2024-05-24T11:28:31.627Z

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Als Handshakes noch erlaubt waren: Marion Schmidt ist Trainerin des SV Rothenstein in der Kreisoberliga Jena-Saale-Orla.
Als Handshakes noch erlaubt waren: Marion Schmidt ist Trainerin des SV Rothenstein in der Kreisoberliga Jena-Saale-Orla. – Foto: SV Rothenstein

Vielleicht sind alle dummen Fragen einmal beantwortet

„Ich wollte nur, dass die dummen Fragen aufhören“, sagte Imke Wübbenhorst im Herbst 2019 dem MDR. Da war die heute 31-jährige gerade Trainerin beim Oberligisten Cloppenburg und sorgte damit für einen großen medialen Hype.

Dumme Fragen, die gab es reichlich und als die junge Fußballtrainerin auf eine antwortete, bescherte ihr das den „Fußballspruch des Jahres 2019“. Auf die Frage, ob sie eine Sirene auf dem Kopf tragen werde, damit ihre Spieler eine Hose anziehen könnten, bevor sie in die Kabine kommt, antwortete Wübbenhorst seinerzeit: Natürlich nicht. Ich bin Profi. Ich stelle nach Schwanzlänge auf.“ So lustig und schlagfertig die Antwort ist, so sehr steht sie auch für ein gewisses Dilemma, in dem sich Wübbenhorst und andere Frauen in der Männerdomäne Fußball befinden. Es scheinen sich mehr Menschen dafür zu interessieren, wie sich die Tatsache auswirkt, dass sie eben Frauen sind, als für die fachlichen und fußballerischen Kompetenzen.

Und dabei wandeln Frauen wie Imke Wübbenhorst, die als Vorreiterin gilt, auf einem schmalen Grad. Es ist die Balance zwischen einer Vorbild-Funktion und dem damit verbundenen Ansporn auch weitere Frauen zu motivieren diesen Weg einzuschlagen, der gegen die permanente Thematisierung des Geschlechtes steht. Der Fußball sollte eigentlich im Vordergrund stehen. Das sieht auch Marion Schmidt – sie trainiert die Männermannschaft des SV Rothenstein in der Kreisoberliga Jena-Saale-Orla – so. „Die mediale Aufmerksamkeit um Imke finde ich einerseits gut. Es zeigt, dass auch Frauen in einer Männerdomäne Fuß fassen können“, leitet Marion Schmidt ihre Gedanken dazu ein, bereitet allerdings schon das große „Aber“ vor: „Auf der anderen Seite finde ich das Pushen um dieses Thema nicht gut. Immerhin hat Imke zahlreiche Trainer(innen)ausbildungen abgeschlossen, die viele Männer und Frauen nicht schaffen. Sie hat also Ahnung von Fußball, genau wie einige andere auch. Dabei kommt es doch nicht auf das Geschlecht an. Die Frage ist doch nicht, ob sie als Frau in der Lage ist eine Männermannschaft zu leiten, sondern vielmehr ob ihre Spielphilosophie in der Mannschaft Umsetzung findet“, so die Rothensteiner Trainerin.

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Zuletzt stand Imke Wübbenhorst erneut im medialen Fokus. Sie übernimmt nämlich nun das Herrenteam der Sportfreunde Lotte in der Regionalliga. Für die ehemalige HSV-Spielerin der nächste Schritt in ihrer Laufbahn. Dort wird die junge Frau auch gute Bekanntschaft mit Jegor Jagupov, der im Sommer von Wismut Gera nach Lotte wechselte, machen. Persönlich konnten sich die Trainerin und der Thüringer noch nicht kennenlernen. Corona macht einen Strich durch die Rechnung. „Aufgrund der aktuellen Situation hatten wir noch nicht die Gelegenheit uns persönlich zu treffen. Einen Tag nach der Veröffentlichung rief sie bei mir an und wir treffen uns nächste Woche. Sie macht eher Einzelgespräche, außer am Tag als sie vorgestellt wurde. Da war der Mannschaftsrat dabei, glaube ich. Bei dem Treffen nächste Woche wird das ein oder andere besprochen und sich erstmal kennengelernt“, erklärt Jagupov im Podcast Orange.

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Eines sollte allerdings klar sein: Wenn der Ball wieder rollt, werden zunächst mehr Augen als gewohnt auf die Spiele der Sportfreunde Lotte und Imke Wübbenhorst blicken. „Hätte ein Mann die derzeitige Aufgabe von Imke übernommen, wäre die Berichterstattung sicherlich ein ganz andere“, vermutet Marion Schmidt, die sich im Übrigen durchaus selbst vorstellen kann, noch die ein oder andere Liga zu klettern. „Ja, es ist ein großes Ziel von mir im höherklassigen Fußball Trainerin zu sein.“ Vielleicht sind dann ja auch schon alle „dummen Fragen“ einmal gefragt worden und Marion Schmidt kann vor allem über Fußball sprechen. Aber offensichtlich braucht es weiterhin die Vorbilder wie Imke Wübbenhorst und Marion Schmidt, die prähistorische Denkmuster aus dem Weg räumen und damit die Bahn frei machen für viele gute Trainerinnen, die Lust und Kompetenz haben, um im Männerfußball Erfolge zu erzielen. „Ich dachte wir leben im 21. Jahrhundert und sind alle weltoffen. Wir werden immerhin von einer Frau regiert. Dass es beim Fußball nicht ganz so ist, war klar“, sagte Wübbenhorst im vergangenen Jahr dem MDR. Jetzt, einige Monate später, sind vielleicht schon weitere Skeptiker verstummt.

Aufrufe: 023.4.2020, 20:33 Uhr
FuPaAutor