2024-05-17T14:19:24.476Z

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Prominente Gäste in der Regionalliga: Im März 2013 waren die Bayern Amateure zu Gast im Willi-Schillig-Stadion, darunter auch der heutige Bundesligaprofi Emre Can (15).
Prominente Gäste in der Regionalliga: Im März 2013 waren die Bayern Amateure zu Gast im Willi-Schillig-Stadion, darunter auch der heutige Bundesligaprofi Emre Can (15). – Foto: Christian Weih

VfL Frohnlach: Der Absturz eines Aushängeschildes

Seit dem Rückzug des Hauptsponsors im Jahr 2020 fehlt den VfL Frohnlach die Perspektive. Die Rettungsaktion der Verantwortlichen endet in einer Kapitulation. Was bleibt, ist ein Scherbenhaufen beim einstigen Erfolgsklub aus Oberfranken.

Es ist ein sonniger, beinahe harmonisch wirkender Sommernachmittag im Coburger Land gewesen als 1.054 Zuschauer im Juli 2018 zum Bezirksliga-Derby zwischen dem VfL Frohnlach und seinem Nachbarverein SC Sylvia Ebersdorf ins altehrwürdige Willi-Schillig-Stadion pilgerten. 2:2 trennten sich die beiden oberfränkischen Bezirksligisten aus der West-Staffel damals. Der Lokalmatador VfL Frohnlach stieg infolgedessen in der vergangenen Spielzeit 2018/19 in die Landesliga Nordwest auf. Seitdem vergingen mehr als zwei lange Jahre, in denen der VfL Frohnlach keinesfalls zu alter Stärke zurückfinden konnte – im Gegenteil. Die Corona-Krise, fehlenden Sponsorengelder sowie der Stillstand des Amateurfußballs trieben den oberfränkischen Traditionsklub endgültig in den Ruin. Der Verein steht vor dem unmittelbaren Kollaps. „Der VfL Frohnlach ist so gut wie tot“, lautete in der vergangenen Woche die eigens veröffentlichte Bankrotterklärung des Sportlichen Leiters Christian Tremel, der ergänzt: „Ich habe versucht, den Klub nach dem Rückzug von Sponsor Klaus Schillig noch zu retten, aber wir sind gescheitert.“

In der Tat. Gescheitert. Und das keinesfalls ohne Vorwarnungen. Die Kapitulation des VfL Frohnlach hat sich über die vergangenen Jahre hinweg entwickelt. Die Gründe für die absehbare Negativentwicklung liegen auf der Hand. Der Verein hat es nicht geschafft, die nötigen finanziellen Mittel für einen Verbleib in der Landesliga Nordwest an Land zu ziehen. Die finanzielle Schieflage lässt sich zwar auch durch die Auswirkungen der Corona-Krise erklären, aber genau diese Einnahmen fehlen auch allen anderen Amateurvereinen. Somit ist das Hauptproblem nicht etwa die Pandemie-Entwicklung, sondern vielmehr die langjährige Abhängigkeit von einem Großsponsor. Als Klaus Schillig, stellvertretender Vorsitzender und Vertreter des jahrelangen Hauptsponsors und Förderer Willi Schillig im vergangenen Jahr inmitten der Corona-Krise den finanziellen Rückzug des Unternehmens aus den sportlichen Angelegenheiten erklären musste, war der goldene Geldhahn für den VfL endgültig zugedreht.

Der Spielertrainer und die Leistungsträger verlassen das sinkende Schiff

Demzufolge haben sich sowohl der aktuelle Spielertrainer Marcel Burkard als auch die Leistungsträger Dominik Schmidt, Dominic Lauterbach, Tayfun Özdemir, Aykut Civelek, Lukas Pflaum sowie Willy und Tim Rebhan für einen Vereinswechsel im kommenden Sommer entschieden. Die nötige Planungssicherheit seitens des Vereins fehlt. Das Ziel eine konkurrenzfähige Landesliga-Mannschaft für die kommende Spielzeit anzumelden, ist schlichtweg nicht umsetzbar. "Es ist logisch, dass sich unter diesen Umständen auch kein neuer Trainer oder neue Spieler für eine Wechsel zum VfL Frohnlach entschieden haben", erklärt Entscheidungsträger Tremel, der zusammen mit dem VfL-Vorsitzenden Ulrich Kossack nun einen endgültigen Endschluss getroffen hat. "Wir werden die Saison noch zu Ende spielen, wenn sie überhaupt noch gespielt wird. Das Team hat deutlich gemacht, dass sie sich sportlich und fair vom VfL Frohnlach und von den Ligakonkurrenten verabschieden wollen", erklärt Tremel dem Coburger-Tagblatt und fügt an: "Wir werden dem BFV zeitnah mitteilen, dass wir in der nächsten Saison das Landesliga-Spielrecht nicht mehr in Anspruch nehmen. Ob und wie es dann weitergeht, ist noch nicht sicher." Eines ist derweil klar: Der VfL wird bei der Wiederaufnahme des Ligabetriebs an das Tabellenende der Landesliga Nordwest gesetzt und somit als erster Absteiger der Nordwest-Staffel der Landesliga feststehen.

