung hat­te er dort ei­nen schwe­ren Stand. Je­doch schaff­te er schließ­lich den Switch und ging auf Emp­feh­lung sei­nes On­kels zur Deut­schen Bahn. Da­bei woll­te er auch die Ar­beit im Zug selbst ken­nen­ler­nen und nicht di­rekt mit ei­nem Bü­ro­job ein­zu­stei­gen: „Du musst wis­sen, wie es auf der Schie­ne aus­sieht.“ Des­we­gen wähl­te er den Quer­ein­stieg als Kun­den­be­treu­er im Nah­ver­kehr und ist seit­dem in den S-Bah­nen und Re­gio­nal­bah­nen rund um Düs­sel­dorf als Kon­trol­leur un­ter­wegs. Trotz des schlech­ten Be­rufs­i­mages fühlt er sich in sei­nem Be­ruf wohl und schätzt die Mög­lich­kei­ten, die sich dort bie­ten: Mitt­ler­wei­le ist er zum Grup­pen­lei­ter auf­ge­stie­gen und ar­bei­tet par­al­lel zu den Kon­trol­len nun auch im Bü­ro.

Schnell ha­be er be­merkt, dass die nor­ma­le Ar­beits­welt et­was ganz an­de­res sei als der Pro­fi­sport. Dort müs­se man vor al­lem am Wo­chen­en­de 90 Mi­nu­ten ab­lie­fern, bei der Bahn da­ge­gen je­den Tag. Vie­le Er­fah­run­gen aus sei­ner Ver­gan­gen­heit im Sport kann er aber auch bei der Bahn nut­zen: „Die Leis­tungs­be­reit­schaft und der Zu­sam­men­halt im Team muss auch bei der Bahn im Mit­tel­punkt ste­hen.“

Mitt­ler­wei­le wohnt er in De­ren­dorf und ist froh, wie­der in der Hei­mat zu sein. Düs­sel­dorf sei ei­ne le­bens­wer­te Stadt, die be­ruf­lich und pri­vat al­le Mög­lich­kei­ten bie­te. „Ich bin ein­fach an­ge­kom­men”, freut er sich. Den Pro­fi­sport hat Schyr­ba zwar hin­ter sich ge­las­sen, aber die stän­di­ge Be­we­gung ist ge­blie­ben: „Wir sind am Tag acht bis zehn Ki­lo­me­ter im Zug un­ter­wegs, das ist Sport ge­nug.”

Auf sei­ne Kar­rie­re im Fuß­ball schaut Schyr­ba ger­ne zu­rück: „Ein Traum ist es im­mer, je­der jun­ge Sport­ler will sein Hob­by zum Be­ruf ma­chen. Das hat bei mir über 14 Jah­re ge­klappt.” Er hat ein­fach viel Glück ge­habt und hat zur rich­ti­gen Zeit die pas­sen­de Leis­tung ge­bracht.

Stolz ist er, dass er al­les von der Kreis­li­ga bis zur Bun­des­li­ga ge­spielt hat, so­wohl im Ama­teur­be­reich als auch ganz oben: „Ich bin wirk­lich sehr froh, dass ich da al­les mit­ma­chen durf­te.”

Aufrufe: 013.7.2019, 20:01 Uhr
RP / Leonie NatzelAutor