2024-06-03T07:54:05.519Z

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Daniel Zeaiter hat schon in der 2. Bundesliga gespielt, aktuell ist er beim FC Eddersheim zufrieden und geht seinen beruflichen Weg.
Daniel Zeaiter hat schon in der 2. Bundesliga gespielt, aktuell ist er beim FC Eddersheim zufrieden und geht seinen beruflichen Weg. – Foto: stock.adobe/Patrick Schuch (FCE)

"Viele Jungs tragen die rosarote Brille"

Serie Teil 36: Der Torhüter schaffte bei Mainz 05 den Sprung in die dritte Liga und beim MSV Duisburg in die Zweite Liga +++ MSV und Alemannia Aachen veranlassten ihn zum frühzeitigen Ende seiner Profikarriere

Eddersheim. Er saß auf der Erstliga-Bank, stand im Zweitliga-Tor – und spielt mit 27 Jahren seine zweite Hessenliga-Saison. Das Bemerkenswerte dabei: Daniel Zeaiter hadert nicht, auch nicht zwischen den Zeilen. Sondern spricht von einem bewusst gewählten Weg.

Das Leben abseits des Platzes wurde nicht vernachlässigt

Mit dem Fußball begonnen hat der Sohn eines libanesischen Vaters und einer deutschen Mutter, der in Bad Homburg auf die Welt kam, in seinem Heimatdorf bei der SG Ober-Erlenbach. Über die C-Jugend-Hessenliga bei der SG Rosenhöhe in Offenbach ging es zu Darmstadt 98, wo er sich als jüngerer Jahrgang in das Tor der U17 kämpfte. „Durch die Hessenauswahl und die Länderpokale in Duisburg hatte ich ein Probetraining und ein Angebot für die Junioren-Bundesliga aus Wolfsburg“, erzählt der Keeper.

In der A-Jugend-Bundesliga sammelte der Torhüter für den FSV Mainz 05 24 Einsätze. Hier im Spiel gegen den Karlsruher SC.
In der A-Jugend-Bundesliga sammelte der Torhüter für den FSV Mainz 05 24 Einsätze. Hier im Spiel gegen den Karlsruher SC. – Foto: Frank Stutz

Den Sprung nach Niedersachsen verhinderte, dass dort das Nachwuchs-Internat voll belegt war und Zeaiter gemeinsam mit seinen Eltern entschied, dass eine Gastfamilie nicht das Richtige für ihn ist. Auch Eintracht Frankfurt signalisierte Interesse – und Mainz 05. „Das Gesamtpaket hat uns besser gefallen, aufgrund der drei Säulen, der schulischen, persönlichen und sportlichen Ausbildung.“ Denn dass das Leben abseits des Fußballplatzes nicht vernachlässigt werden darf, war im Hause Zeaiter ehernes Gesetz. So wurde er Schulkollege an der Elly-Heuss-Schule und Zimmer-Kumpel von David Kinsombi, der mittlerweile beim HSV aktiv ist.

Bekannte Namen als Konkurrenten in der dritten Liga

Auf die Zeit am Bruchweg blickt der 1,89-Meter-Mann im Positiven zurück. „Der enge Kontakt zwischen Profis und Jugendspielern, der versprochen wurde, hat sich bewahrheitet.“ Unter Meikel Schönweitz, Stefan Sartori und Sandro Schwarz spielte Zeaiter in der Junioren-Bundesliga, war Teil der bemerkenswerten Keeper-Kaderschmiede am Bruchweg. Und wechselte in den Erwachsenen-Bereich über, als die U23 gerade den Aufstieg in die Dritte Liga geschafft hatte.

Dort lief es unter Martin Schmidt („Ich war nicht der einzige Spieler, der persönlich nicht so super mit ihm zurecht kam“) weitaus weniger gut als unter Zeaiters altem Bekannten Sandro Schwarz. Fünf Drittligaspiele stehen zu Buche, darunter das Debüt gegen seinen alten Hessenauswahl-Kollegen Marvin Schwäbe im Osnabrücker Kasten, der mittlerweile die Nummer eins beim 1. FC Köln ist. U23-Stammkeeper war damals Jannik Huth, inzwischen Zweitliga-Torwart in Paderborn, Herausforderer aus dem Nachwuchs ein gewisser Florian Müller. „Ich habe oft bei den Profis mittrainiert, war auch mal in der Bundesliga im Kader, hatte mit der alten Riege mit Bo Svensson und Elkin Soto einen engen Austausch und mit Loris Karius, Christian Wetklo und Heinz Müller gefühlt jeden Tag zusammen trainiert.“