Verabschiedet sich im Sommer aus Frohnlach: Spielertrainer Marcel Burkard (r.)
Verabschiedet sich im Sommer aus Frohnlach: Spielertrainer Marcel Burkard (r.) – Foto: Hans Will

Die goldenen Zeiten unter Förderer Willi Schillig

Es ist ein unrühmliches Ende einer über vier Jahrzehnte andauernden Erfolgsgeschichte auf höchster Amateurebene, die einst Mitte der 1970er-Jahre begann als der ortsansässige Polstermöbelfabrikant Willi Schillig das Präsidentenamt im Verein übernahm. Der Mäzen führte die Blau-Weißen nicht nur in der Regionalliga, sondern hielt seinen Herzensklub auch stolze 26 Jahre in der Bayernliga und 13 Jahre in der Landesliga. Es ist die Blütezeit des oberfränkischen Klubs gewesen, die der ehemaliger Spielertrainer Karl-Heinz Zapf (69) unmittelbar miterlebte. Mit 26 Jahren wechselt Zapf, der zuvor mit dem FC Bayern Hof in der 2. Bundesliga Süd aktiv war, im Jahr 1978 als Spielertrainer zum VfL Frohnlach. Mit dem VfL gelang ihm der Durchmarsch von der Bezirksliga bis in die Bayernliga.

Es folgten acht weitere Jahre als Spielertrainer, eher er im Jahr 1989 seine aktive Karriere beendet und für drei Jahre auf die Frohnlacher Trainerbank wechselt. Nach einem zweieinhalbjährigen Engagement beim FC Bayern Hof kehrte der damalige Offensivakteur zurück zu seiner alten Liebe. Dem langjährigen Sportlehrer, der heute seinen Ruhestand genießt, bleibt vor allem ein Spiel im Jahr 1979 in bester Erinnerung. Nachdem den Frohnlachern das Weiterkommen in der 1. Hauptrunde gelang, war der damalige oberfränkische Pokalsieger und Spitzenreiter der Bezirksliga in der 2. Runde des DFB-Pokals beim Zweitligisten Stuttgarter Kickers zu Gast. "Für mich und den Verein war dieses Pokalspiel eine Initialzündung. Ich spürte, dass hier etwas entstehen kann. Ich merkte wie die Macher ticken, mit welchem Ehrgeiz, Einfallsreichtum und Engagement sie an die Sache herangehen", erinnerte sich Zapf zurück.

Sportlich und fair: Der VfL Frohnlach möchte die Spielzeit als Einheit beendet, insofern diese noch einmal aufgenommen wird.
Sportlich und fair: Der VfL Frohnlach möchte die Spielzeit als Einheit beendet, insofern diese noch einmal aufgenommen wird. – Foto: Gunther Czepera

Walter Kirchner ergriff damals als erster Funktionär die Initiative. Walter Knorr und vor allem Willi Schillig ließen sich indes nicht lange bitten. Der große Umbruch beim oberfränkischen Dorfverein begann. Als Mutmacher, Enthusiasten und Geldgeber hob das Machertrio mit viel Herzblut den Frohnlacher Fußball auf eine neue Ebene. Im Jahr 1978 wurden die Oberfranken Meister in der A-Klasse. Es sollte der Startschuss der erfolgreichsten Frohnlacher Fußballjahre werden, in denen es Jahr für Jahr ausschließlich nach oben ging. Auf die Aufstiege in die Bezirksliga West und die Landesliga Nord, folgte der Durchmarsch in der Bayernliga, welcher im Jahr 1980 mit dem Aufstieg Bayerns höchste Amateurliga gekrönt wurde. Vor allem dem großzügigen Polstermöbel-Fabrikanten Schillig lag der VfL bis zu seinem Tod im Jahr 2013 sehr am Herzen. Als größter Förderer war es der Unternehmer, der in den 80er- und 90er-Jahren mit horrenden und regelmäßigen finanziellen Zuwendungen eine schlagkräftige Truppe auf die Beine stellte. Seine Mannschaft wurde deshalb in Fachkreisen auch "Cosmos-Elf" genannt. Es war eine Anspielung an den amerikanischen Profiklub New York Cosmos, der seinerzeit durch die Verpflichtungen einiger Weltstars wie Pelé oder Franz Beckenbauer bekannt geworden ist.

Als Mehmet Scholl in Frohnlach zu Gast war.

Was dem VfL Frohnlach aber in jener Erfolgszeit stets fehlte, war eine angemessene Fußballarena. Mit dem Bau des Waldstadions, das später zu Ehren des Förderers den Namen Willi-Schillig-Stadion erhielt, wurde auch dieses Problem beseitigt. Im Jahr 1980 eröffnete der Verein das neue Stadion, der 1. FC Nürnberg war zum Einweihungsspiel zu Gast. Erstmals waren 5 000 Zuschauer nach Frohnlach gekommen und sorgten für eine prächtige Kulisse, vor der zukünftig noch weitere Hochkaräter auflaufen sollten. Zu Gast waren über die Jahre hinweg Frankfurts damaliger UEFA-Cup Sieger Werner Lorant mit dem TSV 1860 München oder Europameister Mehmet Scholl mit den Bayern Amateuren. Der VfL Frohnlach war in den 90er Jahren ein Sprungbrett für junge, regionale Kicker, die den Schritt in den Profibereich gehen wollten. Neben Michael Fonfara, der vom VfL einst zum FC Schalke 04 wechselte, nutzte auch Bernd Eigner die Bayernliga als Sprungbrett und wechselte von Oberfranken aus zum FC St. Pauli. Dort gelang dem damals 24-Jährigen, der heute als Trainer die Geschicke beim Nord-Bayernligisten SC Eltersdorf leitet, der Sprung ins Profigeschäft.

Prominente Gäste in der Regionalliga: Im März 2013 waren die Bayern Amateure zu Gast im Willi-Schillig-Stadion, darunter auch der heutige Bundesligaprofi Emre Can (15).
Prominente Gäste in der Regionalliga: Im März 2013 waren die Bayern Amateure zu Gast im Willi-Schillig-Stadion, darunter auch der heutige Bundesligaprofi Emre Can (15). – Foto: Christian Weih

Diese Zeiten sind indes längst vorbei. Zwar bemühte sich der Sohn Klaus Schillig, wie versprochen, das Erbe seines verstorbenen Vaters fortzusetzen und den Klub bestmöglich zu unterstützen, der Durchbruch auf die große Amateurbühne gelang dem VfL aber nicht mehr. Stattdessen musste sich der ehemalige Spitzenklub überwiegend mit den lokaler Kontrahenten wie dem DVV Coburg, dem FC Lichtenfels, SV Friesen, dem TSV Mönchröden oder zuletzt mit dem SC Sylvia Ebersdorf messen. Apropos Ebersdorf: Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis der aufstrebende Bezirksligisten aus der Nachbarschaft den Lokalmatadoren Frohnlach als Nummer Eins in der Coburger Region ablösen wird. Denn auch dort treibt ein Geldgeber und Förderer die sportliche Entwicklung im Eiltempo voran. Das Ziel ist die Bayernliga, der Ausgang dessen bleibt ungewiss.

Spielgemeinschaft oder Stammtischtruppe: Wie geht es weiter?

In welcher Form der VfL Frohnlach den Spielbetrieb in der kommenden Spielzeit am Leben erhalten möchte, ist ebenso fraglich wie die Entwicklung in Ebersdorf. Aktuell verfolgt der Verein zwei Lösungsansätze. Einerseits besteht die Möglichkeit, in Form einer Spielgemeinschaft mit dem TBVfL Neustadt-Wildenheid, der aktuell die A-Klasse Coburg 1 anführt, das Spielrecht zu beantragen. Allerdings wurden seitens der Frohnlacher noch keine Gespräche geführt, der TBVfL-Vorsitzende Bastian Bieberbach wäre dennoch nicht abgeneigt den Traditionsklub zu unterstützen. Andererseits wird auch darüber diskutiert, ob es aufgrund der fehlenden Akteure überhaupt möglich ist, eine Mannschaft für die kommende Spielzeit zu stellen. Ein Traditionsteam aus "ein paar älteren VfL-Haudegen", wie Sportvorstand Tremel die Truppe bezeichnet, soll als Stammtischteam in der untersten Spielklasse antreten – es wäre der Tiefpunkt einer einst glorreichen Vereinsgeschichte. Sollte sich indes keine dieser Möglichkeiten als erfolgsversprechend erweisen, kann der vollständige Rückzug des VfL aus dem bayerischen Amateurfußball wohl kaum noch abgewendet werden. Somit würden tatsächlich beim ehemaligen Aushängeschild des oberfränkischen Fußballs endgültig die Lichter ausgehen.

Aufrufe: 024.3.2021, 11:00 Uhr
Niklas KorzendorferAutor