Der Konkurrenzkampf geht beim MSV Duisburg weiter

Stephan Kuhnert habe ihm signalisiert, in der Folgesaison auf seine Einsätze zu kommen. Doch auch der MSV Duisburg, gerade aus der Zweiten Bundesliga abgestiegen, war interessiert. „Mir wurde ein offener Konkurrenzkampf mit Mark Flekken versprochen“, erzählt Zeaiter, „ohne nachtreten zu wollen, wurde dieser Konkurrenzkampf nie wirklich eröffnet.“ Sportlich lief es für die Meidericher. Flekken, mittlerweile niederländischer Nationalkeeper und die Nummer eins beim SC Freiburg, bot keine Angriffsfläche und machte sogar ein Hacken-Tor im Ligaspiel gegen Osnabrück.

In der Regionalliga West kam der Torhüter zwar zu Beginn regelmäßig zum Einsatz, doch löste frühzeitig seinen Vertrag bei Alemannia Aachen auf.
In der Regionalliga West kam der Torhüter zwar zu Beginn regelmäßig zum Einsatz, doch löste frühzeitig seinen Vertrag bei Alemannia Aachen auf. – Foto: Meiki Graf

Die Zweitligasaison des MSV lief mit Platz sieben ebenfalls erfolgreich, für Zeaiter aber sprang nur ein 45-minütiger Einsatz heraus. Trotz der tollen Aufstiegsfeier und dem von den Fans besonders umjubelten Niederrheinpokal-Erfolg in Essen – viel Raum für Gedanken, wo der Torwart mit sich und seiner Karriere eigentlich hin will. „Ich wollte mit 30 Jahren mit beiden Beinen im Leben stehen und das Vagabunden-Dasein mit den vielen Umzügen hinter mir haben, zumal man in der Dritten Liga oder der Regionalliga nicht so viel verdient, dass man nach der Karriere ausgesorgt hat.“

Ein letzter Angriff endet mit dem Schritt in den Amateurfußball

Einen Versuch unternahm er noch auf dem Weg zu Spielzeit mit Profistatus. Doch der Zweijahresvertrag bei Alemannia Aachen in der Regionalliga West wurde vorzeitig aufgelöst. Mit seinem Trainer wurde Zeaiter „nie wirklich warm“, wie er sagt. „Die Überlegung, ob ich so weiter machen will, was auf der Strecke bleibt und was heraus kommt, hat sich vertieft.“ Der Hesse löste seinen Vertrag auf, kehrte in die Heimat zurück, begann sein duales Studium – und landete beim FC Eddersheim. „Ein super familiärer, entspannter Verein, bei dem ich mehr als nur zufrieden bin.“ Genauso urteilte übrigens auch Marvin Esser, den wir auch schon im Laufe der Serie porträtiert haben.

Heute ist Daniel Zeaiter im Einsatz für den FC Eddersheim in der Hessenliga.
Heute ist Daniel Zeaiter im Einsatz für den FC Eddersheim in der Hessenliga. – Foto: Patrick Schuch

"Moderner Menschenhandel" im Profisport

Welche Lehren zieht Zeaiter aus seiner Karriere? „Man braucht überall im Leben Glück“, sagt der 27-Jährige, „im Fußball ist diese Komponente aber so massiv groß und steht nicht in Relation zum Aufwand, den man betreibt.“ Der richtige Trainer in den entscheidenden Phasen, der richtige Zeitpunkt – man könne an sich arbeiten, so viel man will, wenn diese Komponenten nicht perfekt passen, wird es nichts.

„Nach einer gewissen Zeit habe ich festgestellt, dass ich mich in dem Fußball-Kosmos, wo zwischenmenschlich einfach viel fehlt, nicht mehr wohl fühle. Es stand nicht mehr im Verhältnis zum Aufwand, den ich betrieben habe“, sagt Zeaiter. Und spricht von „modernem Menschenhandel“: „Heute bist du der Held, morgen bist du egal. Das Geschäft ist leider sehr dreckig, was viele Außenstehende nicht sehen und was man in gewisser Hinsicht in Kauf nimmt, denn man wird dafür ja auch entlohnt. Und viele Jungs tragen die rosarote Brille.“

Was von außen wie ein sportlicher Abstieg aussieht, ist für Zeaiter ein persönlicher Fortschritt. „Es klingt ziemlich abfällig, wenn manche Leute mich fragen: Wie, du kickst nicht mehr? Doch, Hessenliga. Aber dort gibt es auch gute Kicker und einen Leistungsgedanken, aber die Priorität liegt im beruflichen Bereich. Ich bin mit der Situation sehr zufrieden.“ Im Herbst endet das Studium, der nächste berufliche Schritt in Heimatnähe steht in Aussicht. „Ich komme endlich an“, sagt Zeaiter.

Keine Reue zu erkennen

Vielleicht, blickt er zurück, hätte er in Mainz bleiben sollen. Im Laufe der Hinrunde verletzte sich Florian Müller, und während Zeaiter in Duisburg Däumchen drehte, stand Lukas Watkowiak am Bruchweg zwischen den Pfosten – „der Torwart, der, wenn ich gespielt habe, auf der Tribüne saß“. Aber: „Ich kann mir nichts vorwerfen, habe immer Gas gegeben und freue mich für jeden, der es packt.“

Loszulassen, das sei ihm schon schwer gefallen, eine Zeit lang. Wenn er heute alte Kollegen im Rampenlicht spielen sieht, macht er sich seine Gedanken. Doch die ersten freien Monate, ehe es in Eddersheim los ging, mit Fitnesstudiobesuchen ohne vorgegebenen Terminplan, konnte er genießen. Jemand, der etwas bedauert, klingt anders. Und vielleicht gelingt mit Eddersheim ja die Rückkehr in die Regionalliga. Lust drauf hätte Daniel Zeaiter schon.

Zur Serie: In dieser Reihe porträtieren wir ehemalige NLZ-Spieler, die den Sprung zum Profi nicht gepackt haben und nun bei Amateurteams aus der Region spielen. Sie erzählen uns, wie nah dran sie wirklich am großen Traum Profifußball waren und welche Ambitionen sie jetzt haben - sowohl auf als auch neben dem Platz.

- Teil 1: Linus Wimmer (SV Eintracht Trier)
- Teil 2: Lukas Fischer (TSG Bretzenheim)
- Teil 3: Lars Hermann (TSV Schott Mainz)
- Teil 4: Nik Rosenbaum (SV Alemannia Waldalgesheim)
- Teil 5: Joshua Iten (SG Hüffelsheim)
- Teil 6: Bilal Marzouki (FC Maroc Wiesbaden)
- Teil 7: Kevin Frey (VfB Bodenheim/TSG Mainz Futsal)
- Teil 8: Giorgio del Vecchio (TSV Schott Mainz)
- Teil 9: Marco Waldraff (SV Niedernhausen)
- Teil 10: Manuel Konaté-Lueken (RW Walldorf)
- Teil 11: Sandro Loechelt (Wormatia Worms)
- Teil 12: Marvin Esser (SG Walluf)
- Teil 13: Patrick Huth (TSG Pfeddersheim)
- Teil 14: Ilker Yüksel (Hassia Bingen)
- Teil 15: Tim Burghold (SV Niedernhausen)
- Teil 16: Noel Wembacher (RW Darmstadt)
- Teil 17: Tobias Schneider (RWO Alzey)
- Teil 18: Noah Michel (Türkgücü Friedberg)
- Teil 19: Marleen Schimmer (San Diego Waves)
- Teil 20: Deniz Darcan (SG Eintracht Bad Kreuznach)
- Teil 21: Max Pflücke (FC Basara Mainz)
- Teil 22: Jann Bangert (SV Rot-Weiß Hadamar)
- Teil 23: Aleksandar Biedermann (Wormatia Worms)
- Teil 24: Volkan Tekin (SV Dersim Rüsselsheim)
- Teil 25: Ilias Tzimanis (SV Unter-Flockenbach)
- Teil 26: Lukas Lazar (TSV Gau-Odernheim)
- Teil 27: Dimosthenis Papazois (SG Eintracht Bad Kreuznach)
- Teil 28: Sammy Kittel (SV Rot-Weiß Hadamar)
- Teil 29: Burak Bilgin (VfR Groß-Gerau)
- Teil 30: Luis Majrchzak (Hassia Bingen)
- Teil 31: Noah Schmitt (FC Eddersheim)
- Teil 32: Christian Lang (FSV Nieder-Olm)
- Teil 33: Fabio Moreno Fell (TSV Gau-Odernheim)
- Teil 34: Nico Heupt (SV 07 Geinsheim)
- Teil 35: Benjamin Himmel (TSG Pfeddersheim)

Aufrufe: 021.4.2022, 05:00 Uhr
Torben SchröderAutor